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An Frau Prof - Plansprachen.ch

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Behörden ges<strong>ch</strong>lossen wurden und, und andere, die si<strong>ch</strong> von selbst auflösten. 187 Notabene wiesen viele<br />

von ihnen sowieso ledigli<strong>ch</strong> den Status von Freiwilligen- oder Hobbyaktivitäts-Strukturen auf (russ.<br />

klubnaja rabota, dobrovol’noe obščestvo 188 ). Der einzige Hinweis, wo eine Esperanto-Organisation als<br />

„fas<strong>ch</strong>istis<strong>ch</strong>e terroristis<strong>ch</strong>e Spionage- und Sabotageorganisation“ bezei<strong>ch</strong>net wurde, betraf die SAT<br />

und ist in einer Akte des NKVD (Obermajor Žuravlev, 1939) zu finden. Die SĖSR wird gar ni<strong>ch</strong>t<br />

erwähnt.<br />

Der Sonderfall Muravkin<br />

Herbert Muravkin (*14.2.1905 in Berlin), Jude, Doktor der Physik, der bis 1933 im Westen (Niederlande<br />

und Deuts<strong>ch</strong>land) lebte, war ein IPE 189 -Funktionär, der mit Drezen zusammenarbeitete und ihm<br />

Material für seine ‚Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der Weltspra<strong>ch</strong>e’ sandte. Als Mitglied der Kommunistis<strong>ch</strong>en Partei<br />

Deuts<strong>ch</strong>lands floh er in die Sowjetunion, wo er si<strong>ch</strong> mit seinem sowjetis<strong>ch</strong>en Pass si<strong>ch</strong>erer zu fühlen<br />

wähnte. In Leningrad arbeitete er im Allsowjetis<strong>ch</strong>en Institut für Elektrome<strong>ch</strong>anik. Aber dieser persönli<strong>ch</strong>e<br />

Ents<strong>ch</strong>eid war ein Irrtum, denn das Sowjetregime ging mit Flü<strong>ch</strong>tlingen (Remigranten) aus<br />

dem Ausland ni<strong>ch</strong>t humaner um als die Nationalsozialisten mit Kommunisten. Muravkin war also<br />

prädestiniert für die Repression. Am 26. Februar 1936 wurde er verhaftet. Während des Prozesses, der<br />

von der Trojka A.S. Gorjačev (Präsident), Preobraženskij und Ždanov geleitet wurde, bekannte er si<strong>ch</strong><br />

s<strong>ch</strong>uldig und wurde na<strong>ch</strong> den Artikeln 58-6, 58-7, 58-10 und 58-11 des Strafgesetzbu<strong>ch</strong>s der RSFSR<br />

von 1926 am 17. Januar 1938 wegen Spionage (zugunsten Deuts<strong>ch</strong>lands), Unterwanderung der Wirts<strong>ch</strong>aft,<br />

antisowjetis<strong>ch</strong>er Propaganda und Agitation und organisatoris<strong>ch</strong>er Aktivität sowie Beteiligung<br />

an einer trockistis<strong>ch</strong>en Organisation) verurteilt und am 11. Dezember 1937 hingeri<strong>ch</strong>tet. 190<br />

1.3. Geständniszwang und Denunziation<br />

Bemerkungen zum <strong>Prof</strong>il einiger weiterer Opfer<br />

Wie si<strong>ch</strong> Nikolaj Ryt’kov (*1913-73), ein anderer bedeutender sowjetis<strong>ch</strong>er Esperantist, erinnerte,<br />

bekam er na<strong>ch</strong> seiner Verhaftung im März 1938 im Gefängnis in der Lubjanka den folgenden, wohl<br />

stereotypen Satz zu hören: „Gemäss Ents<strong>ch</strong>eid der Spezialkommission beim NKVD der UdSSR vom<br />

2.7.38 wurden Sie als aktives Mitglied einer fas<strong>ch</strong>istis<strong>ch</strong>en Spionageorganisation von Esperantisten<br />

wegen konterrevolutionärer und verleumderis<strong>ch</strong>er Tätigkeit in der UdSSR angeklagt und zu a<strong>ch</strong>t Jahren<br />

Lagerhaft verurteilt“, oder ähnli<strong>ch</strong>. 191<br />

187<br />

Der Esperantist Nikolaj Zubkov erzählte folgende Begebenheit. Als er si<strong>ch</strong> im Februar 1938 beim Büro der SĖSR an der<br />

Spiridonovka-Strasse 15 (später Alexej-Tolstoj-Strasse, heute wieder Spiridonovka) zum Esperanto-Kurs einfinden wollte,<br />

bemerkte er ein grosses S<strong>ch</strong>loss an der Tür. Aus der Na<strong>ch</strong>barwohnung sei der Hausmeister herausgetreten und habe ihm<br />

mitgeteilt, dass alle Mitarbeiter verhaftet worden seien, Zubkov solle also besser das Weite su<strong>ch</strong>en, um ni<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> Unannehmli<strong>ch</strong>keiten<br />

zu erleiden. In dem Büro hatten vier Personen gearbeitet: Nikolaj Incertov (Verantwortli<strong>ch</strong>er Sekretär), Julija<br />

Švedova (Sekretärin), Petr Gavrilov (Expediteur) und Aleksandr Samojlenko (Bu<strong>ch</strong>halter; in der Akte über Karantbajvel’<br />

steht ges<strong>ch</strong>rieben, dass Samojlenko die Namen von 44 Personen angegeben habe (s. http://historio.ru/samojlen.php). So<br />

fielen den Behörden die Adresslisten zu den Mitgliedern der Organisation lei<strong>ch</strong>t in die Hände. Wie etwa der Esperantist<br />

Aleksandr Jakovlevič Korotkevič Stepanov erzählte, konnte man der Verfolgung entkommen, indem man na<strong>ch</strong> entspre<strong>ch</strong>ender<br />

Empfehlung seiner Esperanto-Tätigkeit radikal entsagte und die erhaltene Korrespodenz an die Organisation weiter- oder<br />

umleiten liess. (Stepanov, historio. ru).<br />

188<br />

So in den Akten über N.Ja. Incertov.<br />

189<br />

Internacio de Proleta Esperantistaro.<br />

190<br />

S. http://historio.ru/muravkin.php. Muravkin ist auf der Liste von http://lists.memo.ru/index13.htm ni<strong>ch</strong>t erwähnt.<br />

191<br />

S. http://www.esperanto.org/Ondo/R-rytkov.htm. Vgl. Lins. LDL, S. 393f. Geb. 1913 in Smolensk, von Beruf Theater-<br />

S<strong>ch</strong>auspieler, wurde Ryt’kov von Pjotr Gavrilov, dem Expediteur im SĖSR-Büro in Moskau, denunziert (s. Lins, LDL, S.<br />

394), na<strong>ch</strong> Kolyma deportiert und 1946 na<strong>ch</strong> Noril’sk verbannt, wo er als S<strong>ch</strong>auspieler im Theater wirken durfte. Am 25.

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