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An Frau Prof - Plansprachen.ch

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Wie oben erwähnt, wurde Drezen am 25. August 1936 wegen „anderweitiger Arbeitsüberlastung“<br />

dur<strong>ch</strong> Pavel N. Šumilov im Amt des Generalsekretärs abgelöst. Es folgten no<strong>ch</strong> ein paar weitere<br />

Sitzungen: Am 24. Januar 1937 wurden die Statuten der SĖSR geändert, am 6. März wurden die Esperantisten<br />

aufgerufen, si<strong>ch</strong> um die Kommunistis<strong>ch</strong>e Partei zu s<strong>ch</strong>aren, um „die trockistis<strong>ch</strong>fas<strong>ch</strong>istis<strong>ch</strong>e<br />

Bande zu zers<strong>ch</strong>lagen“. Am 24. März wurde der Termin für das 50. Jubiläum des Esperanto<br />

(26. Juli 1937) festgelegt und am 6. April stellte man fest, dass die Werbekampagne für die<br />

SĖSR im Grunde erfolglos gewesen war. Diese Sitzung war die letzte, an der Drezen teilnahm. Am<br />

17. April 1937 wurde er verhaftet, aber dies hinderte die Komiteemitglieder ni<strong>ch</strong>t daran, am 18. Mai<br />

an einer weiteren Sitzung die Herausgabe eines Flugblattes gegen die „trockistis<strong>ch</strong>en Saboteure“ zu<br />

bespre<strong>ch</strong>en. Am 11. September 1937 wurde von Šumilov bekanntgegeben, dass die Verbreitung der<br />

Bü<strong>ch</strong>er Drezens eingestellt worden sei. 81 Drezen vers<strong>ch</strong>wand plötzli<strong>ch</strong> von der Bühne, um wie viele<br />

andere von den Stalins<strong>ch</strong>en Säuberungen vers<strong>ch</strong>lungen zu werden.<br />

2. Spra<strong>ch</strong>e im Marxismus - Lenin und Esperanto<br />

Spra<strong>ch</strong>e bei Marx und Engels<br />

Na<strong>ch</strong> marx(isti)s<strong>ch</strong>er Auffassung ist die „Spra<strong>ch</strong>e so alt wie das Bewusstsein; die Spra<strong>ch</strong>e ist das praktis<strong>ch</strong>e,<br />

au<strong>ch</strong> für andere Mens<strong>ch</strong>en existierende, also au<strong>ch</strong> für mi<strong>ch</strong> existierende wirkli<strong>ch</strong>e Bewusstsein,<br />

und die Spra<strong>ch</strong>e entsteht, wie das Bewusstsein, erst aus dem Bedürfnis und der Notdurft des Verkehrs<br />

mit anderen Mens<strong>ch</strong>en.“ (Deuts<strong>ch</strong>e Ideologie, 1846. Ausg. 1971, S. 31). Die Aussagen, die Marx und<br />

Engels in ihren Werken zur Spra<strong>ch</strong>enfrage hinterlassen haben, belegen, dass die beiden Klassiker des<br />

Kommunismus das aufkommende gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Zusammenleben der Mens<strong>ch</strong>en als Voraussetzung<br />

für die Entstehung der Spra<strong>ch</strong>e betra<strong>ch</strong>teten, und es s<strong>ch</strong>eint, dass sie in der Spra<strong>ch</strong>enfrage vor allem<br />

von Jacob Grimms und Herders Gedankenweltt beeinflusst wurden. Die Erklärung des „<strong>An</strong>teils der<br />

Arbeit“ an der spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Entwicklung beim Mens<strong>ch</strong>en bzw. des Zusammenhangs zwis<strong>ch</strong>en Arbeit<br />

und Spra<strong>ch</strong>e lieferte Engels um 1876. Dabei entstand die These, dass nur der Mens<strong>ch</strong> die Spra<strong>ch</strong>e<br />

hevorbringen und mit seinen spezifis<strong>ch</strong>en Gehör- und Spre<strong>ch</strong>organen entspre<strong>ch</strong>end verfeinern konnte,<br />

weil er im Unters<strong>ch</strong>ied zum Tier mit seinem aufre<strong>ch</strong>ten Gang und den freiwerdenden Händen in der<br />

Lage gewesen war, seine Lebensmittel dur<strong>ch</strong> Arbeit zu produzieren. Die Arbeit habe au<strong>ch</strong> das gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e<br />

Kommunikationsbedürfnis hervorgerufen. Die Spra<strong>ch</strong>e habe also erst dur<strong>ch</strong> das soziale<br />

Zusamenwirken der Mens<strong>ch</strong>en angestossen werden können, ohne wel<strong>ch</strong>es die gemeinsame Jagd und<br />

andere kooperative Tätigkeiten ni<strong>ch</strong>t mögli<strong>ch</strong> gewesen wären, denn „Spra<strong>ch</strong>e als das Produkt enes<br />

einzelnen“ sei „ein Unding“. Na<strong>ch</strong> Engels waren also Arbeit und Spra<strong>ch</strong>e die beiden wesentli<strong>ch</strong>en<br />

<strong>An</strong>triebe, die den Mens<strong>ch</strong>en von der Tierwelt, konkret vom Gehirn eines Affen, unters<strong>ch</strong>ieden hätten.<br />

Au<strong>ch</strong> Marx ging mit Engels davon aus, dass die Spra<strong>ch</strong>e nur mit der Arbeit entstehen konnte. Marxens<br />

Eins<strong>ch</strong>ätzungen legen au<strong>ch</strong> nahe, dass die Entstehung der Spra<strong>ch</strong>e mit der Benennung der „Dinge der<br />

Aussenwelt“ anfängt, die von den Mens<strong>ch</strong>en bearbeitet werden. Im Unters<strong>ch</strong>ied zu Engels, der si<strong>ch</strong><br />

au<strong>ch</strong> ein wenig als Philologie befasste und ni<strong>ch</strong>t wenige Spra<strong>ch</strong>en kannte, betra<strong>ch</strong>tete Marx als eigentli<strong>ch</strong>en<br />

spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en <strong>An</strong>stoss den Stoffwe<strong>ch</strong>sel zwis<strong>ch</strong>en arbeitenden Mens<strong>ch</strong>en und bearbeiteten Gegenständen<br />

und weniger den Prozess der gemeins<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Arbeit an si<strong>ch</strong>. Für neide war die Spra<strong>ch</strong>e<br />

aber dur<strong>ch</strong>aus keine mystis<strong>ch</strong>e Ers<strong>ch</strong>einung, sondern ihre Existenz basiere auf einer stoffli<strong>ch</strong>en Grundlage,<br />

die dur<strong>ch</strong> die Physik bzw. dur<strong>ch</strong> ihre Teildisziplin der Phonetik bes<strong>ch</strong>rieben werden könne. Ausserdem<br />

bildeten „weder die Gedanken no<strong>ch</strong> die Spra<strong>ch</strong>e für si<strong>ch</strong> ein eignes Rei<strong>ch</strong>“, sondern seien ledigli<strong>ch</strong><br />

„Äusserungen des wirkli<strong>ch</strong>en Lebens“. Obwohl Marx die Spra<strong>ch</strong>e, die er als „Dasein des Gemeinwesens“<br />

bezei<strong>ch</strong>nete, als ein wi<strong>ch</strong>tiges Verhältnis innerhalb der mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Gesells<strong>ch</strong>aft ansah,<br />

rangierte sie bei ihm innerhalb des gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Gefüges nur unter anderen Kategorien und wur-<br />

81<br />

Krasnikov, S. 79-94. Mit dieser Information bri<strong>ch</strong>t Krasnikovs Beri<strong>ch</strong>t mangels weiterer Protokolle abrupt ab.

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