Wir bleiben draußen!
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Schulantragsrecht<br />
22<br />
terre der hommes<br />
bei der Inanspruchnahme zusätzlicher außerschulischer<br />
Fördermaßnahmen, wie der Besuch<br />
eines Tagesinternats, der Teilnahme an Nachhilfeunterricht,<br />
einer Internatsunterbringung, sowie<br />
bei Maßnahmen im Zusammenhang mit unregelmäßigem<br />
Schulbesuch. 55 Aus der Handreichung<br />
geht nicht explizit hervor, welcher Art die Nachteile<br />
sein sollen; insofern kann nur vermutet werden,<br />
dass die genannten außerschulischen Fördermaßnahmen<br />
nur eingeschränkt von Schulbesuchsberechtigten<br />
genutzt werden können;<br />
bezüglich der Maßnahmen zur Durchsetzung des<br />
Schulbesuches ist jedoch klar, dass bei Kindern,<br />
die nur das Schulantragsrecht wahrnehmen,<br />
nicht auf die Ordnungsmaßnahmen des SchulpflG<br />
(Zwangszuführung und Bußgeld §§ 19, 20<br />
SchlPflG) in NRW zurückgegriffen werden kann.<br />
Für den Schulamtsbereich Rhein-Kreis Neuss<br />
besteht eine Rundverfügung vom 11.12.2003<br />
»Kinder von Asylbewerbern« für die Schulen, in<br />
der seitens des Schulamts darauf hingewiesen<br />
wird, dass Kinder von Asylbewerbern nur dann<br />
schulpflichtig sind, wenn auf Grund der Feststellung<br />
der zuständigen Ausländerbehörde von<br />
einem nicht nur begrenzten Aufenthalt in NRW<br />
ausgegangen werden kann. Die Ausländerbehörde<br />
entscheidet somit de facto über das Bestehen<br />
der Schulpflicht. Des weiteren besteht, laut Runderlass,<br />
keine Verpflichtung, schulberechtigte<br />
jedoch schulunwillige Schüler zu beschulen.<br />
Wenn eine weitere Beschulung nicht weiter vorgenommen<br />
wird, soll dies jedoch durch ein Formular<br />
dokumentiert werden, das festhält, dass der<br />
Schulunwillige ausdrücklich auf das Bildungsangebot<br />
verzichtet. Kommt es somit zu Problemen<br />
mit sozial schwierigen Kindern, kann unter Hinweis<br />
auf die nicht vorhandene Schulpflicht die<br />
Beschulung seitens der Schule ohne weiteres<br />
beendet werden.<br />
Ein solcher Fall ist auch aus Rheinland-Pfalz<br />
bekannt: Ein sozial schwieriges Kind wurde dort<br />
mit dem Hinweis, dass Kinder von Asylbewerbern<br />
nicht der Schulpflicht unterlägen, von der<br />
Grundschule verwiesen. Erst nachdem Beschwerde<br />
bei der Schulverwaltung (Bezirksregierung)<br />
eingelegt worden war – das Kind hatte Abschiebungsschutz<br />
nach § 51 AuslG und damit eine<br />
Aufenthaltsbefugnis – wurde das Kind wieder in<br />
der Schule aufgenommen. 56<br />
Im Saarland können Kinder von sich im Asylverfahren<br />
befindenden Ausländern auf Wunsch<br />
der Asylbewerber aus humanitären Gründen in<br />
die Schule aufgenommen werden. Dies richtet<br />
sich jedoch nach den Verhältnissen des Einzelfalls,<br />
d. h. insbesondere nach den räumlichen und<br />
personellen Kapazitäten der in Betracht kommenden<br />
Schulen (vgl. Ziffer II Nr. 2 Erlass<br />
1987). 57 Da diese Kinder nur ein Schulantragsrecht<br />
besitzen, könnte man daraus schließen,<br />
dass grundsätzlich bei Kapazitätsproblemen im<br />
Saarland keine Beschulung eines solchen Kindes<br />
vorgenommen werden muss, somit schulpflichtigen<br />
Kindern und Jugendlichen im Zweifel ein<br />
Vorrecht eingeräumt wird. Nochmals ist darauf<br />
hinzuweisen, dass kurzfristig geduldete Kinder im<br />
Saarland nicht einmal ein Schulrecht haben, und<br />
somit aus rechtlicher Sicht keine Möglichkeit, die<br />
Schule zu besuchen.<br />
Aus einem Rundschreiben (Verwaltungsvorschrift)<br />
des Thüringischen Kultusministeriums an<br />
die staatlichen Schulämter aus dem Jahre 1995<br />
geht hervor, dass bei denjenigen Kindern und<br />
Jugendlichen von Asylbewerbern, bei denen kein<br />
»gewöhnlicher Aufenthalt« angenommen wird,<br />
aus humanitären Gründen eine schulische<br />
Betreuung durchgeführt werden kann, sofern<br />
diese von den Eltern gewünscht wird (Schulantragsrecht);<br />
dies jedoch nur dann, wenn sie nach<br />
den Verhältnissen durchgeführt werden kann.<br />
Die Teilnahme am Unterricht ist freiwillig.<br />
Erscheinen diese Kinder und Jugendlichen nicht<br />
zum Unterricht, sollen keine besonderen Maßnahmen<br />
eingeleitet werden. 58<br />
Das Schulantragsrecht ist freiwillig und gerade<br />
nicht verpflichtend. Dadurch besteht die erhöhte<br />
Möglichkeit eines unregelmäßigen Schulbesuchs,<br />
was schul- und klassenintern zu Problemen führt,<br />
weil es den übrigen Kindern schwer zu vermitteln<br />
ist, warum sie regelmäßig zur Schule kommen<br />
müssen und die Schulantrags-Kinder nicht. 59 Ein<br />
unregelmäßiger Schulbesuch führt oft in letzter<br />
Konsequenz zur Beendigung der Beschulung,<br />
weil der organisatorische Ablauf unzumutbar<br />
gestört und der pädagogische Erfolg bei den<br />
»Pflichtkindern« beeinträchtigt würde. 60<br />
Überwiegend wird auch die Ansicht vertreten,<br />
dass ein Schulbesuch von schulbesuchsberechtigten<br />
Kindern in letzter Konsequenz nicht mit<br />
Zwangsmitteln (Bußgelder, Zwangszuführung<br />
zur Schule etc.) durchgesetzt werden kann, weil<br />
die Kinder und Jugendlichen auf freiwilliger Basis<br />
und nicht verpflichtend beschult werden. In<br />
Baden-Württemberg wird dies – zu Recht – auf<br />
Grund von § 72 III 2 SchulG-B-W anders beurteilt,<br />
weil hiernach auch die nicht schulpflichtigen<br />
Kinder nach dem Eintritt in die Schule den<br />
schulpflichtigen Kindern gleich gestellt werden.<br />
Dennoch haben die schulbesuchsberechtigten<br />
Kinder nur den Status eines »Gastschülers«, so<br />
dass z. B. im Falle eines Schulausschlusses,<br />
wegen der weniger gefestigten Rechtsposition im<br />
Einzelfall geringere Anforderungen an ein Fehlverhalten<br />
gestellt werden können. 61<br />
Kommen die schulbesuchsberechtigten Kinder<br />
unregelmäßig zur Schule, werden teilweise die<br />
Maßnahmen eingeleitet, die auch bei schulpflichtigen<br />
Kindern zunächst angestrengt werden: Die<br />
Erziehungsberechtigten werden angeschrieben