Motorradverkehr - Fonds für Verkehrssicherheit FVS
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Die MAIDS-Analysten erfassten die Kollisionsvermeidungsstrategien<br />
der motorisierten Zweiradfahrenden.<br />
Sie bezeichneten 27 % aller Strategien als<br />
«kein Versuch einer Kollisionsvermeidung» [13].<br />
50 % der Strategien fielen in den Bereich «Bremsen»<br />
und 16 % in die Kategorie «Ausweichen».<br />
Keine Kollisionsvermeidungsstrategie oder eine<br />
falsche kann fatale Folgen haben. Wer zwar die<br />
richtige Strategie anwendet, <strong>für</strong> dessen Ausführung<br />
aber zu wenig Zeit hat, kann eine Kollision<br />
ebenso wenig verhindern. So bringen fahrtechnische<br />
Fähigkeiten bei unangemessenen Tempi nicht<br />
immer den gewünschten Nutzen.<br />
3.2 Möglichkeiten der Prävention<br />
Gemäss Polizeiprotokollen haben bei Motorradkollisionen<br />
zu rund 50 % die motorisierten Kollisionsgegner<br />
allein Schuld. Ähnliche Zahlen sind aus<br />
ausländischen Studien bekannt. Massnahmen seitens<br />
der Lenkenden der Kollisionsobjekte (Kap. VII,<br />
S. 97) sind dringend gefordert. Was auf der einen<br />
Seite als Entlastung <strong>für</strong> die Motorradfahrenden<br />
ausgelegt werden kann, bedeutet auf der anderen<br />
Seite, dass die Motorradfahrenden selbst zu rund<br />
50 % zumindest mitschuldig sind. Über alle Unfälle<br />
hinweg (zuzüglich der Selbstunfälle) liegt die<br />
Schuldlast – gemäss Polizeiangaben – schwergewichtig<br />
bei den Motorradfahrenden selbst. Massnahmen<br />
sind somit auch seitens der Motorradfahrenden<br />
dringend gefordert.<br />
Massnahmen sind wirksamer, wenn sie zielgruppenspezifisch<br />
sind. Da Motorradfahrende keine<br />
homogene Gruppe bilden, bedarf dies differenzierter<br />
Daten über die Fahrer motorisierter Zweiräder.<br />
Solche fehlen zum Teil in der Schweiz. Dennoch<br />
gibt es Eigenheiten, die <strong>für</strong> Motorradfahrende<br />
– wenn auch in Nuancierungen unterschied-<br />
lich – universell sind. Studien aus dem Ausland<br />
zeigen, dass etwa Fahrerfahrung und motorradspezifische<br />
Fertigkeiten (z. B. Bremsmanöver) allgemein<br />
sicherheitsrelevant sind. Universell ist auch<br />
die Notwendigkeit eines allgemein defensiven Fahrstils.<br />
Technische Fertigkeiten allein helfen wenig,<br />
wenn z. B. <strong>für</strong> deren Anwendung zu wenig Zeit bis<br />
zur Kollision bleibt (was gemäss MAIDS-Studie<br />
häufig der Fall ist).<br />
Der optimalen Gestaltung des Bremsvorgangs<br />
kommt sowohl bei der Verhinderung von Kollisions-<br />
als auch von Selbstunfällen eine entscheidende<br />
Bedeutung zu. Ein Motorrad möglichst effizient<br />
so abzubremsen, dass es nicht zu einer Blockade<br />
der Räder und in der Folge zum Sturz kommt,<br />
überfordert die menschliche Feinmotorik oft. Dabei<br />
muss beachtet werden, dass durch richtiges Bremsen<br />
u. U. ein besonders gefährlicher Sturz vor einer<br />
Kollision vermieden werden kann. Im Fall eines<br />
Sturzes, der im Verlauf der Rutschphase an einem<br />
Hindernis endet, ist die Gefahr von Verletzungen<br />
des Kopfes und des oberen Torsobereichs am<br />
grössten [22]. Neben technischen Möglichkeiten,<br />
den Bremsvorgang zu vereinfachen, benötigt der<br />
Motorradfahrer technische Instruktion und Übung,<br />
um diesen Vorgang möglichst optimal durchzuführen<br />
bzw. sogenannte «Schreckbremsungen» zu<br />
vermeiden, die zu einem dramatisch verlängerten<br />
Bremsweg und zum Sturz führen [23].<br />
Wie alle ungeschützten Verkehrsteilnehmenden,<br />
bei denen es allzu oft um Leben und Tod geht, tun<br />
Motorradfahrende im eigenen Interesse gut daran,<br />
mögliche Verhaltensfehler anderer zu antizipieren<br />
und entsprechend zu reagieren. Unabhängig von<br />
der Frage nach der Schuld, ist ein defensiver Fahrstil<br />
überlebenswichtig.<br />
bfu-Sicherheitsdossier Nr. 05 Motorradfahrende (Autorinnen: Esther Walter, Jacqueline Bächli-Biétry) 73