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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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-23-<br />

Das wird - folgt man Herders "Modell-Argumentation 11 - besonders<br />

deutlich im Wachstum des Baumes und in der Entwicklung des<br />

Menschen. In Herders eigener Darstellung: "...siehest du<br />

jenen wachsenden Baum! Jenen emporstrebenden Menschenl Er<br />

muß durch verschiedene Lebensalter hindurch... Zwischen jedem<br />

sind scheinbare Ruheplätze/ Revolutionen! Veränderungen!<br />

Und dennoch hat jedes den Mittelpunkt seiner Glückseligkeit<br />

in sich selbst! Der Jüngling ist nicht glücklicher als das unschuldige,<br />

zufriedene Kind: noch der ruhige Greis unglücklicher,<br />

als der heftig strebende Mann." (a.a.O. S. 6o9)Was Herder offenbar<br />

zeigen und sagen will ist folgendes: Es gibt eine geschichtliche<br />

Entwicklung, aber es ist falsch, die Phasen und Träger<br />

dieser Entwicklung auf ein ihnen fremdes Entwicklungsziel zu<br />

verrechnen, sofern ein solches Entwicklungsziel im ganzen der<br />

Geschichte rational überhaupt nicht ausgemacht werden kann.<br />

Der Entwicklungsgedanke an ihm selbst ist nicht falsch, falsch<br />

ist nur die Absicht, ihm die Phasen, Individualitäten, Zeiten<br />

und Völker zu opfern. Falsch ist die Rekonstruktion der Geschichte<br />

von einem definitiven Endziel her, dem sich die geschichtlichen<br />

Momente zu beugen haben. Dabei würde der "Eigensinn"<br />

der biographischen oder historischen Lebenseinheiten<br />

"mediatisiert", man könnte auch sagen, verfremdet und entwertet.<br />

So hat die Geschichte, recht betrachtet, immer einen Doppelaspekt,<br />

den Aspekt der Eigenbedeutung des Moments und den Aspekt<br />

der Gesamtbedeutung aller geschichtlichen Momente, die für Herder<br />

in einem unergründlichen Verweisungszusammenhang stehen.<br />

Man könnte auch von einem dialektischen Verhältnis sprechen,<br />

in dem das Lebensmoment auf einen GesamtZusammenhang hindeutet<br />

und der Gesamtzusammenhang auf das Recht der Momente. Die Momente<br />

stellen die Mikrooptik dar, die Idee der Gesamtheit wäre<br />

die Makrooptik, eine aber ohne die andere nicht denkbar.<br />

Und im Bezug auf diese Doppeloptik wären auch geschichtlicher<br />

Optimismus und geschichtlicher Skeptizismus einzuordnen.<br />

Der Optimismus wäre die einseitige Betonung der Makrooptik<br />

bei selbst gesetztem Ziel; der Skeptizismus beschränkte seinen<br />

Blick auf die zusammenhanglosen historischen Einzelerscheinungen,

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