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An Frau Prof - Plansprachen.ch

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selbst von den besten und klügsten Spra<strong>ch</strong>wissens<strong>ch</strong>aftlern dur<strong>ch</strong> eigene Erfindungen und Wüns<strong>ch</strong>e<br />

bestimmt werden, bis das Leben selbst und die Produktivbeziehungen in einem klaren und harmonis<strong>ch</strong>en<br />

System reguliert worden seien. Diese Spra<strong>ch</strong>formen würden vom realen Leben selbst und dur<strong>ch</strong><br />

die kollektive Favorisierung der einen oder anderen Formen dur<strong>ch</strong> diejenigen Personen bestimmt werden,<br />

die die entspre<strong>ch</strong>ende Spra<strong>ch</strong>e benutzen. Die bisherigen Versu<strong>ch</strong>e, eine internationale Spra<strong>ch</strong>e zu<br />

kreieren, hätten auf diesen Prämissen beruht. Dies sei au<strong>ch</strong> bei der weiteren Entwicklung der verbreitetsten<br />

internationalen Spra<strong>ch</strong>e, des Esperanto, der Fall.<br />

Sämtli<strong>ch</strong>e Versu<strong>ch</strong>e, internationale Kunstspra<strong>ch</strong>en ni<strong>ch</strong>t na<strong>ch</strong> den objektiven Kriterien der<br />

Internationalisierung und der <strong>An</strong>näherung zwis<strong>ch</strong>en den ökonomis<strong>ch</strong>en Formen und den modernen<br />

Völkern und Spra<strong>ch</strong>en, sondern na<strong>ch</strong> dem persönli<strong>ch</strong>en Ges<strong>ch</strong>mack und den Vorstellungen der Erfinder<br />

zu kreieren, hätten einen Misserfolg erlitten, so au<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>leyers Volapük, denn aufgrund persönli<strong>ch</strong>er<br />

Favorisierung und Sympathien sei die harmonis<strong>ch</strong>e <strong>An</strong>eignung allgemeiner Spra<strong>ch</strong>formen dur<strong>ch</strong><br />

ein mehr oder weniger umfangrei<strong>ch</strong>es Kollektiv ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong>. Eine internationale Spra<strong>ch</strong>e könne aber<br />

nur aufgrund einer internationalisierten Terminologie entstehen, alle anderen Experimente seien unseriös.<br />

Der Umfang einer sol<strong>ch</strong>en internationalen Terminologie sei aber no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t gross genug, um eine<br />

internationale Spra<strong>ch</strong>e zu kreieren. Weil es unter den Erfindern von Kunstspra<strong>ch</strong>en keine Konkordanz<br />

über die <strong>An</strong>si<strong>ch</strong>ten bezügli<strong>ch</strong> eines Alphabets, einer gemeinsamen Grammatik und der Wahl der Wortformen<br />

gäbe, seien in den letzten drei bis vier Jahrhunerten so viele vers<strong>ch</strong>iedene Vors<strong>ch</strong>läge für eine<br />

internationale Spra<strong>ch</strong>e auf der Grundlage der existierenden Terminologien entstanden, die einen ziemli<strong>ch</strong><br />

grossen Grad an Willkür aufwiesen. Unter diesen über hundertfünfzig Spra<strong>ch</strong>projekten habe nur<br />

eine Spra<strong>ch</strong>e praktis<strong>ch</strong>e Bedeutung erhalten: Esperanto. Die reale Existenz dieser Kunstspra<strong>ch</strong>e sei<br />

aber kein Grund, auf die Propagierung anderer Kunstspra<strong>ch</strong>enprojekte zu verzi<strong>ch</strong>ten.<br />

Im Zusammenhang mit dem Erfolg des Esperanto stellten si<strong>ch</strong> für Drezen mehrere Fragen: 1.<br />

Warum erlangte gerade Esperanto die beherrs<strong>ch</strong>ende Position unter den Kunstspra<strong>ch</strong>en ? 2. Handelt es<br />

si<strong>ch</strong> beim Esperanto in der Tat um das effektivste und perfekteste System von allen Kunstspra<strong>ch</strong>en ?<br />

3. Ist es mögli<strong>ch</strong>, Esperanto dur<strong>ch</strong> ein anderes System einer internationalen Spra<strong>ch</strong>e zu ersetzen ? 4.<br />

Enthält Esperanto den Embrio der gemeinsamen Weltspra<strong>ch</strong>e der Zukunft ?<br />

Die folgenden Gründe seien für den relativen Erfolg des Esperanto ents<strong>ch</strong>eidend gewesen.<br />

Erstens sei die Veröffentli<strong>ch</strong>ung des Esperanto erfolgt, als die Spra<strong>ch</strong>e Volapük s<strong>ch</strong>on zu degenerieren<br />

begann, zweitens habe Zamenof sein eigenes Projekt ni<strong>ch</strong>t als göttli<strong>ch</strong>e Offenbarung verkündet, wie<br />

dies S<strong>ch</strong>leyer tat, drittens habe si<strong>ch</strong> Esperanto auf die moderne internationale te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e und wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Terminologie abgestützt. Ausserdem habe Zamenhof Neuerungen in seiner Spra<strong>ch</strong>e ni<strong>ch</strong>t<br />

per Dekret dur<strong>ch</strong>gesetzt, sondern habe seine Spra<strong>ch</strong>e der gesamten Gemeins<strong>ch</strong>aft überlassen und somit<br />

auf das Re<strong>ch</strong>t verzi<strong>ch</strong>tet, alleiniger Besitzer dieser Spra<strong>ch</strong>e zu sein. Im Unters<strong>ch</strong>ied zu anderen Kunstspra<strong>ch</strong>eprojekten<br />

seien für Esperanto Lehrbü<strong>ch</strong>er in den wi<strong>ch</strong>tigsten Spra<strong>ch</strong>en ges<strong>ch</strong>rieben worden.<br />

Ausserdem seien in Esperanto Zeits<strong>ch</strong>riften ers<strong>ch</strong>ienen, und es sei eine originale und übersetzte Literatur<br />

entstanden. Obwohl der anfängli<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>umfang des Esperanto no<strong>ch</strong> äusserst bes<strong>ch</strong>eidene Züge<br />

aufgewiesen habe, sei der Worts<strong>ch</strong>atz dann immer umfangrei<strong>ch</strong>er geworden. Aber ni<strong>ch</strong>t alle Wörter<br />

hätten der alltägli<strong>ch</strong>en Praxis standgehalten, und weniger geeignete Formen seien von geeigneteren<br />

abgelöst worden. Auf diese Weise habe Esperanto wa<strong>ch</strong>sen und si<strong>ch</strong> entwickeln können, zwar langsam<br />

aber zielgeri<strong>ch</strong>tet.<br />

Es sei aber zu bezweifeln, so Drezen, dass die hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Gründe des Erfolges des Esperanto<br />

in seiner internationalen Terminologie, seiner einfa<strong>ch</strong>en und ausnahmslosen Grammatik, seiner<br />

wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Wortableitung und seiner logis<strong>ch</strong>en Syntax zu su<strong>ch</strong>en sind, denn mehr oder weniger<br />

alle vorgestellten Kunstspra<strong>ch</strong>eprojekte hätten über dieselben Vorzüge verfügt. (Gemäss Drezen wi<strong>ch</strong>en<br />

die einzelnen Kunstpra<strong>ch</strong>eprojekte nur um 10-15 Prozent voneinander ab, während der Rest des<br />

Materials dieser Spra<strong>ch</strong>en im Prinzip miteinander übereinstimmte). Es könne also ni<strong>ch</strong>t behauptet<br />

werden, dass Esperanto von <strong>An</strong>fang an eine perfektere Spra<strong>ch</strong>e als die anderen gewesen sei. Der<br />

Hauptvorteil des Esperanto liege weniger auf spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>er, sondern vielmehr auf sozialer Ebene, denn

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