PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv
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Perspektive zu berechnender Gegenständlichkeit beleuchtet. Anders<br />
formuliert: das Sein der Dinge besteht in ihrer Gegenständlichkeit<br />
für uns; die Dingerfahrung ist Gegenstandserfahrung. Gemäß dieser<br />
Vorentscheidung erscheint auch der Mensch als Forschungsgegenstand,<br />
als Sachverhalt, den es aus der Distanz zu untersuchen gilt, wenn<br />
man zu objektiven Aussagen gelangen will. Daß die gegenständliche<br />
Sicht auf die Dinge und Menschen und die Einschätzung des Bewußtseins<br />
als Instanz der Vergegenständlichung durchaus nicht die einzige<br />
Möglichkeit unseres Vorverständnisses ist, läßt sich aus der Geschichte<br />
der Naturwissenschaft selbst belegen, die erst in neuerer<br />
Zeit zu einer quantifizierenden Tatsachenwissenschaft wurde, indem<br />
sie den Schnitt zwischen Subjekt und Objekt vollzog. Damit wurde<br />
aus der betrachtenden Wissenschaft, die noch von einer ursprünglichen<br />
Einheit zwischen dem Wissenden und dem Gewußten, von einer ursprünglichen<br />
Sympathie von Welt und Wissen aus ging, eine Wissenschaft zugreifender<br />
und technische Zugriffe ermöglichender Art. Nicht mehr<br />
die Muße, sondern Auseinandersetzung und Bearbeitung wurde zum<br />
Kennzeichen des "wissenschaftlichen Seinsverständnisses 11 - und<br />
das selbstverständlich nicht folgenlos für den Menschen selbst, der<br />
in dem Maße, in dem er Natur (und Gesellschaft) zu Gegenständen<br />
und das heißt zu Widerständen seiner Erkenntnis- und Handlungsabsichten<br />
erhob, auch sich selbst vergegenständlichte und materialisierte.<br />
Über diese "Dialektik der Aufklärung" durch eine veränderte<br />
Grundinterpretation der Einstellung zur Welt ließe sich noch vieles<br />
ausführen. Bekannt ist, daß auch die Pädagogik - wenn auch sehr<br />
spät - auf ihrem Wege zu einer "modernen 11 Wissenschaft schließlich<br />
mit der problematischen Seite dieser Entwicklung konfrontiert wurde.<br />
Auch in ihr wurde nach anfänglicher Euphorie bewußt, daß die positivwissenschaftliche<br />
Bekümmerung um pädagogische Phänomene zu einer<br />
"Verdinglichung" führen kann, in der sich objektive menschliche<br />
Funktionsgerechtigkeit mit subjektiv erfahrener Sinnlosigkeit zu<br />
einer äußerst fragwürdigen Existenzform verbinden. Und gewiß bedarf<br />
es keiner umständlichen Argumentation, um in solcher Situation<br />
die Notwendigkeit jener Selbsterkenntnis nachdrücklich herauszustellen,<br />
die nachdenkend hinter die Wissenschaft zurückgreift, nicht<br />
um sie zu verachten, wohl aber, um das zu bedenken, was sich der<br />
Vergegenständlichung in Tatsachen entzieht und gleichwohl in<br />
ihnen zur Erscheinung kommt.