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um, ebenfalls mit Uniformteilen bekleidet, die gierigen Blicke,<br />
Grete dankte dem Himmel dafür, auf die Goldverzierungen<br />
und die edlen Hölzer des Wagens gerichtet. In der Mitte<br />
der Versammlung erhob sich eine heruntergekommen und<br />
schlampig aussehende Frau, ebenso schmutzig und ungepflegt<br />
wie die restliche Gesellschaft. Früher mochte sie einmal<br />
schön gewesen sein, doch davon war nun wirklich nichts<br />
mehr zu erkennen. Alkohol und raues Leben ergeben eine<br />
schlechte Schminke.<br />
»Auf, auf!«, kommandierte diese Person, »die Kutsche<br />
wird demontiert. Das Gold dort hin zum Einschmelzen, das<br />
Holz ins Lager zum Verkauf!« Dann wandte sie sich an das<br />
neben Grete stehende Gör und rief: »Ach, Lara, du nichtsnutzige<br />
Tochter, was sollen wir denn mit einer Scheißgefangenen?<br />
Mit Lösegeld hatten wir doch noch nie Glück! Nimm<br />
ihr die Kleider ab, mach sie kalt, wirf den Kadaver in den<br />
alten Brunnen und komm zum Essen, du blödes Stück!«<br />
Nun lief es Grete wirklich eiskalt den Rücken hinunter<br />
und sie glaubte, ihr letztes Stündlein habe geschlagen. Doch<br />
ihre Möchtegern-Herrin hatte andere Pläne. »Nein, Alte«,<br />
schrie sie zurück, »die da will ich behalten, ich brauche was,<br />
womit ich spielen kann!« Und sie gab Grete einen Schubs,<br />
dass sie in den Dreck fiel. Am Boden liegend und Laras Fuß<br />
auf ihrem Nacken spürend, kam ihr eine düstere Ahnung,<br />
was dieses Mädchen unter spielen verstand. Und sie hoffte<br />
inständig, dass auch bei diesen Leuten die Speise nicht so<br />
heiß verschlungen, wie sie gekocht wird.<br />
»Von mir aus«, brummte nun die Megäre, »mach, was du<br />
willst. Aber durchfüttern musst du das Miststück schon<br />
selbst.«<br />
Lara legte Grete ein Hundehalsband um und befestigte die<br />
Leine. Dann zog sie die junge Frau hinter sich her, weiter in<br />
die Burgruine hinein, bis zu einer Kammer, die noch intakt<br />
war. Dort wies sie auf ein Bündel Felle in einer Ecke und fuhr<br />
Grete an: »Setz dich!« Dann befestigte sie die Leine an einem<br />
Wandhaken. »Damit du mir ja nicht davonläufst. Ich geh<br />
jetzt was zu essen und zu trinken holen. Wehe, du rührst dich<br />
von der Stelle.« Und sie unterstrich das Gesagte mit wildem<br />
Dolchgefuchtel. Flugs war sie verschwunden und kehrte kurz<br />
darauf zurück, in den Händen etwas in Blätter eingepacktes<br />
Dampfendes und unter dem Arm eine Flasche schweren Südweins.<br />
Das Dampfende erwies sich als Kaninchenbraten in<br />
Minzesoße, der allzu schnell verzehrt war. Von dem schweren<br />
Wein kostete Grete nur in Maßen; statt dessen ertastete sie<br />
unter ihrem Wams das Beutelchen mit den Hanfblättern und<br />
hielt es in die Höhe.<br />
»Tee oder Zigarillo?«<br />
»Oh!« Auf Laras Gesicht zeichnete sich so etwas wie Ehrfurcht<br />
ab. »So etwas haben wir nur selten. Hier im Norden<br />
wächst das Zeug nicht so dolle. Was du wohl noch so unter<br />
deiner Bluse hast?«<br />
»Langt das nicht?«, lenkte Grete spitz ab und war schon<br />
am Drehen. Kurz darauf zog süßlicher Rauch durch die<br />
Kammer und die Köpfchen wurden langsam schwer. Draußen<br />
am Lagerfeuer sangen die Räuber mehr oder we-<br />
niger melodiös, meist weniger, Lieder vom Mar-<br />
schieren, von Freiheit, Kampf und Tod. Am Him-<br />
mel stand ein Hakenmond und schaute zu.<br />
»Ich werd müde«, erklärte Lara eine Zeit<br />
lang später, »komm, lass uns schlafen gehen.«<br />
Sie löste die Hundeleine und zog Grete zu ei-<br />
ner anderen Ecke, wo sich ein Lager aus wie-<br />
chen Fellen befand. Dort befestigte sie die Leine<br />
wieder, zog sich aus bis aufs Hemdchen und be-<br />
deutete Grete, ein Gleiches zu tun. Dann schlüpf-<br />
ten die beiden unter die Felle und Lara schmieg-