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»Mr. Erickson, ich habe Sie einmal gewarnt, ich werde es<br />

kein zweites Mal tun.« Tambus Stimme war sanft, klang aber<br />

tödlich. »Versuchen Sie nicht, meine Aussagen in etwas zu<br />

verdrehen, was ich nicht gesagt habe. Wenn ich etwas sage<br />

oder eine Meinung äußere, dann dürfen Sie dies gerne kommentieren,<br />

entweder während dieses Treffens oder in Ihrem<br />

Artikel. Aber verdammen Sie mich nicht für Meinungen, die<br />

ich gar nicht vertrete. Ich habe Ihnen und Ihrer Intelligenz<br />

dadurch Respekt gezollt, dass ich Ihnen dieses Gespräch gewährt<br />

habe. Seien Sie doch so gut und zahlen mir in gleicher<br />

Weise zurück, und erinnern Sie sich an das Faktum, dass Sie<br />

hier kein Gespräch mit einem verblödeten planetarischen<br />

Bürokraten führen, und verhalten Sie sich entsprechend.«<br />

»Ja, ich werde es mir merken«, versprach der Reporter,<br />

ausreichend ermahnt. Er würde seine Fragen künftig mit<br />

größerer Vorsicht formulieren.<br />

»Das ist gut. Dennoch haben Sie einen interessanten<br />

Punkt angesprochen, nämlich das recht romantische Konzept<br />

von Helden und Schurken, guten und bösen Jungs. Es<br />

wäre amüsant, wenn ich nicht den Eindruck hätte, dass Sie<br />

diesen Schwachsinn tatsächlich glauben. Das ist der zentrale<br />

Grund, warum ich Ihnen dieses Gespräch gestattet habe. Es<br />

durchdringt all Ihre Artikel, und ich wollte jemanden treffen,<br />

der tatsächlich noch an Helden glaubt. Als Ausgleich biete ich<br />

Ihnen die Möglichkeit, einen echten Bösewicht kennenzulernen.«<br />

»Nun, eigentlich … «, begann Erickson, aber Tambu<br />

unterbrach ihn.<br />

»Es gibt keine Helden, Mr. Erickson. Es gibt auch keine<br />

bösen Unholde.« Tambus Stimme war plötzlich eiskalt. »Es<br />

MIXEDup<br />

unsere Gefühle zu maskieren. Es gibt das Böse nicht. Nie-<br />

gibt nur Menschen. Männer und Frauen, die entweder Erfolg<br />

haben oder scheitern. Wenn Sie auf Ihrer Seite sind und Erfolg<br />

haben, handelt es sich um Helden. Sind sie auf der<br />

Gegenseite, handelt es sich um Verbrecher. Es ist so einfach.<br />

Konzepte wie gut und böse sind nicht mehr als Rationalisierungen,<br />

eine künstliche Logik, um die wahren Gründe für<br />

mand wacht eines Morgens auf und sagt: ›Ich denke, ich<br />

werde heute rausgehen und etwas Schreckliches tun!‹ Ihre<br />

Aktionen sind für sie logisch und nachvollziehbar, sie erfüllen<br />

einen Zweck. Nur wenn Dinge schieflaufen, werden sie<br />

schließlich als böse bezeichnet.«<br />

»Um ehrlich zu sein, ist das für mich nur schwer zu akzeptieren«,<br />

kommentierte Erickson. Diesmal hatte er seine<br />

Herausforderung geplant, genau abgestimmt, um seinen<br />

Gesprächspartner am Reden zu halten.<br />

»Natürlich. Deswegen sind Sie ja auch hier, damit ich Sie<br />

mit einem anderen Standpunkt konfrontieren kann, den Sie<br />

nicht gewöhnt sind. Als Journalist sind Sie sicher darüber informiert,<br />

dass man mich im Verlaufe meiner Karriere mit<br />

Dschingis Khan, Cäsar, Napoleon und Hitler verglichen hat.<br />

Ich bin der Überzeugung, hätten Sie jemals einen dieser<br />

Männer interviewt, sie hätten<br />

Ihnen das Gleiche gesagt wie<br />

ich – dass es keinen Unterschied<br />

zwischen den beiden<br />

Seiten einer Schlacht gibt<br />

außer ›wir‹ und ›sie‹. Es<br />

mag nationale, religiöse,<br />

kulturelle oder militärische<br />

ROBERT ASPRIN – TAMBU – ATLANTIS VERLAG<br />

Unterschiede geben, aber der einzige Faktor, der bestimmt,<br />

wer der Held und wer der Unhold ist, hängt davon ab, auf<br />

welcher Seite man steht. Das – und wer am Ende gewinnt.«<br />

»Sie sind also der Auffassung, dass diese moralische<br />

Gleichheit der Widersacher sich auch auf die aktuelle Situation<br />

übertragen lässt?«<br />

»Vor allem auf die aktuelle Situation!«, sagte Tambu.<br />

»Nun, da sich die Menschheit davon entfernt hat, Kriege<br />

durch Blutbäder zu führen, ist es sogar viel einfacher zu erkennen.<br />

Trotz der bluttriefenden Geschichten über den<br />

Raumkrieg, die die Nachrichten und die Literatur durchziehen,<br />

kommt es eigentlich eher selten zu Gefechten. Es ist<br />

viel zu teuer in Bezug auf Ausrüstung und Besatzungen, und<br />

es ist nicht einmal nötig. Jede Flotte hat ungefähr 400<br />

Kreuzer unterschiedlicher Größe, und es gibt über 2000 bewohnte<br />

Welten. Selbst wenn man 1 Schiff pro Planet rechnet,<br />

bleiben rund 80 % der Planeten über, die nicht angeflogen<br />

werden können. Flottenmanöver von einer Welt zu anderen<br />

bedeuten auch immer, einen Planeten zeitweise allein zu<br />

lassen. Also gibt es eigentlich relativ wenige Kämpfe zwischen<br />

den beiden Flotten. Das Ziel ist es vielmehr, unbewachte<br />

Planeten anzugreifen und deren Steuern von einem Budget<br />

in das andere zu transferieren – oder mit einer ausreichenden<br />

Übermacht in ein besetztes System zu reisen,<br />

sodass die Verteidiger lieber abziehen als eine verlorene<br />

Schlacht schlagen. Es ist ein gigantisches Spiel von Bewegung<br />

und Gegenbewegung, mit sehr geringen Unterschieden<br />

zwischen den Spielern.«<br />

»Ein Stillstand«, schlug Erickson vor. »Aber es gab eine<br />

Zeit, in der die Verteidigungsallianz deutlich schwächer war<br />

No. 2 • Mai 2009 andromeda extended magazine www.sfcd.eu • p. 18

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