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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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-56-<br />

Man kann es auch so formulieren: Vernunft und Sprache dienen<br />

einerseits der Sicherung naturhafter Humanität (der<br />

Sicherung vitalen Gattungslebens) und sie dienen der "Beförderung<br />

der Humanität 1 1 , das heißt der Steigerung kulturhafter<br />

Lebensprägung durch ideal antizipierte Lebensentwürfe,<br />

etwa unter den Leitideen von Billigkeit und Gerechtigkeit. Da<br />

diese Ideen keine Naturvorhaben sind, verdanken sie sich der<br />

Kraft der Idealisierung. Der Doppelsinn der Grundphänomene in<br />

ihrer pragmatischen und ideenschöpferischen Bedeutung ist prinzipiell<br />

angelegt in der von Herder entdeckten "Mängelstruktur 11<br />

menschlichen Daseins. Denn was einerseits als Mangel zu verbuchen<br />

ist, nämlich die geringe Naturvorsorge für den Menschen, bedeutet<br />

andererseits die Chance der - wenn auch risikohaften -<br />

Selbstbestimmung und Selbstausprägung nach Maßgabe vernünftiger<br />

Ideen. Weil die Instinktposition des Menschen nur gering ist,<br />

muß er, wie Plessner sagt, sein Leben "führen". Weil er aber sein<br />

Leben führen muß, kann er es auch Ideen unterstellen, die seiner<br />

eigenen freien Intention entspringen. Und hier spielt die Sprache<br />

eine besondere Rolle. Denn sie ist das menschliche "Organ" der<br />

Bestimmung der Dinge und des Menschen selbst. Ihr Bestimmen ist<br />

ein Namengebendes ,durch Herstellung von Beziehung urteilendes<br />

und taxierendes Be-deuten. Das sprachliche Deuten und Bedeuten<br />

durch Ideen ist die anfängliche Stiftung von Kultur überhaupt.<br />

In diesem Sinne sagt Herder: "Von der Sprache also fängt seine<br />

(des Menschen) Vernunft und Kultur an; denn nur durch sie beherrsch<br />

et er auch sich selbst und wird des Nachsinnens und Wählens,<br />

dazu er durch seine Organisation nur fähig war, mächtig." (Ideen<br />

S. 117).<br />

Wir müssen diesen Satz noch etwas genauer bedenken. Er enthält<br />

mehrere Thesen. Zunächst die These, daß mit der Sprache menschliche<br />

Kultur beginne. Diese These ist nicht überraschend. Sie<br />

gehört zumindest zum traditionellen Inventar anthropologischer<br />

Selbstbesinnung und sie setzt sich bis in kommunikationstheoreti-<br />

sche Erwägungen fort. Nachdenklicher stimmt die zweite These, nach

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