Wir bleiben draußen!
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Anhang<br />
Das Recht auf Bildung und Erziehung<br />
Ausgangspunkt für die Umsetzung<br />
genereller Schulpflicht von Flüchtlingen<br />
in den einzelnen Bundesländern<br />
ist das Recht auf Bildung und Erziehung<br />
eines jeden jungen Menschen<br />
ungeachtet seines Geschlechts, seiner<br />
Abstammung, seiner Rasse, seiner<br />
Sprache, seiner Heimat und Herkunft,<br />
seines Glaubens, seiner religiösen oder<br />
politischen Anschauung. Das Recht<br />
auf Bildung und Erziehung findet in<br />
unterschiedlicher Ausprägung seinen<br />
Ursprung in verschiedenen europaund<br />
völkerrechtlichen sowie nationalen<br />
Rechtsquellen, die im Folgenden<br />
dargestellt werden sollen.<br />
1. Europa- und völkerrechtliche<br />
Rechtsquellen<br />
Die allgemeine Erklärung der Menschenrechte<br />
(AEMR) von 1948 (Art.<br />
26): In Art. 26 AEMR wird das Recht<br />
auf Bildung bereits 1948 als soziales<br />
Grundrecht von der Völkergemeinschaft<br />
festgeschrieben. Bildung soll<br />
zumindest im Grundschulbereich und<br />
im Rahmen der grundlegenden Bildung<br />
unentgeltlich jedem Menschen<br />
zur Verfügung stehen. Dabei muss die<br />
Bildung auf die volle Entfaltung der<br />
menschlichen Persönlichkeit gerichtet<br />
sein und die Stärkung der Achtung der<br />
Menschenrechte und Grundfreiheiten<br />
beinhalten. Ein dem entsprechender<br />
Unterricht wird für obligatorisch<br />
erklärt. 158<br />
Das Übereinkommen über die Diskriminierung<br />
im Unterrichtswesen<br />
15.12.1960 (ÜDU): Ziel des ÜDU ist<br />
es, in der gesamten Welt gleiche Bildungsmöglichkeiten<br />
für alle sicherzustellen<br />
(vgl. Präambel ÜDU). In Art. 4<br />
a) ÜDU verpflichten sich die Vertragsstaaten,<br />
die Schulpflicht und Schulgeldfreiheit<br />
zumindest für den Volksschulbereich<br />
(Grundschulbereich) einzuführen.<br />
Dabei soll gerade auch die<br />
Bildung derjenigen Personen besonders<br />
gefördert werden, die keine<br />
Grundschulausbildung genossen<br />
haben (Art. 4 c) ÜDU). In Art. 3 e)<br />
wird die Staatenverpflichtung übernommen,<br />
ausländischen Staatsangehörigen,<br />
die im Hoheitsgebiet des<br />
jeweiligen Staates ansässig sind, denselben<br />
Zugang zum Unterricht zu<br />
gewähren wie ihren eigenen Staatsangehörigen.<br />
Der Internationale Pakt über die<br />
wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen<br />
Rechte (IPwskR) von 1966<br />
(Art. 13): 1966 wurde der IPwskR von<br />
den Vereinten Nationen verabschiedet.<br />
In Art. 13 IPwskR erkennen die Vertragsstaaten<br />
das Recht auf Bildung<br />
eines jeden Menschen an. Die Bildung<br />
soll auf die volle Entfaltung der Persönlichkeit<br />
gerichtet sein und wiederum<br />
die Achtung der Menschenrechte<br />
und Grundfreiheiten vermitteln. Im<br />
Hinblick auf die umfassende Verwirklichung<br />
dieses Rechts muss der Besuch<br />
der Grundschule für jedermann unentgeltlich<br />
und als Pflicht ausgestaltet<br />
sein. Dabei soll die grundlegende Bildung<br />
von Menschen, die eine Grundschule<br />
nicht besucht oder beendet<br />
haben, soweit wie möglich gefördert<br />
werden.<br />
Der Pakt ist zwar nicht »self-executing«<br />
und gewährt daher für den Einzelnen<br />
keine unmittelbaren Rechte; 159<br />
die Staaten verpflichten sich jedoch<br />
zur Umsetzung und Ausgestaltung der<br />
im Pakt enthaltenen Rechte, wobei<br />
dies durch die »Ausschöpfung aller<br />
staatlichen Möglichkeiten« begrenzt<br />
wird (vgl. Art. 2 I IpwskR).<br />
Die UN-Kinderrechtskonvention,<br />
Art. 28 KRK (KRK): In Art. 28 I 1 KRK<br />
als völkerrechtliche Rechtsquelle hat<br />
die Bundesrepublik Deutschland als<br />
Vertragsstaat das Recht des Kindes auf<br />
Bildung anerkannt. Um die Verwirklichung<br />
dieses Rechts auf Basis der<br />
Chancengleichheit zu gewährleisten,<br />
hat sich Deutschland verpflichtet, den<br />
Besuch der Grundschule unentgeltlich<br />
für alle Kinder zur Pflicht zu machen<br />
(vgl. § 28 I 2 a) KRK). 160 Ferner sollen<br />
Maßnahmen getroffen werden, die den<br />
regelmäßigen Besuch der Schule fördern,<br />
so dass die Zahl der Kinder, die<br />
den Schulbesuch vorzeitig aufgeben,<br />
verringert wird (vgl. § 28 I 2 e) KRK).<br />
Es soll allen Kindern der Zugang zu<br />
sämtlichen Bildungseinrichtungen<br />
kostenneutral ermöglicht werden. Es<br />
besteht damit ein eindeutiges völkerrechtliches<br />
Bekenntnis der Bundesrepublik<br />
Deutschland zu dem Recht auf<br />
Bildung eines jeden Kindes, das auf<br />
Basis der Chancengleichheit gefördert<br />
und ermöglicht werden soll. Insbesondere<br />
soll der Besuch der Grundschule<br />
für alle Kinder durch die Einführung<br />
der allgemeinen Schulpflicht sicher<br />
gestellt werden.<br />
Problematisch ist die unmittelbare<br />
Anwendbarkeit der KRK und damit<br />
die direkte Ableitung eines Rechts auf<br />
Bildung aus Art. 28 KRK. 161 In einer<br />
»Vorbehaltserklärung« der BRD zur<br />
KRK wird erklärt, dass das Übereinkommen<br />
innerstaatlich keine unmittelbare<br />
Anwendung findet. Es begründe<br />
nur eine völkerrechtliche Staatenverpflichtung,<br />
die durch die Umsetzung in<br />
innerstaatliches Recht erfüllt wird. 162<br />
Unter IV. der »Vorbehaltserklärung«<br />
zur KRK wird sinngem. festgestellt,<br />
dass die Bestimmungen der KRK nicht<br />
geeignet sind, das bestehende Ausländerrecht<br />
bzw. die legislative Handlungsfreiheit<br />
der BRD im Bereich des<br />
Ausländerrechts zu beschränken. Ob<br />
dieser »Vorbehalt« zur KRK rechtmäßig<br />
oder rechtswidrig ist, soll an<br />
dieser Stelle offen <strong>bleiben</strong>. 163<br />
Die deutsche Rechtsprechung hat<br />
sich verschiedentlich mit der KRK auseinandergesetzt.<br />
Teilweise wird eine<br />
unmittelbare Ableitung von Rechten<br />
aus der KRK wegen des oben dargestellten<br />
Vorbehalts der BRD<br />
abgelehnt. 164 Von anderer Seite werden<br />
die Bestimmungen der KRK wie<br />
selbstverständlich geprüft, bzw. Rechte<br />
eines Kindes aus ihr abgeleitet, ohne<br />
dass der Vorbehalt überhaupt Erwähnung<br />
findet. 165<br />
Es besteht somit eine uneinheitliche<br />
Rechtspraxis.<br />
»1. Zusatzprotokoll« zur Europäische<br />
Menschenrechtskonvention<br />
(EMRK) (Art. 2): In der EMRK selbst<br />
wurde auf die Kodifizierung sozialer<br />
Grundrechte verzichtet. Es wurde<br />
jedoch im 1. Zusatzprotokoll zur<br />
69<br />
terre der hommes