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Verhaftung und Tod: Drezen s<strong>ch</strong>ien als ‚Modelfall’ (russ. masštabnaja figurka) geradezu<br />
geeignet für die stalins<strong>ch</strong>en Säuberungen: Lette, Kontakte mit dem Ausland und Publikation seiner<br />
Bü<strong>ch</strong>er im Ausland, Karrierebeginn im Zarenrei<strong>ch</strong>, ehemaliger Offizier, Teilnahme an der Oktoberrevolution,<br />
Parteimitglied, hoher Beamter des Kremls, Führer einer sowjetis<strong>ch</strong>en Organisation. Drezen<br />
wurde am 17. April 1937 verhaftet und gemäss Artikel 58 der „Teilnahme an einer antisowjetis<strong>ch</strong>en<br />
Organisation“ (bzw. der „Benutzung der SAT, eines Internationalen Esperantisten-Zentrums, für die<br />
heimli<strong>ch</strong>e antisowjetis<strong>ch</strong>e und antirevolutionäre Arbeit in der UdSSR“, das von L. Trockij gegründet<br />
worden sei), bes<strong>ch</strong>uldigt. Im Detail wurde er „der Erri<strong>ch</strong>tung und Führung einer antisowjetis<strong>ch</strong>en trockistis<strong>ch</strong>en<br />
terroristis<strong>ch</strong>en Organisation (Artikel 58-11) von Esperantisten bezi<strong>ch</strong>tigt, um zugunsten<br />
von Deuts<strong>ch</strong>land und der SAT aus Sabotage, Verrat, Terrorismus, Spionage sowie antisowjetis<strong>ch</strong>e<br />
Propaganda ausgeführt zu haben“ (offizieller Wortlaut der <strong>An</strong>klage). Drezen bekannte si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>uldig.<br />
Die von den Ri<strong>ch</strong>tern V.V. Ul’ri<strong>ch</strong> (Präsident), Rutman und Stel’ma<strong>ch</strong>ovič 175 angeführte Trojka verurteilten<br />
Drezen am 27. Oktober 1937 zum Tode dur<strong>ch</strong> Ers<strong>ch</strong>iessen. Die Hinri<strong>ch</strong>tung fand no<strong>ch</strong> am glei<strong>ch</strong>en<br />
Tag statt. 176 Die Literatur, die bei seiner Verhaftung bes<strong>ch</strong>lagnahmt wurde, wurde wegen ihres<br />
„nutzlosen ideologis<strong>ch</strong>en Inhalts“ verni<strong>ch</strong>tet.<br />
Bald na<strong>ch</strong> der Ermordung Ė.K. Drezens ereilte das glei<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>icksal au<strong>ch</strong> Arvid Karlovič<br />
Drezen (geb. 1900 in Libau). Im Unters<strong>ch</strong>ied zu seinem Bruder, der in Moskau lebte, erwis<strong>ch</strong>te es ihn<br />
in Leningrad. Na<strong>ch</strong>dem er am 4. November 1937 verhaftet wurde, wurde er am 17. Januar 1938 gemäss<br />
den Paragraphen 58-6-8-10-11 zum Tod verurteilt und ebenfalls no<strong>ch</strong> am glei<strong>ch</strong>en Tag ers<strong>ch</strong>ossen.<br />
177 Im Gegensatz zu seinem Bruder, bei dem zwis<strong>ch</strong>en Verhaftung und Hinri<strong>ch</strong>tung immerhin ein<br />
halbes Jahr verstri<strong>ch</strong>, wurde Arvid s<strong>ch</strong>on na<strong>ch</strong> etwas mehr als zwei Monaten na<strong>ch</strong> seiner Verhaftung<br />
ermordet.<br />
Drezens <strong>Frau</strong> Elena Konstantinovna Sazonova (*1899 Vilno), angebli<strong>ch</strong> eine russis<strong>ch</strong>e Literaturexpertin<br />
wurde am 27. Mai 1937 verhaftet. 178 Diese erwies si<strong>ch</strong> als militante Kämpferin gegen die<br />
„konterrevolutionären Elemente“. In der Zeits<strong>ch</strong>rift Meždunarodnyj jazyk betreute sie die Rubrik ‚Varia’.<br />
Jahrzehnte später erfuhr man mehr Details über diese rätselhafte <strong>Frau</strong>, die für den Geheimdienst<br />
NKVD gearbeitet haben soll. Aber statt ihren eigenen Mann zu denunzieren, klärte sie ihn 1932 über<br />
ihre Tätigkeit auf und gab ihm sogar den Namen und Rang des NKVD-Mannes bekannt, mit dem sie<br />
„zusammenarbeitete“. 179 Ė.K. Sazonova wurde am 2. November 1937 von den Ri<strong>ch</strong>tern Golikov (Präsident),<br />
Zyrjanov und Stel’ma<strong>ch</strong>ovič der Teilnahme an der „antirevolutionären Agitation und der Teilnahme<br />
an einer terroristis<strong>ch</strong>en Spionage-Organisation“ bes<strong>ch</strong>uldigt und am folgenden Tag, eine Wo<strong>ch</strong>e<br />
na<strong>ch</strong> ihrem Ehemann, hingeri<strong>ch</strong>tet.<br />
ropa. Wiesbaden 2010. Biographis<strong>ch</strong>e Studie E.K. Drezens über Zamenhof ist auf Esperanto online abrufbar unter: http://iespero.info/files/elibroj/eo%20-%20drezen,%20ernest%20-%20zamenhof.pdf<br />
bzw.:<br />
http://miresperanto.com/zamenhof/drezen_zamenhof.htm.<br />
175<br />
S. http://en.wikipedia.org/wiki/Vasiliy_Ulrikh bzw. russ. und dt. Version. Weitere Namen von <strong>An</strong>gehörigen dieser<br />
Trojkas s. http://ru.wikipedia.org/wiki/Военная_коллегия_Верховного_суда_СССР.<br />
176<br />
Ė.K. Drezen ers<strong>ch</strong>eint au<strong>ch</strong> auf der Liste auf http://lists.memo.ru/d11/f316.htm#n24. Na<strong>ch</strong> dieser Quelle wurde er offenbar<br />
auf dem Neuen Don(skoj)-Friedhof bestattet (s. http://ru.wikipedia.org/wiki/Новое_Донское_кладбище, wo si<strong>ch</strong> das<br />
Don(skoj)-Krematorium befindet (dort wurden au<strong>ch</strong> einige berühmte Opfer der Repressionen wie V.K. Blju<strong>ch</strong>er und M.N.<br />
Tu<strong>ch</strong>ačevskij beerdigt). Eine andere ho<strong>ch</strong>interessante Liste gibt Auskunft darüber, mit wel<strong>ch</strong>en Personen Ė.K. Drezen am<br />
glei<strong>ch</strong>en Tag zum Tod verurteilt wurde (s. http://stalin.memo.ru/spiski/pg04077.htm). Drezen wurde am 11.5.1957 rehabilitiert.<br />
177<br />
S. http://lists.memo.ru/d11/f316.htm#n24. Gemäss dieser Quelle ist er (an ungenanntem Ort) in Leningrad geboren und<br />
gilt als „Leningrader Märtyrer“.<br />
178<br />
Kuznecov, S.N. in: Drezen, Ė.K.: Historio de la mondolingvo: Tri jarcentoj da serĉado. Moskau 1991, S. 28f.<br />
179<br />
NikSt, Ĉu SAT estis sidejo de germana sekreta polico? In: Sennaciulo, 2/1990; Kuznecov S. 25f., und<br />
http://lists.memo.ru/d11/f316.htm#n24. Ihre Bestattung fand auf dem Polygon Kommunarka im Moskauer Gebiet<br />
(http://ru.wikipedia.org/wiki/Расстрельный_полигон_«Коммунарка») statt. Sazonova wurde erst im Januar 1990 rehabilitiert.<br />
180<br />
Russ. Version s. unter http://www2.unil.<strong>ch</strong>/slav/ling/textes/Drezen28.html.