Wir bleiben draußen!
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Anhang<br />
Anlagen und Befähigungen gibt und<br />
damit auch Elemente eines Rechts auf<br />
Bildung gegeben sind. 181 In einer älteren<br />
Entscheidung hat das BVerwG<br />
sogar ausdrücklich von einem Recht<br />
auf Bildung gesprochen, das im Rahmen<br />
der Schulausbildung für alle jungen<br />
Bürger verwirklicht werden soll,<br />
diese ausdrückliche Formulierung in<br />
späteren Urteilen jedoch nicht wieder<br />
aufgegriffen. 182 Diesbezüglich hatte<br />
schon 1982 der Hessische Staatsgerichtshof<br />
(Gericht, das zuständig ist für<br />
Hessische Verfassungsfragen) angemerkt,<br />
dass es nahe liegt, im Recht von<br />
Kindern, Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen auf Entwicklung ihrer<br />
körperlichen, geistigen und seelischen<br />
Kräfte entsprechend ihrer Wesensart<br />
auch ein Recht auf Bildung beschlossen<br />
zu sehen. 183<br />
Es bleibt festzustellen, dass aus verfassungsrechtlicher<br />
Sicht zumindest<br />
ein aus Art. 2 I GG i.V.m. Art. 1 I GG,<br />
Art. 3 I GG, Art. 20 I GG resultierender<br />
Anspruch auf Zugang zu den<br />
bestehenden Bildungseinrichtungen<br />
der einzelnen Bundesländer der Bundesrepublik<br />
Deutschland auch für<br />
Flüchtlinge besteht. Dieser Anspruch<br />
ergibt sich zum einen aus dem Grundgesetz,<br />
als auch aus den Länderverfassungen,<br />
die überwiegend ein Recht auf<br />
Bildung festgeschrieben haben. 184 Die<br />
in diesem Zusammenhang immer wieder<br />
vom Kultusministerium und der<br />
übrigen Schuladministration von<br />
Baden-Württemberg vertretene<br />
Rechtsauffassung, es bestehe kein<br />
Rechtsanspruch auf Zugang zu einer<br />
Schule, ist in diesem Zusammenhang<br />
als verfassungswidrig zu bewerten.<br />
Diese Tatsache ist jedoch nur unter<br />
verfassungs-theoretischen Gesichtspunkten<br />
problematisch, weil auch in<br />
den sieben Bundesländern, die die<br />
Schulpflicht von Flüchtlingen in<br />
Abhängigkeit zu einem bestimmten<br />
ausländerrechtlichen Status (Aufenthaltsgestattung,<br />
kurzfristige oder längerfristige<br />
Duldung) verneinen, den<br />
betroffenen Personengruppen ein freiwilliges<br />
Schulantragsrecht (Schulbesuchsrecht)<br />
eingeräumt wird. Damit<br />
genügen die Bundesländer grundsätzlich<br />
dem verfassungsrechtlichen Auftrag<br />
allen Personengruppen gegenüber,<br />
insbesondere auch den Flüchtlingen<br />
im schulfähigen Alter, denen Zugang<br />
zu den bestehenden Bildungseinrichtungen<br />
ermöglicht wird.<br />
Das vom Bundesverfassungsgericht<br />
auf Grund Art. 2 I GG festgestellte<br />
Recht der Kinder auf Erziehung und<br />
Ausbildung entsprechend ihrer Begabungen,<br />
Fähigkeiten und Leistungen –<br />
mithin der möglichst ungehinderten<br />
Entfaltung der kindlichen Persönlichkeit<br />
auch im Bereich der Schule –<br />
bleibt in seiner konkreten Ausgestaltung<br />
grundsätzlich dem Staat bzw. den<br />
Bundesländern überlassen und erfordert<br />
nach derzeitiger Verfassungslage<br />
nicht, dass Flüchtlinge der Schulpflicht<br />
unterliegen müssen. Gleichwohl<br />
ist der Staat dazu verpflichtet,<br />
sicherzustellen, dass dieser verfassungsrechtliche<br />
Auftrag ernst genommen<br />
und im Sinne einer effektiven Verwirklichung<br />
der Grundrechte der einzelnen<br />
schulfähigen Kinder/Jugendlichen<br />
unabhängig von Nationalität und<br />
Aufenthaltsstatus umgesetzt wird.<br />
3. Recht auf Bildung und Erziehung<br />
in den Schulgesetzen der Länder<br />
Die überwiegende Anzahl der Schulgesetze<br />
in den einzelnen Bundesländern<br />
hat das Recht auf Bildung und Erziehung<br />
ausdrücklich kodifiziert. Dabei<br />
wird nicht nach der Staatsangehörigkeit<br />
differenziert, so dass auch Ausländer<br />
von diesen Rechtsgrundlagen<br />
erfasst werden. Besonderes Augenmerk<br />
ist auf die sieben Bundesländer<br />
zu legen, in denen zum jetzigen Zeitpunkt<br />
noch keine Schulpflicht von<br />
Flüchtlingen in Abhängigkeit zu einem<br />
bestimmten ausländerrechtlichen Status<br />
gegeben ist. 185 Nur zur Verdeutlichung<br />
der rechtlichen Situation wird<br />
im Einzelfall auf die Schulgesetzgebung<br />
der übrigen Bundesländer Bezug<br />
genommen. Unberücksichtigt <strong>bleiben</strong><br />
kann auch eine besondere Betrachtung<br />
der rechtlichen Situation in NRW, weil<br />
die gesetzliche Einführung der Schulpflicht<br />
für Flüchtlinge dort zum Februar<br />
2005 in Kraft getreten ist.<br />
Überwiegend wird das in den Schulgesetzen<br />
verbriefte Recht auf Bildung<br />
nicht als subjektiv-öffentliches Recht<br />
verstanden, das dem einzelnen Individuum<br />
unmittelbare Ansprüche<br />
gewährt, sondern als Staatszielbestimmung.<br />
Dabei geht eine Staatszielbestimmung<br />
über die Geltung eines<br />
bloßen Programmsatzes hinaus; eröffnet<br />
jedoch dem Gesetzgeber einen<br />
weiten Gestaltungsspielraum, dieses in<br />
dieser Form verstandene Recht auf Bildung<br />
umzusetzen. Die Schaffung,<br />
Organisation und Erhaltung von Bildungseinrichtungen<br />
im Bereich des allgemeinen<br />
Schulwesen bleibt somit<br />
dem Landesgesetzgeber in seiner konkreten<br />
Ausformung überlassen und<br />
wird überwiegend durch die Schulgesetzgebung<br />
ausgestaltet.<br />
In § 3 I SchulG-Rheinland-Pfalz<br />
wird ausdrücklich festgestellt, dass die<br />
Schüler in der Schule ihr Recht auf Bildung<br />
und Erziehung wahrnehmen. Des<br />
Weiteren geht aus § 3 I 1. Halbs.<br />
SchulG-Rheinland-Pfalz das Recht des<br />
einzelnen (Schülers) auf Förderung seiner<br />
Anlagen und Erweiterung seiner<br />
Fähigkeiten hervor. Dennoch handelt<br />
es sich nicht um ein umfassendes<br />
Grundrecht auf Bildung, sondern um<br />
den durch das BVerfG beschriebenen<br />
staatlichen Förderauftrag der Schüler. 186<br />
Der Wortlaut spricht allerdings für die<br />
Annahme eines individuellen<br />
Anspruchs eines jeden Menschen, der<br />
sich im schulfähigen Alter befindet. 187<br />
Durch die Formulierung wird zum Ausdruck<br />
gebracht, dass die Schüler in der<br />
Schule nicht Objekt der Erziehung und<br />
Lehre sind, sondern mitverantwortliche<br />
und mitbestimmende Herren ihrer<br />
eigenen Persönlichkeitsentfaltung<br />
neben den Eltern und Lehrern.<br />
Ansprüche auf bestimmte Bildungsangebote<br />
können aus § 3 SchulG-Rheinland-Pfalz<br />
nicht hergeleitet werden.<br />
Die Vorschrift hat nur Grundsatzcharakter<br />
und bedarf der Ausführung in<br />
den einzelnen Bestimmungen des<br />
Schulgesetzes und der Schulordnungen.<br />
Allenfalls wenn das verfassungsrechtliche<br />
Minimum an Erziehungsund<br />
Bildungsmöglichkeiten in der<br />
Schule im Einzelfall unterschritten<br />
wird und es keine konkrete Anspruchsgrundlage<br />
gäbe, würde § 3 I SchulG-<br />
Rheinland-Pfalz als Individualanspruch<br />
auf eine verfassungsgemäßes<br />
Bildungsangebot subsidiär eingreifen.<br />
Dieses »Bildungsexistenzminimum«<br />
umfasse den Unterricht in Lesen und<br />
Schreiben, Grundrechenarten, elementaren<br />
Kenntnissen in Geschichte, des<br />
Staats- und <strong>Wir</strong>tschaftsystems, sowie<br />
der englischen Sprache. 188<br />
73<br />
terre der hommes