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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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-8-<br />

Grundbestimmung ist also etwas ganz anderes als die Frage nach<br />

konkreten Gestalten der Freiheit und ihren taxierbaren Ausprägungen<br />

zu einer bestimmten historischen Zeit und an einen bestimmten<br />

historischen Ort. Ähnliches gilt für das anthropologische Moment der<br />

Geschichtlichkeit. Nimmt man, was sich begründen läßt, Geschichtlichkeit<br />

als Wesenszug menschlicher Selbstauslegung im Horizont der<br />

Zeit, als "Zeitoffenheit 11 , die theoretisch und praktisch Antwort<br />

fordert, so ist auch sie nicht einfach ein Faktum, etwas Gegebenes<br />

in der Weise wie uns Felsen, Bäume oder Häuser gegeben sind. Vielmehr<br />

ist Geschichtlichkeit jenes grundlegende Zeitverhältnis, das<br />

historische Fakten qua Fakten allererst ermöglicht. Weil, so muß<br />

man sagen, der Mensch sich "immer schon" auf Zeit und Zeitlichkeit<br />

bezieht, kann er im ursprünglichen Zeitbezug "Zeiten" einteilen,<br />

+<br />

kann er erinnern, antizipieren, sich etwas vornehmen, gelungenere<br />

Zukunft projektieren und so fort. Historische oder kulturelle<br />

Fakten, die wir positiv feststellen, begründen also nicht erst Geschichtlichkeit,<br />

sondern umgekehrt: weil es ein Wesenszug menschlichen<br />

Daseins ist, geschichtlich zu existieren, können historische<br />

Erfahrungen allererst Zustandekommen. Und, was den Pädagogen besonders<br />

interessiert, der Grundzug der Geschichtlichkeit, der sich<br />

dem Menschen existentiell in der Erfahrung von Geburt und Tod eröffnet,<br />

ist die sinnhafte Bedingung der Möglichkeit von Erziehung<br />

überhaupt. Erziehung ist eine praktische Weise des Zeitbezugs auf<br />

dem Grunde der Zeitoffenheit, der Geschichtlichkeit des Menschen.<br />

Erziehung ist ein elementarer Umgang mit der Zeitlichkeit als Wissen<br />

um die je-eigene Endlichkeit. Und was faktisch als Erziehung geschieht,<br />

sei es in der Historie, in der Gegenwart oder in der Zukunft,<br />

ist ermöglicht und sogar wesenhaft erzwungen durch die Endlichkeit<br />

des Daseins, die den Sinn des menschlichen Zeitverhältnisses<br />

ausmacht. Wären die Menschen unsterblich, so hat es John<br />

Dewey einmal formuliert, so bestünde keine Notwendigkeit zu erziehen.

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