Wir bleiben draußen!
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Baden-Württemberg<br />
30<br />
terre der hommes<br />
des Gesetzes die bis 13-Jährigen (vgl. § 1 II<br />
Jugendgerichtsgesetz (JGG)).<br />
Arbeits- oder Ausbildungsstätte:<br />
Beim Tatbestandsmerkmal »Arbeits- oder Ausbildungsstätte«<br />
des § 72 I 1 SchG ist regelmäßig darauf<br />
abzustellen, ob ein Arbeits- oder Ausbildungsvertrag<br />
vorliegt. Dies setzt für nicht EU-Ausländer<br />
eine Arbeits- bzw. Ausbildungserlaubnis voraus,<br />
die dementsprechend von dem Arbeitgeber<br />
vor Abschluss des Arbeits- oder Ausbildungsvertrages<br />
verlangt werden muss. Liegt ein Arbeitsoder<br />
Ausbildungsvertrag nicht vor, ist eine Schulpflicht<br />
des Ausländers unter diesem Gesichtspunkt<br />
zu verneinen.<br />
Für Jugendliche hängt die Schulpflicht somit<br />
maßgeblich davon ab, ob seitens der zuständigen<br />
Arbeitsbehörde eine Arbeitsgenehmigung erteilt<br />
worden ist (ergo ein rechtmäßiger Arbeitsvertrag<br />
mit einem potentiellen Arbeitgeber geschlossen<br />
werden kann) bzw., ob ein rechtmäßiger Ausbildungsvertrag<br />
mit einem Ausbildungsbetrieb<br />
geschlossen wurde. 92<br />
Wohnsitz:<br />
Der Wohnsitz ist der Ort, an dem sich eine Person<br />
ständig niederlässt, an dem sich also der räumliche<br />
Schwerpunkt der Lebensverhältnisse einer<br />
Person befindet. Der Wohnsitz ist nicht identisch<br />
mit der Wohnung, sondern ist die kleinste örtliche<br />
Verwaltungseinheit (in der Regel die Gemeinde),<br />
zu der die Wohnung gehört. Der Wohnsitz<br />
kann gleichzeitig an mehreren Orten bestehen<br />
(vgl. § 7 BGB). Der Wohnsitz des minderjährigen<br />
Kindes richtet sich nach dem Wohnsitz der Eltern<br />
(vgl. § 11 BGB).<br />
Flüchtlinge werden sich in Deutschland in der<br />
Regel zunächst nicht ständig niederlassen. Dies<br />
ist schon in der Tatsache begründet, dass diese<br />
Menschen nur bis zur Ausräumung des Fluchtgrundes<br />
in ihrem Heimatland in Deutschland verweilen<br />
können. Der vorübergehende Charakter<br />
des Aufenthalts dieser Menschen im Bundesgebiet<br />
schließt damit regelmäßig aus, dass (auch bei<br />
längerem Aufenthalt) von einem Wohnsitz des<br />
Flüchtlings ausgegangen werden kann.<br />
Gewöhnlicher Aufenthalt:<br />
Eine Person ist schulpflichtig, wenn sie ihren<br />
»gewöhnlichen Aufenthalt« in Baden-Württemberg<br />
hat. Das sind diejenigen Personen, die –<br />
ohne sich ständig niederlassen zu wollen – für<br />
längere Zeit in Baden-Württemberg wohnen. In<br />
Baden-Württemberg wird der »gewöhnliche Aufenthalt«<br />
durch ein tatsächliches längeres Verweilen<br />
begründet, 93 und für Flüchtlingskinder mit<br />
Aufenthaltsgestattung oder kurzfristiger Duldung<br />
verneint. Dabei wird Sinn und Zweck der Schulgesetzgebung<br />
gänzlich außer Acht gelassen.<br />
Definitionsvorschlag:<br />
Entscheidend ist für den unbestimmten Rechtsbegriff<br />
des »gewöhnlichen Aufenthalts« im schulrechtlichen<br />
Sinne, ob der Lebens- und Daseinsmittelpunkt<br />
des Menschen sich im jeweiligen<br />
Bundesland befindet und, ob unter besonderer<br />
Berücksichtigung des Kindeswohls und des<br />
Rechts auf Bildung und Erziehung, eine Beschulung<br />
für einen sinnvollen Zeitraum möglich<br />
erscheint.<br />
Sonstige Gesetze, Rechts- und Verwaltungsvorschriften<br />
zur Konkretisierung der Schulpflicht<br />
von Ausländern in Baden-Württemberg<br />
Verwaltungsvorschrift vom 21. November 2000:<br />
Unterricht für ausländische Schüler an den allgemein<br />
bildenden und beruflichen Schulen in<br />
Baden-Württemberg: Aus der genannten Verwaltungsvorschrift<br />
(VV) geht hervor, dass es Richtschnur<br />
im Bildungsbereich ist, die volle schulische<br />
Integration der ausländischen Kinder und<br />
Jugendlichen zu erreichen.<br />
Dabei wird in Ziffer I 1.1 VV klargestellt, dass<br />
sich die Schulpflicht aus § 72 I 1 SchG auch auf<br />
ausländische Kinder und Jugendliche bezieht.<br />
Dabei ist vorrangiges Ziel der schulischen Förderung,<br />
Kinder und Jugendliche frühzeitig und vollständig<br />
in die Klassen der verschiedenen Schularten<br />
einzugliedern und dadurch die Voraussetzungen<br />
für einen Schulabschluss zu schaffen. Es soll<br />
die Verbindung zur Sprache und Kultur des Herkunftslandes<br />
gewahrt und auch die Rückkehrmöglichkeit<br />
offengehalten werden. Da der VV<br />
nichts Gegenteiliges zu entnehmen ist, insbesondere<br />
an keiner Stelle Ausnahmetatbestände<br />
geschaffen worden sind und darüber hinaus die<br />
obigen Zielvorstellungen formuliert worden sind,<br />
findet die VV auch auf Flüchtlingskinder Anwendung,<br />
ungeachtet ihrer ausländerrechtlichen Einordnung.<br />
Umfassend wird auf Klassenbildung, Zeugnisse<br />
und Leistungsbeurteilung, Hausaufgaben, die<br />
Arbeit mit den Eltern ausländischer Kinder und<br />
Jugendlicher eingegangen – insgesamt eine vorbildliche<br />
Regelung.<br />
Der Vollständigkeit halber soll hier die Verwaltungsvorschrift<br />
»Unterricht für ausgesiedelte<br />
Schüler an den allgemein bildenden und beruflichen<br />
Schulen vom 28.08.1997« nur erwähnt<br />
werden. Sie befasst sich mit der inhaltlichen Ausgestaltung<br />
der Schulpflicht für Aussiedler-Kinder.<br />
Einschränkungen durch das Ministerium für<br />
Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg<br />
Nach Rücksprache mit dem Ministerium am<br />
16.01.2004 wurde erklärt, dass Kinder von Asylbewerbern<br />
oder Asylbewerber während des<br />
gesamten laufenden Verfahrens nicht schulpflichtig<br />
im Sinne von § 72 I SchG sind, es sei denn,