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zelte und musterte den Eindringling verwundert: »Ei der<br />
Daus, wer besucht uns denn noch so spät am Abend?<br />
Übrigens, ich heiße Hans.« Er gähnte herzhaft.<br />
»Was ist los?«, fragte die Prinzessin, die nun ebenfalls<br />
erwacht war und sich erhob. Sie war blond, aber es war nicht<br />
wie das künstliche Blond von Donna Matrona. Diese junge<br />
Dame war Natürlich-Blond.<br />
»Wir haben eine Besucherin, ein kleines Mädchen, es hat<br />
sich noch nicht vorgestellt.«<br />
»So klein ist es nun auch nicht mehr, scheint mir.« Die<br />
Prinzessin kam auf die rote Seite herübergerutscht. Wie ihr<br />
Geliebter hatte sie kein einziges Kleidungsstück an und<br />
beiden machte es augenscheinlich nichts aus, nackt vor dem<br />
Mädchen herumzuturnen.<br />
Gretchen stand die ganze Zeit da wie vom Blitz getroffen<br />
oder wie vom Donner gerührt, wie es beliebt. Jedenfalls<br />
brachte es kein Wort heraus. Das Zwicken und Zwacken in<br />
seinem Unterleib hatte wieder eingesetzt, doch viel stärker als<br />
zuvor. Es sah an sich hinunter; die Prinzessin sagte die<br />
Wahrheit: so klein war es tatsächlich nicht mehr. Seine Brust<br />
war nicht länger flach wie ein Brett, zwei kleine Hügel waren<br />
da gewachsen und seine Glieder hatten sich gestreckt. Es<br />
schaute weiter an sich herab, da eine unangenehme Feuchte<br />
sich zwischen seinen Schenkeln bemerkbar machte. Das Reisekleid<br />
aus feinem Leder endete am Knie und an seinem<br />
rechten Bein floss ein kleines rotes Rinnsal hinab und tropfte<br />
träge auf den kostbaren Teppich. Was war das? Gretchen<br />
konnte sich nicht erinnern sich an dieser Stelle irgendwie<br />
verletzt zu haben. Im Kopf blätterte es sein Biologiebuch<br />
durch, doch das ging nur bis zur zehnten Klasse und konnte<br />
ihm nicht weiter helfen.<br />
»Schau an«, meinte Prinzessin Amelie sanft, »das Mäuschen<br />
hat seine Periode.«<br />
»Und das erste Mal, nehme ich an«, ergänzte Prinz Hans.<br />
Das war es! Bei Donna Matronas Mädchen hatte Gretchen<br />
einiges aufgeschnappt. Peinlich, peinlich! Die Prinzessin<br />
murmelte etwas von sauberen Binden und wollte eben nach<br />
einer Klingelschnur greifen, um einen Diener herbeizurufen.<br />
Da flatterte etwas in den künstlichen Palmwedeln der Zimmerdecke,<br />
ein Rabe kam heruntergesegelt und ließ ein kleines<br />
Bündel aus blitzsauberen Linnentüchern aufs Bett<br />
plumpsen. Danach machte er es sich auf einem Tischchen<br />
bequem und lugte in die Runde: »Gestatten, dass ich mich<br />
vorstelle: Melissa Rumburak. Schon heute Nachmittag hat<br />
mein Liebster gemerkt, dass Gretchen diese Tücher brauchen<br />
würde. Tiere merken manches früher als Menschen.«<br />
Nun war es an der Reihe des Prinzenpaares, erstaunt drein<br />
zu schauen. Hans brach zuerst das Schweigen: »Du bist doch<br />
der zahme Rabe, der immer im Schloss umherfliegt. Seit<br />
wann kannst du sprechen?« Amelie fügte hinzu: »Bist du<br />
nicht das Mistvieh, das immer Leckerbissen aus der Küche<br />
stiehlt?«<br />
»Wer nennt meine Liebste ein Mistvieh?«, erklang es aus<br />
der Luft. Von irgendwo her schoss Gerald heran und schrie:<br />
»Wir konnten schon immer sprechen, doch wir woll-<br />
ten es euch nicht auf die Nase binden!« Und er<br />
ließ sich neben seiner Geliebten nieder. Nach ei-<br />
nem Blick auf Gretchen, das immer noch kei-<br />
nes Wortes mächtig war, flatterte er wieder hoch<br />
und setzte sich auf die Rippe eines Palmblattes.<br />
Dort warf er sich in die Brust und sträubte sein<br />
Gefieder, was bei Raben sehr imposant wirkt.<br />
Dann begann er, zu deklamieren:<br />
»Kraa-kraa!<br />
Das junge Ding, das vor euch steht,<br />
die Suche hat es hergeweht.