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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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auf die naturhafte Hilflosigkeit des jungen Menschenwesens ist<br />

Pflege, Erziehung und Unterricht, und zwar mit dem Ziel lebensnotwendiger<br />

Einweisung in gemeinschaftliche Erfahrungs-Handlungs-<br />

und Orientierungsmuster. Das ist aber gleichsam nur die eine,<br />

der Situation der Heranwachsenden entsprechende Seite der<br />

Elternschaft. Denn im Hinblick auf die Eltern selbst bedeutet<br />

die Wahrnehmung der Elternschaft einen ursprünglichen Akt der<br />

Selbstvergegenwärtigung im Einblick in die Endlichkeit allen<br />

Menschentums. Der grundlegend geschichtliche Charakter menschlicher<br />

Existenz wird durch Akte der Erziehung als Sinnphänomen<br />

menschlichen Daseins urtümlich provoziert. Insofern ist alle<br />

Erziehung immer auch Selbsterziehung im Sinne von Selbsterkenntnis<br />

durch den heranwachsenden anderen. Nur wenn die Aufgabe der<br />

Erziehung funktionalisiert wird, wenn man ihre Lösung allein<br />

professionellen Erziehern - "pädagogischen Fachleuten" -<br />

überläßt, verblaßt die elementare Sinn-und Selbstprovokation,<br />

d ie Elternschaft auch zu einer Sinnfigur für die natürlichen<br />

Erzieher werden läßt. In dieser Perspektive kann die Auflösung<br />

der Familie bzw. die Übernahme pädagogischer Grundaufgaben<br />

durch professionelle Erzieher auch zu einer weitreichenden<br />

Verdünnung originärer Selbst-Erfahrung werden. Erwachsene, die<br />

nicht mehr veranlaßt sind, mit den Augen der Kinder sich selbst<br />

und ihre Welt zu sehen, haben sicherlich ein anderes Zukunftsverständnis<br />

als diejenigen, die in angenommener Elternschaft<br />

sich der Forderung stellen, über ihre eigene Zeit hinaus eine<br />

Zukunft zu denken, die nicht mehr "ihre" ist, die sie aber gleichwohl<br />

mit zu verantworten haben.<br />

Selbstvergegenwärtigung in der Erziehung der nachfolgenden Generation<br />

- die anfängliche und elementare Form der Selbsterkenntnis<br />

- ist für Herder auch eine entscheidende Struktur in<br />

der Sprachentwicklung. Denn n der Optik der Sprachentwicklung<br />

ist Elternschaft bei Herder jene ursprüngliche, selbstvergegenwärtigende<br />

Kommunikation, die Sprache als Sprache und im<br />

Sprechen zum Bewußtsein bringt. Das heißt: die sprachliche Ver-<br />

mittlung erfahrungsbedingter und erfahrungsangereicherter Merk-

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