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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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- 35 - '<br />

nngebundnen Triebe, die flatterhaften Meinungen, womit sich<br />

beinahe jedes Individuum der Menschen auszeichnet. w (a.a.O. S.98)<br />

Was Herder damit nennt (und daher die Ausführlichkeit des Zitats)<br />

, ist ein Katalog von anthropologischen Grundbestimmungen,<br />

die aus der beachteten Differenz des Mensch-<br />

Tier-Vergleichs hervortreten. Und diese Grundbestimmungen sind<br />

uns durchaus vertraut, weil sie in der Geschichte anthropologischen<br />

Denkens nach Herder immer wieder auftauchen und sich<br />

bestätigten. Es sind die Genußfähigkeit, die in ihrer abartigen<br />

Form auch vor der eigenen Gattung nicht haltmacht; die Aggressivität,<br />

die sich nicht nur selbst motiviert, die sich vielmehr<br />

auch wecken und in Dienst nehmen läßt, und zwar in makabren<br />

Formen des Gehorsams; es ist die Sprache, welche das Signalinventar<br />

tierischer Kommunikation durch ihre Eignung zur<br />

Symbolisierung und abstrakten Vergegenwärtigung weit übertrifft;<br />

es ist die Schrift, die als künstliches und beständiges Inventar<br />

von Zeichen Dokumentation und objektivierte Tradition ermöglicht;<br />

es ist die Religion als bewußtes Verhältnis zur alle<br />

Welten und Zeiten übersteigenden Transzendenz; es ist das positive<br />

Recht und das positive Gesetz, in denen sich Lebensverbände<br />

und Kulturen das Zusammenleben in bestimmten Formen gliedern<br />

\ind sanktionieren; es ist die Bildung als persönliche und institutionalisierte<br />

Gestaltung eines Lebens und einer Kultur; es<br />

sind die Techniken, mit denen sich der Mensch in der Natur -<br />

sich kleidend und Wohnung schaffend - einrichtet; es sind die<br />

Künste, in denen sich der Mensch imaginativ seine Welt verdichtet;<br />

es sind die offenen Lebensformen der Geselligkeit, durch<br />

die sich menschliches Leben konventionelle Gestalt gibt, die Offenheit<br />

der Triebe, die nach Sitte und Institutionalisierung<br />

verlangt; und es sind schließlich die höchst subjektiven Überzeugungen<br />

und Meinungen, in der sich individueller Geist eine<br />

flüchtige Kontur verleiht. Alle diese Grundzüge machen den unverwechselbaren<br />

Gattungscharakter des Menschen aus, der ihn vom<br />

Gattungscharakter anderer Lebewesen unterscheidet. Undman kommt<br />

nicht umhin, Herder in dieser nur additiven Charakteristik<br />

menschlicher Gattungseigenart eine hohe phänomenale Dichte zu<br />

bescheinigen.

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