PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv
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auch unter widrigsten Umständen nur ein der Natur zugewendeter<br />
Ausdruck des im übrigen die Natur hinter sich lassenden Bewußtseins,<br />
das in der Produktion einer Vielfalt von Kulturen mit der Natur<br />
konkurriert? Und wenn der Mensch tatsächlich auf Grund seiner "Eigenart"<br />
und "Eigennatur" eine Sonderstellung im ganzen der Dinge einnimmt<br />
r wie wäre diese Sonderstellung zu gewichten und zu bewerten?<br />
Bedeutet sie eine Auszeichnung gegenüber der Tierheit und vor der<br />
Gottheit oder bedeutet sie die Tragik der Zerrissenheit, in der der<br />
Mensch hinter das Tier zurückfallen kann? Ist also diese Sonderstellung<br />
ein grundsätzlicher Mangel oder ein grundsätzlicher Vorzug?<br />
Oder ist sie beides? - Ein anderes "großes Thema" anthropologischer<br />
Denktradition in philosophisch-reflexiver Haltung ist die Frage nach<br />
dem Verhältnis von Natur und Geschichte. Hier geht der Streit darum/<br />
ob menschliche Geschichte nur eine Fortsetzung der Naturgeschichte<br />
mit den besonderen Mitteln einer spezifischen Gattung von Lebewesen<br />
sei, oder ob menschliche Geschichte einen Bruch, einen "qualitativen<br />
Sprung" in der Naturgeschichte kennzeichnet. Wenn Menschheitsgeschicht<br />
mehr und etwas anderes sein soll als Naturgeschichte mit dem Zusatz<br />
des Bewußtseins, so tritt sie gleichsam aus der Naturgeschichte<br />
heraus, überlagert diese in Entwürfen und Konzeptionen, die in der<br />
Naturgeschichte nicht vorgesehen sind. Menschengeschichte wäre dann<br />
ein Werk der Freiheit, das Werk jenes "Freigelassenen der Schöpfung",<br />
den Herder in seinen Ideen zur vollen Kontur brachte. Oder ist alle<br />
Freiheit des Menschen, mit der er glaubt, seine Geschichte zu betreiben,<br />
nur vermeintlich, also eine Täuschung über die List der Natur,<br />
die den Menschen Spielraum gab, um mit sich selbst zu experimentieren<br />
- nicht aber wie ein Künstler, sondern wie ein Ingenieur, der die<br />
Belastbarkeit seiner Materialien in einer Maschine prüft? Dann aber<br />
wäre die menschliche Geschichte nur Umweg der Natur, vielleicht zum<br />
Zwecke der Optimierung ihrer evolutionären Potenz in einem bestimmten<br />
Fall. Auch hier wird deutlich:der Gegensatz von Naturgeschichte (Naturhistorie)<br />
und Menschheitsgeschichte ist keineswegs so eindeutig,<br />
wie ihn eiliges Bekenntnis vielleicht gern sehen möchte. Menschliche<br />
Geschichte ist immer auch Naturgeschichte. Aber ist sie nur Naturgeschichte?<br />
Und wenn sie nicht nur naturhaft vorprogrammierter Ausdruck<br />
von Notwendigkeiten im universalen Entwicklungsgeschehen des