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An Frau Prof - Plansprachen.ch

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19<br />

aber ab. Eigentli<strong>ch</strong> hatte Skrypnyk ni<strong>ch</strong>ts gegen die Spra<strong>ch</strong>e Esperanto (sein Sekretär soll selbst ein<br />

Esperantist gewesen sein), dessen Verdienste bei der Propaganda er dur<strong>ch</strong>aus anerkannte (er verspra<strong>ch</strong><br />

sogar, die Esperanto-Bewegung zu unterstützen), aber von dem von den Esperantisten propagierten<br />

<strong>An</strong>ationalismus hielt er ni<strong>ch</strong>ts. 69 Im Namen des Internationalismus würde die Bedeutung der nationalen<br />

Kulturen heruntergestuft und die Existenz der Mutterspra<strong>ch</strong>e von Millionen ignoriert. Diejenigen,<br />

die für die Einführung des Esperanto in den S<strong>ch</strong>ulen plädierten, hätten den Wuns<strong>ch</strong>, die Ukrainisierung<br />

zu verhindern. Wenn die Esperantisten ni<strong>ch</strong>t zu Gunsten der nationalen Kultur für eine anationale<br />

Kultur für die Völker plädierten, müsse diese Haltung zurückges<strong>ch</strong>lagen werden, denn sie sei weder<br />

proletaris<strong>ch</strong> no<strong>ch</strong> kommunistis<strong>ch</strong> und au<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t internationalistis<strong>ch</strong>, sondern reaktionär und fals<strong>ch</strong>.<br />

Die SĖSR reagierte auf diesen <strong>An</strong>griff mit einer verlegenen Selbstkritik: Man habe den <strong>An</strong>ationalismus<br />

dem eigenen Publikum zu wenig gut erklärt, dass man den <strong>An</strong>ationalismus ledigli<strong>ch</strong> als Mittel<br />

gegen Nationalismus, Chauvinismus und Sozial<strong>ch</strong>auvinismus einzusetzen tra<strong>ch</strong>te und dass man Esperanto<br />

aber ni<strong>ch</strong>t dazu verwenden wolle, um eine eigene Esperanto-Kultur zu s<strong>ch</strong>affen, sondern um die<br />

Leute in einem internationalen proletaris<strong>ch</strong>en Geist zu erziehen und dur<strong>ch</strong> ihn den engen nationalen<br />

und nationalistis<strong>ch</strong>en Geist zu ersetzen. Im SAT-Organ Sennaciulo wurde Skrypnyks Ausfall mit einem<br />

ironis<strong>ch</strong>en Artikel<strong>ch</strong>en quittiert. 70<br />

Unter diesen ideologis<strong>ch</strong> völlig zerfur<strong>ch</strong>ten und feindseligen Bedingungen konnte trotz der<br />

Bemühungen, die die Führung der SĖSR offenbar no<strong>ch</strong> unternahm, selbstverständli<strong>ch</strong> kein XI. SAT-<br />

Kongress in der Sowjetunion zustande kommen, wie dies geplant war. <strong>An</strong>statt in Moskau fand er,<br />

freili<strong>ch</strong> erneut ohne Sowjetdelegation, in Amsterdam statt. Obwohl die Opposition erneut die Entfernung<br />

Lantis forderte, behielt der SAT-Chef no<strong>ch</strong> einmal die Mehrheit, was die linke Opposition dazu<br />

veranlasste, aus Protest die Sitzungen zu verlassen und einen eigenen Kongress der „revolutionären“<br />

Esperantisten abzuhalten. Dabei wurde von ihnen ein „Internationales Vereinigendes Komitee“ mit<br />

dem Ziel gegründet, die „proletaris<strong>ch</strong>e“ Esperanto-Bewegung zu reorganisieren. Der Bru<strong>ch</strong> in der<br />

internationalen proletaris<strong>ch</strong>en Esperanto-Bewegung war somit vollzogen. 71<br />

Am V. Kongress der SĖSR, der Ende November 1931 stattfand, nahmen 119 Delegierte aus<br />

45 Orts<strong>ch</strong>aften des Landes teil. Auf der Traktandenliste stand die Verabs<strong>ch</strong>iedung neuer Statuten. Was<br />

69<br />

Lins, LDL, S. 358.<br />

70<br />

Lins, ebd., S. 269ff. Skrypnyk über Esperanto s. http://anno.onb.ac.at/cgicontent/anno?aid=e2b&datum=19311001&seite=10&zoom=33.<br />

Was ukrainis<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>riftsteller von Esperanto hielten s.<br />

http://anno.onb.ac.at/cgi-content/anno?aid=e2b&datum=19301001&seite=104&zoom=33.<br />

71<br />

Krasnikov, S. 46-60. Die s<strong>ch</strong>ismatis<strong>ch</strong>en Tendenzen waren aber no<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t beendet. Na<strong>ch</strong>dem die österrei<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en SAT-<br />

Mitglieder einen letzten Versu<strong>ch</strong> unternahmen, die Struktur der SAT zu ändern und auf den <strong>An</strong>ationalismus zu verzi<strong>ch</strong>ten,<br />

ihre Bemühungen aber s<strong>ch</strong>eiterten, wurde im August 1932 in Berlin die „Internationale der proletaris<strong>ch</strong>en Esperantisten“<br />

(IPE; Internacio de Proleta Esperantistaro) gegründet, wel<strong>ch</strong>er si<strong>ch</strong> Sektionen aus 14 Ländern ans<strong>ch</strong>lossen. Dann überda<strong>ch</strong>ten<br />

au<strong>ch</strong> die Sozialisten ihre Haltung und kamen zum S<strong>ch</strong>luss, dass es besser wäre, eine eigene Organisation zu gründen. Diese<br />

Absi<strong>ch</strong>t wurde unter der Federführung der österrei<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>en Arbeiter-Esperantisten, die in der Österrei<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Arbeiter Esperanto-Liga<br />

(ALLE) vereinigt waren, im Juni 1933 verwirkli<strong>ch</strong>t. In der ALLE spielte au<strong>ch</strong> Franz Jonas (1899-1974), SPÖ-<br />

Bürgermeister und Landeshauptmann von Wien (1951-65) und österrei<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>er Bundespräsident (1965-74), eine Rolle. <strong>An</strong><br />

Pfingsten 1933 wurde in Wien die „Internationale der sozialistis<strong>ch</strong>en Esperantisten“ (Internacio de Socialistaj Esperantistoj,<br />

ISE) aus der Taufe gehoben, der si<strong>ch</strong> vor allem Esperantisten aus Österrei<strong>ch</strong>, Frankrei<strong>ch</strong>, Ungarn und der Ts<strong>ch</strong>e<strong>ch</strong>oslowakei<br />

ans<strong>ch</strong>lossen. Ihre Tätigkeit dauerte allerdings ni<strong>ch</strong>t lange. Im Februar 1934 wurden die Aktivitäten von Organisationen wie<br />

der ISE und der ALLE von Kanzler Dollfuss verboten, während die französis<strong>ch</strong>e und niederländis<strong>ch</strong>e Sektion der IPE no<strong>ch</strong><br />

bis September 1939 existierten. Au<strong>ch</strong> die SAT war na<strong>ch</strong> diesen Ers<strong>ch</strong>ütterungen mehr oder weniger ruiniert und verblieb mit<br />

2000 Mitgliedern ein relativ kleiner Verband. Die weiteren regulären SAT-Kongresse wurden 1932 in Stuttgart, 1933 erneut<br />

in Stockholm, 1934 in Valencia, 1935 in Paris, 1936 in Man<strong>ch</strong>ester, 1937 in Rotterdam, 1938 in Brüssel und 1939 in Kopenhagen<br />

abgehalten. Lanti erklärte seinen Rückzug aus der führenden Position in der SAT und nahm na<strong>ch</strong> 1933 an keinem<br />

SAT-Kongress mehr teil. 1936 verliess er Europa, reiste über Japan, Australien, Neuseeland und Südamerika na<strong>ch</strong> Mexiko<br />

ein, wo er si<strong>ch</strong> im Januar 1947 das Leben nahm. (Lins, LDL, S. 277). Au<strong>ch</strong> die „neutrale“ Esperanto-Bewegung (UEA)<br />

spaltete si<strong>ch</strong> 1936 mit der Bildung einer „Internacia Esperanto-Ligo“ (IEL), während das Büro der UEA in Genf verblieb (die<br />

Wiedervereinigung beider Organisationen wurde 1947 vollzogen).

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