29.10.2013 Aufrufe

300-dpi - p.machinery

300-dpi - p.machinery

300-dpi - p.machinery

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

der Donna an einem gut gedeckten Tisch. Bedient wurde das<br />

Duo von zwei artigen, jungen, luftig gewandeten Damen, die<br />

Knickse machten und Bitte und Danke sagten. Gretchen, das<br />

tatsächlich sehr hungrig war, langte erst einmal kräftig zu.<br />

Dann erzählte es seine Geschichte. Donna Matrona wurde<br />

nun ernst und erklärte rundheraus, über den Verbleib von<br />

Karl nichts zu wissen. Aber es gäbe Möglichkeiten, an Informationen<br />

zu gelangen, das läge in der Natur ihres Unternehmens.<br />

Jedoch koste so etwas Zeit und in selbiger könne<br />

Gretchen freie Kost und Logis bei ihr haben und dafür solle<br />

es verschiedene Aufgaben übernehmen, die sie ihm antragen<br />

würden.<br />

Das Angebot war verlockend, Gretchen einverstanden.<br />

In der folgenden Zeit verrichtete das Mädchen Arbeiten,<br />

die ihm zum Teil völlig ungekannt waren und wo es sich, die<br />

Schule war ja weit weg, fast ohne Hilfe hineinlernen musste.<br />

Gut, beim Gärtner kam Gretchen das Wissen zugute, welches<br />

es sich bei der Pflege der Küchenkräuter, die in ihrem Elternhaus<br />

in Kübeln am Küchenfenster wuchsen, angeeignet<br />

hatte. Bei der Buchführung jedoch musste es sein Köpfchen<br />

zum Knacken bringen. Der alte Buchhalter stand kurz vor<br />

der Pensionierung und ein Mädchen von elf oder zwölf<br />

Jahren war einfach nicht sein Ding – doch es ging.<br />

Mit der Zeit konnte Gretchen alle Tätigkeiten im Hause<br />

ohne Tadel ausführen – außer ›so was‹. Dies war nun ihre<br />

Sicht der Dinge: Ihre Meisterin, Donna Matrona, war eine<br />

Wohltäterin. Sie las arme, verlassene und junge Mädchen<br />

von der Straße auf und bot ihnen Wohnung und Essen. Sie<br />

selbst, die Donna, hatte einen recht umfangreichen Bekanntenkreis<br />

von führenden Herren aus Wirtschaft und Politik,<br />

welche in ihrem Haus ein- und ausgingen. Diese Herren, so<br />

Donna Matrona, hätten schwere, berufsbedingte Lasten auf<br />

ihrer Seele und »ihre« Mädchen, die, nun weder arm noch<br />

verlassen, nichtsdestotrotz noch sehr jung, seien prädestiniert,<br />

solcherart Lasten zu entsorgen. Lasten auf der Seele<br />

und so was! Gretchen wäre nicht Gretchen gewesen, hätte es<br />

diese Nuss nicht auch noch geknackt. Dies fand es heraus:<br />

›So was‹, das war etwas wie Doktorspielchen für Fortgeschrittene,<br />

und die Lasten auf der Seele lagen offenbar weniger auf<br />

der Seele, als auf dem Gemächt der Herren, und zwar so gewichtig,<br />

dass man sie nur unter lautem Ächzen und Stöhnen<br />

beseitigen konnte.<br />

Daneben betrieb die freie Unternehmerin noch einen gut<br />

florierenden Handel mit feinsten in- und ausländischen<br />

Weinen, womit sie allein schon Geld wie Heu verdiente.<br />

Derart abgesichert konnte sie »ihren Mädchen« ein Entgelt<br />

zahlen, das die Fabrikanten der Umgebung wie Lumpen dastehen<br />

ließ. Und wenn eine junge Frau ihren Dienst quittieren<br />

wollte, erhielt sie von Donna Matrona eine ansehnliche<br />

Mitgift, die sie für jeden Bräutigam zu einer guten Partie<br />

machte.<br />

Gretchen unterhielt sich oft mit den jungen Frauen im<br />

Hause und bekam manch traurige Vergangenheit zu hören,<br />

doch keine hatte je etwas von Karl gehört. Schließlich, an<br />

einem Abend, als die Tageseinnahmen abgerechnet wurden,<br />

erzählte auch Donna Matrona ihre Geschichte:<br />

»Es begann bei mir, wie bei den meisten mei-<br />

ner Mädels. Die Not trieb mich blutjung vom<br />

Lande in die Stadt und ich geriet prompt an<br />

einen üblen Luden, der mich zwang, anderen<br />

Männern beizuliegen. Eines Tages erschlug er<br />

einen anderen im Streit und es kam zu einem<br />

Prozess. Ich musste als Zeugin aussagen und da<br />

hat wohl der Richter ein Auge auf mich gewor-<br />

fen. Er war sehr alt und sehr reich; er bot mir<br />

eine Stellung auf Lebenszeit in seinem Hause

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!