Wir bleiben draußen!
Wir bleiben draußen!
Wir bleiben draußen!
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Bayern<br />
34<br />
terre der hommes<br />
der Abschiebung bezieht sich Art. 35 I 2 Nr. 4<br />
BayEUG. Die Androhung der Abschiebung ist ein<br />
selbstständig anfechtbarer Verwaltungsakt, der<br />
als selbstständiger Teil des Vollstreckungsverfahrens<br />
(Abschiebungsverfahren) von der Ausreisepflicht<br />
zu unterscheiden ist.<br />
Laienhaft formuliert, kann man sagen, dass<br />
selbstständig gegen die Androhung der Abschiebung<br />
rechtlich vorgegangen werden kann. Die<br />
vollziehbare Ausreisepflicht bleibt hiervon allerdings<br />
unberührt. Dies geschieht in der Praxis oftmals,<br />
um Zeit zu gewinnen durch das laufende<br />
gerichtliche Verfahren, weil erst abgeschoben<br />
werden kann, wenn eine ordnungsgemäße<br />
Androhung besteht.<br />
Sinn und Zweck der Regelung des Art. 35 I 2<br />
Nr. 4 BayEUG ist es, sicherzustellen, dass weiterhin<br />
Schulpflicht von Ausländerkindern besteht,<br />
wenn ein solches Verfahren, das sich nur gegen<br />
die Androhung der Abschiebung wendet, durchgeführt<br />
wird. Dieses kann unter Umständen mehrere<br />
Monate andauern, so dass es durchaus im<br />
Sinne der Flüchtlinge ist, während dieses Zeitraums<br />
weiterhin schulpflichtig zu sein.<br />
Eine Abschiebungsandrohung ist noch nicht<br />
vollziehbar (Fall des Art. 34 I 2 Nr. 4 2. Halbs. 1.<br />
Alt. BayEUG), wenn gegen sie im Rahmen der<br />
Rechtsmittelfristen vorgegangen wird bzw. diese<br />
noch nicht abgelaufen sind (Widerspruch,<br />
Anfechtungsklage, einstweiliger Rechtsschutz,<br />
grundsätzlich 1 Monat ab Zustellung der Androhung).<br />
Eine Abschiebungsandrohung ist nicht mehr<br />
vollziehbar (Fall des Art. 34 I 2 Nr. 4 2. Halbs. 2.<br />
Alt. BayEUG), wenn beispielsweise die zuständige<br />
Behörde die Androhung zurückgenommen<br />
oder widerrufen hat oder die Androhung von<br />
einem Verwaltungsgericht nach Klageerhebung<br />
aufgehoben wurde. Auch diese Kinder sind weiterhin<br />
schulpflichtig, auch wenn sie eigentlich<br />
ausreisepflichtig sind. Flüchtlinge sind demnach<br />
so lange schulpflichtig, bis sie freiwillig ausreisen<br />
oder rechtmäßig (nach rechtmäßiger, vollziehbarer<br />
Androhung) ausgewiesen werden.<br />
Von dieser Regelung werden grundsätzlich<br />
auch Kinder erfasst, die sich illegal im Staatsgebiet<br />
aufhalten und illegal eingereist sind. Dabei<br />
stellt sich natürlich die Frage, wie die Behörden<br />
reagieren, wenn sie in Erfahrung bringen, dass<br />
sich ein Schulpflichtiger illegal in Deutschland<br />
aufhält, also vollziehbar ausreisepflichtig im<br />
Sinne von § 42 II AuslG ist. Gem. § 76 II Nr. 1<br />
AuslG (zukünftig § 87 II Nr. 1 AufenthG) haben<br />
öffentliche Stellen die zuständige Ausländerbehörde<br />
unverzüglich zu unterrichten, wenn sie<br />
Kenntnis erlangen von dem Aufenthalt eines Ausländers,<br />
der weder die erforderliche Aufenthaltsgenehmigung<br />
noch eine Duldung besitzt. Dabei<br />
ist die zuständige Schulbehörde oder Schule bzw.<br />
deren Schulleiter als öffentliche Stelle im vorgenannten<br />
Sinne zu qualifizieren. Eine Nachforschungspflicht<br />
besteht nach § 76 II Nr. 1 AuslG<br />
wohl nicht; bei positiver Kenntnis der Schule,<br />
dass ein Schüler sich illegal in Deutschland aufhält,<br />
besteht jedoch sicherlich eine Mitteilungspflicht<br />
der Schulbehörden an die Ausländerbehörden.<br />
Bis zur Ausreise oder Abschiebung<br />
sind diese Kinder jedoch vom Grundsatz her<br />
schulpflichtig im Sinne des § 35 I 2 BayEUG.<br />
Kinder von Personen mit Rechtsstatus aus<br />
Art. 35 I 2 Nr. 1-4 BayEUG: Aus Art. 35 I 2 Bay-<br />
EUG ergibt sich, dass die Schulpflicht eines Kindes<br />
unabhängig davon beginnt, ob das Kind selbst<br />
oder ein Erziehungsberechtigter in Deutschland<br />
die Voraussetzungen des Art. 35 I 2 Nr. 1-4 Bay-<br />
EUG erfüllt. Es ist demnach unerheblich, ob z. B.<br />
das Flüchtlingskind in eigener Person einen<br />
Antrag auf Asyl gestellt hat oder nur der Vater, ob<br />
das Kind die Duldung besitzt oder die Mutter.<br />
Gesetzesbegründung des Bayerischen Landtags:<br />
Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen<br />
Asylbewerberkinder sowie Kinder von<br />
sonstigen ausländischen Flüchtlingen in Bayern<br />
schulpflichtig sind, war bislang nur teilweise<br />
rechtlich geklärt. 101 Dies geht aus der Begründung<br />
zur Gesetzesänderung des Bayerischen Landtages<br />
bezüglich der Einführung des Art. 35 I BayEUG<br />
hervor. Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die Schulpflicht<br />
von Asylbewerberkindern und von Kindern<br />
sonstiger ausländischer Flüchtlinge auf eine<br />
eindeutige gesetzliche Grundlage zu stellen.<br />
Bemerkung:<br />
Es ist zu berücksichtigen, dass Art. 35 I 2 Nr. 1-4<br />
BayEUG an das zukünftige Aufenthaltsgesetz<br />
angepasst werden muss. Die Duldung wird durch<br />
§ 60 a AufenthG ab 2005 ersetzt werden. Gleiches<br />
gilt für die verschiedenen Formen der Aufenthaltsgenehmigung<br />
des AuslG. Diese werden<br />
durch § 7 und 9 AufenthG ersetzt werden, so dass<br />
eine Anpassung der bestehenden schulgesetzlichen<br />
Regelung in Bayern vorgenommen werden<br />
muss.<br />
Zahlen:<br />
In Bayern hielten sich nach Angaben des Ausländerzentralregisters<br />
am 31.12.2004 17.283 Flüchtlinge<br />
im Alter zwischen 6 und 17 Jahren auf.<br />
Davon befanden sich 1.702 im Asylerstverfahren.<br />
3.175 waren ausländrechtlich geduldet. 102<br />
Ergebnis:<br />
In Bayern besteht eine umfassende Rechtsgrundlage<br />
für die Schulpflicht von Flüchtlingen.