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und dann muss ich auch noch ihre widerlichen, schleimigen<br />
Schwänze lutschen! Uuääh! Es ist zum Kotzen!«<br />
In Grete verkrampfte sich alles. Das war ja entsetzlich.<br />
»Und deine Mutter?«, fragte sie, »steht sie dir nicht bei? Was<br />
sagt sie denn dazu?«<br />
»Sie schaut weg und sagt nichts«, kam es gepresst und<br />
unter Tränen zurück. Und dann: »Vielleicht lassen sie uns<br />
nun in Frieden, da wir zu zweit sind.«<br />
Es gibt Zufälle, im Leben wie im Märchen, welche stets<br />
einen Disput zwischen Wissenschaftlern und Theologen auslösen.<br />
Erstere vertreten diese These: Da jeder Mensch frei entscheiden<br />
könne, was er wolle, käme es im Zusammenleben<br />
durchaus zu Ereignissen, die von niemand geplant, gewollt<br />
oder gar erwartet wären. Die Mystiker halten dagegen, es sei<br />
alles vorher bestimmt von einer höheren Macht, etwa Gott.<br />
Gewissermaßen wie in einem Buch beschrieben, folge alles<br />
Lebende jenen Regeln. Gretes Meinung in dieser Frage bevorzugte<br />
die wissenschaftliche Ansicht, da noch nie eine höhere<br />
Macht bei ihr vorstellig geworden war, um das Gegenteil zu<br />
beweisen. Wie groß sollte wohl so ein Buch sein? Wie viele<br />
Schreiber musste Gott beschäftigen, um den Weg eines jeden<br />
lebenden Wesens im Voraus zu beschreiben? Letztendlich<br />
war’s Grete egal. Was immer der Auslöser eines Zufalls war,<br />
das Wichtigste war doch: der Effekt.<br />
An diesem Tag sollten sich zwei denkwürdige und folgenreiche<br />
Zufälle ereignen und der erste geschah auf der Stelle.<br />
Das Gebüsch auf der anderen Seite der Waldlichtung, wo die<br />
Ziegen weideten, kam in Bewegung und eben jene drei besagten<br />
Halunken brachen hervor und näherten sich grölend,<br />
johlend und mit prall gefüllten Hosen den beiden Frauen.<br />
Diese, am Fuße eines alten Baumes sitzend, sprangen auf<br />
und stellten sich so, dass sie den Baumstamm im Rücken<br />
hatten. Grete hatte am Morgen ihr Gepäck sortiert und einige<br />
Kleidungsstücke gefunden, die ihr zu klein geworden waren;<br />
scheinbar wuchs sie in der letzten Zeit rasch. So war Lara –<br />
Grete bevorzugte weiches Leder als Reisekleidung – zu einem<br />
ledernen Hosenrock gekommen, dazu ein wollenes Hemd<br />
und ein Lederwams, das auch für die kommenden kühlen<br />
Herbsttage gut war. Sie selbst trug eine lederne Hose, an den<br />
Seiten geschnürt, eine Leinenbluse und eine feste Lederjacke.<br />
Um solche Kleidung zu öffnen, musste ein potenzieller Vergewaltiger<br />
viele Schnüre nesteln und Knöpfe öffnen. Das<br />
sollte schon einmal Zeit verschaffen. Lara an ihrer Seite zog<br />
ihren Dolch.<br />
Die drei Räuber rückten in Linie, wie sie es bei den<br />
Soldaten gelernt haben mochten, gegen ihre Opfer vor. Dabei<br />
skandierten sie Sprüche wie: »Auf geht’s, ihr Nutten, nun<br />
werdet ihr mal echte Kerle kennen lernen!«, »Zieht euch<br />
schon aus, ihr Püppchen, ihr wollt es doch genau so wie<br />
wir!«, »Mädels, wenn ihr nicht brav und artig seid, werden<br />
wir euch die Haut striemen!«, und dergleichen ähnliche Unflätigkeiten<br />
mehr.<br />
Grete musterte die sich nähernden wüsten Gestalten. Einer<br />
hatte ein Holzbein, er schwang einen Stock, der unheildrohend<br />
durch die Luft pfiff, dem anderen fehlte der<br />
Unterarm, nun durch einen Haken ersetzt, er öff-<br />
nete eben seinen Gürtel, und der dritte musste<br />
ständig mit den Augen zwinkern, außerdem<br />
hing ein Mundwinkel herunter, woraus er stän-<br />
dig sabberte, doch war er durchaus in der La-<br />
ge, seinen Hosenstall aufzuknöpfen.<br />
Die junge Frau dachte an ihre Wanderstie-<br />
fel, die liefen vorne spitz zu. Wenn die Kerle<br />
noch einen Schritt nach vorn gingen, könnte<br />
sie einen mit einem Tritt an die Stelle, wo es<br />
Männern besonders weh tut, außer Gefecht