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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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Die .Grundbestimmungen, in denen Herder -die Differenz zwischen<br />

Menschheit und Tierheit charakterisiert, sind insgesamt erweiterungsfähig<br />

und wohl auch präzisierbar. Sie treffen aber im<br />

Grunde einen bis auf unsere Zeiten dauernden Konsens. Doch wenn<br />

es nicht nur darum geht, die menschliche Gattung in ihrer Eigenart<br />

zu beschreiben, sondern über eine Beschreibung hinaus<br />

die normative Dimension der Sinnhaf tigkeit im Sinne tiefe-<br />

rer Selbsterkenntnis zu gewinnen, dann kann man es nicht bei der<br />

Feststellung bewenden lassen, der Mensch sei ein Wesen der Sprache,<br />

der Religion, des Rechts, der Bildung, der Sittlichkeit,<br />

der Geselligkeit und so fort. Als elementare anthropologische<br />

Grundbestimmungen sagen diese Wesenszüge noch nichts darüber<br />

aus, wie sie zu entfalten sind, welche Sollensbestimmungen<br />

diesen Seinsbestimmungen vorgegeben sind. Der Katalog de r Grundbestimmungen<br />

oder Grundcharakteristika des Menschen ist eine<br />

synchrone Bestandsaufnahme von anthropologischen „Konstanten"f<br />

die prinzipiell an jeder Kultur abgelesen werden könnten. Herder<br />

aber will nicht nur eine Bestandsaufnahme abgehobener allgemeinmenschlicher<br />

Strukturen, sondern er sucht nach der geschichtlichen<br />

Entfaltung dieser Bestimmungen, nach ihrer inneren<br />

Teleologie. Anders formuliert, daß der Mensch über Sprache<br />

verfügt, daß er sich in Brauchtum, Sitte und Recht sein Zusammenleben<br />

institutionalisiert, daß er sich in Überzeugungen und<br />

Meinungen auslebt - das alles beantwortet noch nicht die entscheidende<br />

Frage, wozu, zu welchem (End-) Zweck diese Grundcharakteristika<br />

der Menschheit zukommen. Es wird also unterstellt,<br />

daß die Grundcharakteristik des Menschen, die ihn vom<br />

Tier unterscheidet, nicht auch bereits darüber Auskunft gibt,<br />

wie diese menschlichen Eigenarten und Vermögen insgesamt sinn-<br />

haft zu interpretieren seien. Die Frage nach der Sinnhaftigkeit<br />

taucht für Herder erst dann auf, wenn man die geschichtliche<br />

Betrachtungsweise in die anthropologische Strukturanalyse einbezieht,<br />

wenn man Mensch und Welt nicht nur in ihrem Sein, sondern<br />

in ihrem Geschichtlich-Sein betrachtet. Am Ende also und<br />

abstrakt formuliert ist es die Zeitperspektive, die die anthropologischen<br />

Strukturen und Grundbestimmungen dynamisiert. Oder

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