Wir bleiben draußen!
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Einleitung<br />
Schulpflicht für Flüchtlingskinder ist geboten<br />
Bildung ist in Deutschland Sache der Länder. Das<br />
bedeutet: Es gibt 16 Schulgesetze, eine Vielzahl<br />
von Verwaltungsvorschriften, die der rechtlichen<br />
Konkretisierung der Schulpflicht bzw. des Schulrechts<br />
von Ausländern dienen, sowie 16 unterschiedliche<br />
Konzepte, wie mit Flüchtlingen<br />
während ihres Aufenthalts im jeweiligen Bundesland<br />
in Bezug auf den Schulbesuch umgegangen<br />
werden soll. Dies alles führt zu einer unübersichtlichen<br />
Gemengelage, die es erfordert, jedes Bundesland<br />
für sich zu betrachten und mit den<br />
zuständigen Behörden in Kontakt zu treten, um<br />
die bestehende rechtliche Situation bezüglich des<br />
Schulbesuchs von Flüchtlingen aufklären zu können.<br />
Diese Abhandlung soll Licht ins Dunkle bringen<br />
und darüber Aufschluss geben, ob in den einzelnen<br />
Bundesländern für Menschen mit »unsicherem<br />
Aufenthaltsstatus« die allgemeine Schulpflicht<br />
besteht oder dieser Personengruppe nur<br />
ein Schulantrags-/Schulbesuchsrecht eingeräumt<br />
wird. Darüber hinaus wird aufgezeigt werden,<br />
dass das Schulbesuchsrecht gegenüber der allgemeinen<br />
Schulpflicht signifikante Nachteile aufweist<br />
und mit dem Gleichheitsgrundsatz des<br />
Grundgesetzes nicht im Einklang steht. Die Einführung<br />
der allgemeinen Schulpflicht erscheint<br />
daher auch für diese Menschen geboten.<br />
In diesem Zusammenhang spielen die Aufenthaltstitel<br />
des Ausländerrechts für die Annahme<br />
der allgemeinen Schulpflicht oder eines bloßen<br />
Schulantrags-/Schulbesuchsrechts eine entscheidende<br />
Rolle bei der behördlichen Praxis. Mit In-<br />
Kraft-Treten des neuen Aufenthaltsgesetzes zum<br />
01.01.2005 haben sich einige Aufenthaltstitel<br />
geändert: Die »Aufenthaltsgenehmigung« in<br />
ihren verschiedenen Ausprägungen des Ausländergesetzes<br />
wird durch die Niederlassungserlaubnis<br />
oder Aufenthaltserlaubnis §§ 7, 9 AufenthG<br />
ersetzt. Die Personengruppe mit erteilter Aufenthaltsgenehmigung<br />
(sicherem Aufenthaltsstatus)<br />
war allerdings sowieso in allen 16 Bundesländern<br />
schulpflichtig im Sinne des jeweiligen Schulgesetzes.<br />
In dieser Betrachtung geht es um Flüchtlinge<br />
mit unsicherem Aufenthaltsstatus, also Asylbewerber<br />
(Aufenthaltsgestattung) und geduldete<br />
Personen, deren Rechtslage nahezu identisch<br />
auch im Jahre 2005 bestehen <strong>bleiben</strong> wird: Die<br />
»Instrumente« der Duldung (§ 60a AufenthG)<br />
und der Aufenthaltsgestattung (§ 55 AsylVfG)<br />
<strong>bleiben</strong> erhalten. Leichte Unterschiede werden<br />
sich nur im Rahmen der Duldung ergeben. Personen,<br />
die länger als 18 Monate in der Bundesrepublik<br />
Deutschland auf Grund einer Duldung verweilen,<br />
soll (muss aber nicht) unter bestimmten<br />
Voraussetzungen eine Aufenthaltserlaubnis nach<br />
dem zukünftigen § 7 AufenthG erteilt werden.<br />
Der Aufenthalt dieser Menschen soll somit legalisiert<br />
werden, um die in ständiger Verwaltungspraxis<br />
der Ausländerbehörden oft über Jahre hinweg<br />
durchgeführten »Kettenduldungen« zu vermeiden.<br />
Praktische Auswirkungen für die Schulpflicht<br />
von Flüchtlingskindern kann dieser Sachverhalt<br />
in zwei Bundesländern haben (Hessen und Sachsen),<br />
die nach bestehender Rechtslage selbst bei<br />
einer längerfristigen Duldung keine Schulpflicht<br />
annehmen. Die Neuerung des § 25 V AufenthG<br />
kann in Hessen und Sachsen zu der paradoxen<br />
Situation führen, dass 18 Monate geduldete Personen<br />
zunächst nicht schulpflichtig sind, aber<br />
Synopse: Ausländergesetz und das ab 01.01.2005 gültige<br />
Aufenthaltsgesetz<br />
AuslG bis 31.12.2004 AufenthG 01.01.2005<br />
(Oberbegriff im AuslR: Aufenthaltsgenehmigung)<br />
Aufenthaltsberechtigung<br />
Niederlassungserlaubnis<br />
(§ 27 AuslG) (§ 9 AufenthG)<br />
Unbefristete<br />
Aufenthaltserlaubnis<br />
Niederlassungserlaubnis<br />
(§ 15 AuslG) (§ 9 AufenthG)<br />
Alle anderen<br />
Aufenthaltstitel:<br />
- befristete Aufenthaltserlaubnis<br />
(§ 15 AuslG)<br />
- Aufenthaltsbewilligung (§ 28 AuslG)<br />
- Aufenthaltsbefugnis (§ 30 AuslG)<br />
Aufenthaltserlaubnis<br />
(§ 7 AufenthG)<br />
Duldung<br />
Duldung<br />
(§§ 55, 56 AuslG) (§ 60a AufthG)<br />
Zur Duldung ist anzumerken, dass nunmehr Personen, die länger als<br />
18 Monate in der Bundesrepublik Deutschland geduldet sind, unter<br />
den Voraussetzungen des § 25 V S. 2, 3, 4 AufenthG eine Aufenthaltserlaubnis<br />
erteilt werden soll. Diese wird aber nur dann erteilt,<br />
wenn der Ausländer unverschuldet seiner an sich bestehenden Ausreisepflicht<br />
nicht nachkommen kann. Zur Erklärung der Rechtsnatur<br />
der Duldung wird auf den »Exkurs Ausländerrecht / Zuwanderungsrecht«<br />
auf Seite 10 verwiesen.<br />
Die Aufenthaltsgestattung nach § 55 AsylVfG, die während eines<br />
laufenden Asylverfahrens erteilt wird, bleibt bestehen.<br />
7<br />
terre der hommes