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PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv

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-88-<br />

stärker fort; darum hat die Natur diese Fortbildung gewählt."<br />

(Abhandlung, S. 84) - Herders Legitimation des Sprachfamiliarisund<br />

Sprachpatriotismus als Entwicklungsmotiv für Sprachlichkeit<br />

überhaupt ist uns heute Anlaß zur Skepsis. Denn was Herder als<br />

Entfaltung traditionsbildender Kraft im Antagonismus der Stämme<br />

und Nationen schätzt, scheint einer durch Erfahrung skeptisch gewordenen<br />

Nachwelt allzu leicht in die Rechtfertigung jeglicher<br />

Ideologie umzuschlagen/ wenn sie nur die innere Stabilität von<br />

Familien oder ethnischen Gruppen sichert. Ehre, Stolz, Überlegenheits-und<br />

Selbstwertempfindungen gegenüber dem Fremden,wenn nicht<br />

Barbarischen,haben in ihrer Verhärtung als Motive eines blinden<br />

und intransigenten Chauvinismus gewaltiges Unheil angerichtet -<br />

so in sattsam bekannten Profilierungen gegenüber unterstelltem<br />

Untermenschentum. Doch es hieße Herder falsch verstehen, wollte<br />

man ihn zum Protagonisten einer Einteilung der Völker nach Barbaren<br />

und Fortgeschrittenen stempeln. Nichts lag weniger im Sinn seines<br />

historischen Gerechtigkeitsempfindens. Und wenn er auf die Tradi-<br />

tionen stiftende unc ^ Identität heraustreibende Wirkung des<br />

Antagonismus der Stämme und Kulturen hinweist, so ist das weder<br />

eine sprachästhetische Legitimation von Kriegen noch eine Herausforderung<br />

zur kollektiven Vorurteilsbildung. Denn Herder votiert<br />

ja nicht für national oder familial abgekapselte und in ihrer<br />

eigenen Tradition dumpf verharrende Identitäten. Sie würden seinem<br />

historisch-dynamisierenden Blick gar nicht entsprechen. Ihm kommt<br />

es vi^roehr jdarauf an, den Mechanismus sprachlich vermittelter<br />

Identitätsbildung im Spiel der Antagonismen vorurteilslos aufzudecken,<br />

um andererseits darauf hinzuweisen, daß es überhaupt keinen<br />

^Grund gäbe, bei Einsicht in diesen Mechanismus, den subjektiven<br />

oder kollektiven Überlegenheitsgefühlen zu trauen. Im Gegenteil,<br />

er spottet über ""das Geschrei anderer Völker auf solche (die<br />

noch wenig mechanische Künste entwickelt haben) als auf dumme<br />

und unmenschliche Barbaren", und zwar angesichts der Tatsache,<br />

"da wir alle doch vor weniger Zeit eben dieselben Barbaren waren<br />

und diese (unsere) Kenntnisse nur von ändern Völkern bekamen."<br />

(Abhandlung, S. 84) Die Verspottung einfacher Völker und Sprachen

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