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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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es ganz prägnant, "Nicht mehr eine unfehlbare Maschine in den<br />

Händen der Natur wird er (der Mensch) sich selbst Zweck<br />

und Ziel der Bearbeitung. 11 (Philosophische Bibliothek Meiner,<br />

Nr. 248, S. 2o). Das bedeutet, daß der Mensch nicht über irgendwelche<br />

Kunstfähigkeiten verfüge, die man auch beim Tier beobachten<br />

kann (Nestbau, Sammlung von Vorräten), sondern daß er sein Wesen<br />

als Kunst hervorbringen und erhalten muß. Er ist nicht ein Natur-<br />

wesen mit Kunstfähigkeiten, sondern "ganz und gar" Kunstwesen,<br />

Wesen der Handlung. Das ist beileibe nicht nur ein Vorzug,sondern<br />

sinnhafte Antwort ("Reaktion") auf die natürliche Offenheit des<br />

Lebens, die immer auch seine Gefährdung darstellt. Die Grundintention<br />

menschlicher Kunsthandlungen liegt in der Abwendung lebensmäßiger<br />

Notlagen, die sich aus der "Freigelassenheit 11 des Menschen<br />

ergeben, die immer ein Stück Naturverlassenheit ist. Deshalb kann<br />

Gehlen mit Recht auf Herders Erkenntnis von derWängelhaftigkeit<br />

menschlichen Lebens abheben. In diesem Zusammenhang gewinnt die<br />

Vernunft ihre spezifisch anthropologische Färbung. Denn Vernunft<br />

ist nicht ein kosmologischer Befund, der auch im Menschen auf-<br />

bricht, keine endliche Teilhaberschaft am NOUS. Vernunft ist eine<br />

gattungsgeschichtlich gelernte Qualität, ein durch Erfahrung geschliffenes<br />

Instrument der Lebensbewältigung unter biologisch exponierten<br />

Bedingungen. Vernunft steuert die Sinne und Organe unter<br />

Zwecksetzungen der Selbsterhaltung und des Überlebens. Das zumindest<br />

ist ihre empirische und historische Seite. Dennoch ist<br />

Vernunft nicht nur "instrumentell", hat sie nicht nur die Bedeutung<br />

einer universalen Instinktprothese. Im Verbund mit der Sprache<br />

erhebt sich die Vernunft gleichsam über ihren pragmatischen und<br />

Instinkte ersetzenden Status, und sie erhebt sich aus ihrer Befangenheit<br />

in situativenproblemlagen. Sie wird frei, sich selbst<br />

zu reflektieren, im zutreffenden Wort Gestalt anzunehmen.<br />

Die Sprache ist gewissermaßen der Leib der Vernunft, ihre Selbstinkarnation,<br />

ihre lebendige Wachheit. In der Sprache und durch die<br />

Sprache erfüllt sich die Leistungsfähigkeit der Vernunft als<br />

Symbolisierung (das heißt als Abstraktion von der konkreten<br />

Mannigfaltigkeit der Erscheinungen mit der Möglichkeit, sie zu

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