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vor der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te die volle Verantwortung zu tragen hätten, falls es in der SAT zum S<strong>ch</strong>isma kommen<br />
sollte und sie die Ideale des Proletariats verraten würden. Den Vorwurf des S<strong>ch</strong>ismas wies das<br />
ZK der SĖSR als haltlos zurück.<br />
Als Lanti 1928 aus der KPF austrat, änderte si<strong>ch</strong> alles und er geriet selbst in Verlegenheit,<br />
musste er sein Abrücken von früheren Positionen do<strong>ch</strong> irgendwie re<strong>ch</strong>tfertigen; ja er beabsi<strong>ch</strong>tigte<br />
sogar, aus dem <strong>An</strong>ationalismus eine eigene Doktrin zu fertigen. 61 Die Kommunisten verliessen deswegen<br />
aber die SAT no<strong>ch</strong> lange ni<strong>ch</strong>t, da sie in der „anationalen“ Idee eine organisatoris<strong>ch</strong>e Kraft vorfanden,<br />
62 die ihnen erlaubte, der Arbeit der „neutralen bürgerli<strong>ch</strong>en“ Esperantisten zu widerspre<strong>ch</strong>en.<br />
Personelle Auswirkungen hatten die ideologis<strong>ch</strong>en Grabenkämpfe bereits am folgenden IX.<br />
SAT-Kongress in Leipzig von 1929, an dem unter den 650 Teilnehmern aus 22 Ländern nur no<strong>ch</strong> zwei<br />
Delegierte aus der Sowjetunion anreisten, nämli<strong>ch</strong> Drezen und Demidjuk. Erneut ri<strong>ch</strong>tete Drezen in<br />
seinen Auftritten laute Vorwürfe an die Adresse der SAT-Führung, sie wolle den marxistis<strong>ch</strong>en Internationalismus<br />
dur<strong>ch</strong> den <strong>An</strong>ationalismus ersetzen und drohte damit, dass die sowjetis<strong>ch</strong>en Genossen<br />
die SAT verstärkt dem kommunistis<strong>ch</strong>en Einfluss aussetzen würden. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> einigte man si<strong>ch</strong><br />
wieder einmal auf eine ideologis<strong>ch</strong>en Kompromiss: Die Herausgabe der S<strong>ch</strong>riften Lantis wurde als<br />
Fehler era<strong>ch</strong>tet und der SAT-Direktion wurde das Vertrauen ausgespro<strong>ch</strong>en. Der Beri<strong>ch</strong>t in<br />
Meždunarodnyj jazyk (Nr. 4-5, 1929 63 ) hielt einseitig fest, dass die SAT eine Organisation der Einheitsfront,<br />
basierend auf der Plattform des Klassenkampfes, bleiben und jegli<strong>ch</strong>en Versu<strong>ch</strong> des Revisionismus<br />
vereiteln werde. Aber Lanti s<strong>ch</strong>lug rhetoris<strong>ch</strong> zurück und warf den Kommunisten aus der<br />
SĖSR vor, sie wollten die SAT entzweien.<br />
Die Sowjets wenden si<strong>ch</strong> vom Ausland ab<br />
Bald sah das ZK der SĖSR keine Mögli<strong>ch</strong>keiten mehr, die Zusammenarbeit mit der Führung<br />
der SAT fortzusetzen, und so ents<strong>ch</strong>ieden si<strong>ch</strong> die Sowjetesperantisten, dem X. SAT-Kongress in<br />
London (August 1930) fernzubleiben. 64 Die Opposition versu<strong>ch</strong>te, die SAT-Führung zu stürzen und<br />
dur<strong>ch</strong> neue Leute zu ersetzen. Aber Lanti konnte eine Mehrheit behalten und seinen Sturz vermeiden.<br />
Erstmals erklangen an diesem Kongress au<strong>ch</strong> kritis<strong>ch</strong>e Töne über das Sowjetregime und dass Drezen<br />
in der Heimat ni<strong>ch</strong>t nur Freunde hatte. <strong>An</strong> einer August-Sitzung kam das ZK der SĖSR zum S<strong>ch</strong>luss,<br />
dass der Kongress ni<strong>ch</strong>t in der Lage war, die Positionen der beiden Organisationen zu vereinen. Der<br />
Londoner Kongress ents<strong>ch</strong>ied si<strong>ch</strong> denno<strong>ch</strong> für die Dur<strong>ch</strong>führung des nä<strong>ch</strong>sten SAT-Kongresses in<br />
Moskau, was das ZK SĖSR dazu veranlasste, eine Reihe von Massnahmen zu treffen, um diesen Ents<strong>ch</strong>eid<br />
in die Tat umzusetzen, in der Hoffnung, eine neue revolutionäre Organisation zu s<strong>ch</strong>affen.<br />
Während die SĖSR eine neue Kampagne gegen Lanti startete, revan<strong>ch</strong>ierte si<strong>ch</strong> der SAT-Vorstand mit<br />
einer Kompromittierungsaktion gegen Drezen, Demidjuk und Nekrasov, die in dem Vors<strong>ch</strong>lag bestand,<br />
diese Genossen aus der SAT auszus<strong>ch</strong>liessen. Ferner wurde die Gründung eines neuen Bulletins<br />
mit dem Titel Internaciisto bekanntgegeben, das si<strong>ch</strong> als „Organ der klassenkämpferis<strong>ch</strong>en Esperantistens<strong>ch</strong>aft<br />
und deren Opposition in der SAT“ 65 bezei<strong>ch</strong>nete und in Berlin ers<strong>ch</strong>ien. Und in Leipzig<br />
61<br />
Lins, LDL, S. 259.<br />
62<br />
Vor allem sowjetis<strong>ch</strong>e Esperantisten liessen si<strong>ch</strong> von der Idee des <strong>An</strong>ationalismus begeistern, weniger aber die österrei<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en<br />
und deuts<strong>ch</strong>en Sozialdemokraten. (Lins, LDL, S. 260).<br />
63<br />
Online s. http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=e2b&datum=19291001&seite=5&zoom=33 und<br />
http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=e2b&datum=19291201&seite=3&zoom=33.<br />
64<br />
Den Bru<strong>ch</strong> zwis<strong>ch</strong>en der SAT und der SĖSR beeinflussten wahrs<strong>ch</strong>einli<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> eine Reihe anderer, ganz praktis<strong>ch</strong>er Faktoren,<br />
so die Bes<strong>ch</strong>ränkung der Ausgabe von sowjetis<strong>ch</strong>en Auslandspässen, die Verweigerung der sowjetis<strong>ch</strong>en Behörden,<br />
den Reisenden ausländis<strong>ch</strong>e Valuta zur Verfügung zu stellen und die S<strong>ch</strong>wierigkeit für Sowjetbürger, von westli<strong>ch</strong>en Staaten<br />
Einreisevisa zu erhalten. Ferner bestanden Probleme mit der Überweisung der Mitgliedsbeiträge von 2000 sowjetis<strong>ch</strong>en<br />
SAT-Mitgliedern aus der Sowjetunion. Offenbar wurde das Geld in Moskau zurückgehalten, weil man die SAT jetzt neu<br />
einstufte. Diese S<strong>ch</strong>ikane löste in der SAT Verärgerung aus. Für die Geldüberweisung war Demidjuk verantwortli<strong>ch</strong>. (Lins,<br />
LDL, S. 264f.).<br />
65<br />
Organo de la klasbatala Esperantistaro kaj ties opozicio en la Sennacieca Asocio Tutmonda. Diese Zeits<strong>ch</strong>rift ers<strong>ch</strong>eint<br />
no<strong>ch</strong> heute als Organ des Komunista Esperantista Kolektivo (KEK).