Wir bleiben draußen!
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Gesetzesvorschlag<br />
26<br />
nicht eine zweite Ausländerbehörde.<br />
1.6.3. Verfassungsrechtlicher Ausblick<br />
Bildung und Erziehung, insbesondere durch das<br />
Schulwesen, ist internationales Menschenrecht<br />
geworden und unerlässliche Voraussetzung, um<br />
in den modernen Gesellschaften des 21. Jahrhunderts<br />
bestehen zu können. Die Entwicklung hin<br />
zur Wissensgesellschaft ist in vollem Gange, so<br />
dass in sämtlichen Bereichen des gesellschaftlichen<br />
Lebens eine gesicherte Existenz ohne eine<br />
entsprechende Schulbildung nicht gewährleistet<br />
werden kann. 80 Ist eine grundlegende Schulbildung<br />
nicht gegeben, erschwert dies auf unabsehbare<br />
Zeit dem einzelnen Grundrechtsträger die<br />
freie Entfaltung seiner Persönlichkeit. Dieses<br />
Recht steht jedem Menschen zu.<br />
Vor diesem Hintergrund erscheint es fraglich,<br />
ob die Konkretisierung eines Rechts auf Bildung<br />
allein dem Landesgesetzgeber überlassen <strong>bleiben</strong><br />
soll. Ähnliches gilt für die Begrenzung der Schulpflicht<br />
auf bestimmte Personengruppen. Die<br />
Schulpflicht ist immer noch Garant für die<br />
Umsetzung eines – wie auch immer gearteten –<br />
Rechts auf Bildung.<br />
Das Recht auf Bildung sollte als soziales<br />
Grundrecht der Verfassung zu entnehmen sein<br />
und somit als umfassendes Recht von Verfassungsrang<br />
in den Grundrechte-Katalog mit aufgenommen<br />
werden. Zumindest sollte aber unter<br />
Berücksichtigung der modernen gesellschaftlichen<br />
Entwicklungen ein umfassendes Recht auf<br />
Bildung dem bestehenden Grundgesetz entnommen<br />
werden können, wie dies vereinzelt schon<br />
vertreten wird. 81<br />
1.7. Gesetzesvorschlag<br />
terre der hommes<br />
So gut gelungen die konkrete gesetzliche Regelung<br />
der Schulpflicht von Flüchtlingen in Bayern<br />
aus juristischer Sicht ist, könnte man die Problematik<br />
der Schulpflicht ausländischer Kinder und<br />
Jugendlicher mit Flüchtlingsstatus einfacher<br />
lösen:<br />
»Ausländische Kinder und Jugendliche im<br />
schulpflichtigen Alter unterliegen der Schulpflicht.<br />
Die Schulpflicht beginnt mit der Zuweisung<br />
in eine Gebietskörperschaft, spätestens<br />
jedoch mit dem Ablauf von drei Monaten seit<br />
der Einreise in die Bundesrepublik Deutschland.<br />
Die Schulpflicht endet mit der Erfüllung<br />
der Vollzeitschulpflicht oder mit der dauerhaften<br />
Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland.«<br />
Die Drei-Monatsfrist für den Beginn der Schulpflicht<br />
berücksichtigt die Tatsache, dass viele<br />
Flüchtlinge erst einer Gebietskörperschaft zugewiesen<br />
werden müssen, nachdem sie in der ZAST<br />
aufgenommen worden sind. Findet die Zuweisung<br />
zu einem früheren Zeitpunkt statt, unterliegt<br />
die betreffende Person unmittelbar der Schulpflicht.<br />
Für alle anderen ausländischen Kinder<br />
und Jugendlichen beginnt die Schulpflicht spätestens<br />
nach drei Monaten. So <strong>bleiben</strong> kurzfristige<br />
Aufenthalte in Deutschland außer Betracht. Der<br />
Aufenthaltsstatus spielt bei diesem Gesetzesvorschlag<br />
keine Rolle. Ausländerrechtliche Maßnahmen<br />
(Abschiebung etc.) <strong>bleiben</strong> ohnehin<br />
unberührt, weil es sich beim Ausländergesetz um<br />
ein Bundesgesetz handelt, das Vorrang gegenüber<br />
dem Landesrecht (Schulgesetz) hat (vgl. Art. 31<br />
GG).<br />
Wünschenswert wäre, dass ausländerrechtliche<br />
Maßnahmen der Abschiebung bis zum Ende<br />
eines laufenden Schuljahrs ausgesetzt werden, es<br />
sei denn, dass die Interessen der Bundesrepublik<br />
Deutschland erheblich gefährdet wären. Gleiches<br />
sollte für Flüchtlinge gelten, die kurz davor sind,<br />
einen Schulabschluss zu erwerben, was bisher<br />
kein rechtlich relevantes Abschiebungshindernis<br />
im Sinne des Ausländerrechts darstellt. Damit<br />
würde man den grundsätzlichen Konflikt zwischen<br />
einer auf Integration angelegten Schulgesetzgebung<br />
und dem bestehenden Ausländerrecht<br />
zumindest für laufende Schuljahre zu Gunsten<br />
des Kindeswohls entschärfen. Will man die sogenannte<br />
Gruppe der »Illegalen« (Menschen ohne<br />
jeglichen Aufenthaltsstatus im Sinne des Ausländerrechts)<br />
aus der Schulpflicht herausnehmen,<br />
kann man dies ausdrücklich kodifizieren, oder<br />
belässt es auch bei einer bestehenden Schulpflicht<br />
für diese Kinder und Jugendlichen.<br />
Der verpflichtende Schulbesuch unabhängig<br />
vom ausländerrechtlichen Status sollte ermöglicht<br />
werden, wobei die zuständigen Schulbehörden<br />
und Schulen unabhängig auf die Verwirklichung<br />
dieses Rechts eines jeden jungen Menschen<br />
hinwirken können sollten. Eine Meldepflicht<br />
– bei positiver Kenntnis der »Illegalität«<br />
eines ausländischen Schülers – an die Ausländerbehörden<br />
gem. § 76 II AuslG (zukünftig § 87 II<br />
Nr. 1 AufenthG) kann nicht Aufgabe der Schule<br />
sein.<br />
Es wäre demnach eine einfache gesetzliche<br />
Regelung unabhängig vom ausländerrechtlichen<br />
Status möglich und im Sinne des Kindeswohls<br />
wünschenswert.