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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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-4-<br />

Jeder teilt in irgendeinem ganz persönlichen Beispiel die Er-<br />

fahrung, daß es einem wie "Schuppen von den Augen fällt", daß<br />

eine grundsätzliche Einstellung zu sich selbst, ein "Selbstbild"<br />

plötzlich zu revidieren ist in einer Verfassung, die man heute<br />

"Identitätskrise" nennt. Aber Selbsterkenntnis ist nicht nur ein<br />

überraschendes existentielles Ereignis der Welt- und Selbsterschütterung.<br />

Sie ist auch, in unauffälligerer Form, ein Prozeß<br />

kontinuierlicher Besinnung, wenn man so will: eine lebenslängliche<br />

Aufgabe. Nur ist mit dieser Feststellung, die leicht die Zustimmung<br />

des Pädagogen und Menschenfreundes finden wird, noch wenig ausgemacht<br />

über die "sachliche" Problematik, die sich mit der Forderung<br />

der Selbsterkenntnis als Aufgabe der Selbstbesinnung verbindet.<br />

Im Ungefähren weiß zwar jeder, was .damit gemeint ist, aber dieses<br />

Ungefähre ist zu wenig im Rahmen eines anthropologischen Gedankenganges<br />

, der die Spannung von Selbsterkenntnis und Selbstkenntnis<br />

zu einem Kernthema machen möchte.<br />

Wir müssen also noch zugreifender und insistierender fragen,<br />

was denn dieses Selbst der Selbsterkenntnis sei, von dem wir<br />

meinen, daß ihm eine <strong>Anthropologie</strong> in orientierender Absicht<br />

nachfragen müsse. Wenn wir, wie dargelegt, ausschließen, man könne<br />

ihm nicht wie einem beliebigen Objekt beikommen; wenn wir ferner<br />

annahmen, daß das Verhältnis von Erkenntnis und Selbst ein Besonderes<br />

sei, sofern ihm eine bestimmte "Bewegung" eigne, und zwar<br />

eine Bewegung, von der weder das Selbst noch die Erkenntnis unberührt<br />

bleibe - müßte man dann nicht folgern, dieses Selbst sei<br />

entweder ein künstliches Objekt und dann könne man auch etwas<br />

"darüber" sagen, oder es sei, da ständig im Wandel, gar nichts<br />

Bestimmtes und infolgedessen auch nichts Bestimmbares, von dem man<br />

Kenntnis haben könne. Gibt es also nur die Alternative zwischen<br />

einem abstrakten Objekt oder einem dunklen Ereignis, in das<br />

man kein Licht bringen kann und für das man kein Licht schaffen<br />

•kann? Diese Alternative scheint plausibel zu sein, aber sie<br />

ist doch nicht das letzte Wort. Denn zunächst einmal wissen<br />

wir - und zwar mit dem Wissen natürlicher Evidenz -, daß wir<br />

ein Selbst sind. Auch wenn unser Leben uns gelegentlich wie eine<br />

Addition von Brüchen und unzusammenhängenden Ereignisfragmenten

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