PDF-Datei: Pädagogische Anthropologie - Egon Schütz Archiv
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gelingen werde, zwischen Skylla und Charybdis von geschichtsphilosophischem<br />
Optimismus und Skeptizismus hindurchzusteuern<br />
und zu überzeugen. Anders gesagt: Wenn er dem Optimismus das<br />
Recht abspricht, die Menschen und Zeiten nach Belieben und<br />
selbstgewählten Gesichtspunkten zu taxieren, und wenn er im<br />
Skeptizismus nur den „neuesten Mode ton" des Zweifels hört -<br />
welche „Position" könnte sich dann der Sache des Menschen und<br />
seiner Bildungsgeschichte als angemessener erweisen, ohne in<br />
die Apathie eines nur konstatierenden Relativismus zu verfallen?<br />
Der Ausweg in die wissenschaftliche Neutralität ist, wie<br />
gesagt versperrt, weil es um Selbsterkenntnis und mit ihr um |f<br />
die Intention der Bildung geht. Das Faktum der Wissenschaft<br />
kann in der Philosophie der Geschichte der Menschheit nicht<br />
ohne Deutung bleiben. Darin weiß sich Herder mit den Skeptikern<br />
und Optimisten einig. Doch welches ist die wahre Deutung<br />
(oder Bedeutung) der Geschichte Jenseits von Optimismus<br />
und Pessimismus, von Aufklärung und Skeptizismus? Eine Deutung,<br />
die in gleicher Weise wahr und gerecht ist? -<br />
Herder setzt ein mit einer Frage: „Sollte es nicht offenbaren<br />
Fortgang und Entwicklung aber in einem höheren Sinne geben,<br />
als man 1 s ge wähne t hat?" (a.a.O. S.609) Schließt er sich - wenn<br />
man auf die Rhetorik dieser Frage achtet - nun doch den „Optimisten"<br />
an? Der Eindruck wäre falsch. Herder setzt auf „Entwicklung"<br />
und „Fortgang" in einem anderen und höheren Sinne.<br />
Aber man wird enttäuscht, wenn man jetzt auf eine argumentative<br />
Explikation dessen hofft, was Entwicklung in einem<br />
höheren Sinne meint. Denn Herder greift zum Bild und zur Analogie,<br />
das heißt: er stellt sich gar nicht auf de n Begründung sboden<br />
skeptisch oder optimistisch argumentierender Geschiehtsphilosophen.<br />
Die Bilder, die er wählt, stammen aus drei Bereichen,<br />
nämlich aus dem Bereich des Anorganischen, des Organischen<br />
und des Menschlichen. Es sind die Bilder des wachsenden<br />
Flußes, der ins Meer führt, des wachsenden Baumes, der sich in<br />
seinen Teilen entfaltet, und des Menschen, dessen Leben sich<br />
durch die Lebensalter hindurch ständig wandelt, ohne seine Kontinuität<br />
im Wechsel zu verlieren. Nüchtern gesprochen handelt