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Kapitel Eins<br />
– EINE LESEPROBE –<br />
Der dicke, rotgesichtige Mann füllte die Kabine des Captains<br />
mit seinem aufrichtigen Zorn und ließ seinem Gegenüber,<br />
der hinter dem Tisch saß, kaum noch Platz. Das war nicht<br />
unüblich. Er war Dobbs von Dobbs Electronics, ein Mann, der<br />
seinen Weg nach oben erkämpft hatte und der niemanden<br />
darüber im Unklaren ließ – weder seine Verwandten noch<br />
seine Angestellten, und ganz bestimmt nicht den Captain<br />
eines zweitklassigen Trampfrachters.<br />
Seine lärmende Ungehaltenheit war sein Markenzeichen,<br />
genauso wie sein persönliches Erscheinen für diesen Geschäftsabschluss.<br />
Andere Unternehmer würden sich entspannen,<br />
ihren Erfolg genießen und untergeordnete Aufgaben an Angestellte<br />
delegieren, aber Dobbs war aus einem anderen Holz<br />
geschnitzt. Er war beim Entladen dabei gewesen, flog mit dem<br />
Frachtshuttle vom Schiff zum Raumhafen und wieder zurück.<br />
Er hatte die Bezahlung persönlich überbracht. Daher war es<br />
selbstverständlich, dass er sich auch um das letzte Detail selbst<br />
kümmern würde. Keiner der Vorgänge hatte seinen Ansprüchen<br />
genügt, aber diese letzte Verfehlung war besonders<br />
ärgerlich gewesen. Er selbst war im Unrecht, und er wusste es,<br />
aber diese Erkenntnis unterstützte nur seine Bitterkeit. Mehr<br />
als alles hasste Dobbs es, wenn er falschlag. Er verbarg niemals<br />
seine Gefühle, vor allem Zorn nicht; entsprechend zeigte er<br />
offen seine Unzufriedenheit. Sie war an seiner steifen Körperhaltung<br />
und den zusammengepressten Lippen erkennbar, an<br />
seiner geröteten Haut und an der abrupten Art, mit der er seine<br />
Aktentasche auf den Tisch knallen ließ.<br />
»Hier ist es«, sagte er gepresst. »Der Rest der Zahlung.<br />
Wenn ich mich recht entsinne, haben Sie gesagt, dass zwischen<br />
Ihrem aktuellen Preis und dem ursprünglich vereinbarten<br />
nun 15 000 mehr liegen würden, ja?«<br />
»Das ist nicht ganz zutreffend«, erklärte der Mann hinter<br />
dem Tisch. »Es ist der Unterschied, der sich durch die Wechselkursschwankungen<br />
ergibt, die zwischen unserer ursprünglichen<br />
Vereinbarung und dem tatsächlichen Kauf entstanden.«<br />
»Semantik!«, gab der Besucher zurück. »Es kostet meinem<br />
Unternehmen immer noch 15 000 mehr als geplant!«<br />
»Wie Sie meinen«, seufzte der Mann hinter dem Tisch.<br />
»Würden Sie sich gerne setzen, während ich zähle?«<br />
»Ich ziehe es vor zu stehen.«<br />
Der Mann griff zur Aktentasche, aber die schroffe Antwort<br />
ließ ihn zögern und dann setzte er sich mit nachdenklichem<br />
Gesicht zurück.<br />
»Mr. Dobbs … Dobbs stimmt doch, oder? Von Dobbs<br />
Electronics?«<br />
Der Besucher nickte steif,<br />
wütend darüber, dass jemand<br />
Zweifel an seiner Identität<br />
hatte. Er hatte mit diesem<br />
Mann schließlich die<br />
letzten drei Tage zu tun gehabt!<br />
ROBERT ASPRIN – TAMBU – ATLANTIS VERLAG<br />
»Sie sind verärgert und offenbar entschlossen, Ihrer Verärgerung<br />
durch Unhöflichkeit Ausdruck zu geben. Ich habe<br />
Probleme, beides zu verstehen.«<br />
Dobbs wollte protestieren, aber der Mann sprach weiter.<br />
»Erst einmal: Als Sie damit einverstanden waren, die georderten<br />
Waren bar bei Lieferung zu bezahlen, wussten Sie,<br />
dass das Risiko von Wechselkursverlusten bestand. Das ist<br />
Standard in jedem Liefervertrag, und Sie haben trotzdem<br />
noch ein gutes Geschäft gemacht. Hätten Sie im Voraus bezahlt<br />
und unser Schiff wäre von Piraten angegriffen worden,<br />
hätten Sie einen Totalverlust gemacht. Jetzt zahlen Sie aber<br />
nur für die gelieferten Waren, auch, wenn es etwas mehr ist,<br />
als ursprünglich kalkuliert, wie es eben manchmal passiert.«<br />
»Manchmal!«, prustete Dobbs. »Es sieht eher so aus, als<br />
würde es jedes Mal ...«<br />
»Und selbst wenn das System unfair sein sollte, was ich<br />
nicht glaube«, setzte der Mann hinter dem Tisch fort, »so ist<br />
dieses Schiff doch nur ein Transportvehikel. Wir machen die<br />
Regeln nicht. Wir transportieren Waren von A nach B und<br />
werden dafür bezahlt. Theoretisch hätte ich nicht einmal das<br />
Ausladen der Waren erlauben dürfen, ehe ich das ganze Geld<br />
auf dem Tisch gehabt hätte.«<br />
Der Mann beugte sich nun nach vorne und seine Augen<br />
brannten mit einer plötzlichen Intensität.<br />
»Um es kurz zu machen, Mr. Dobbs, ich habe das Gefühl,<br />
dass Sie in der ganzen Angelegenheit recht anständig behandelt<br />
worden sind. Wenn Sie eine Beschwerde haben, schreiben<br />
Sie einen Brief. In der Zwischenzeit tun Sie mir doch den Gefallen<br />
und verlassen Ihr hohes Ross und verhalten sich wie<br />
ein normaler Mensch.«<br />
No. 2 • Mai 2009 andromeda extended magazine www.sfcd.eu • p. 20