15.11.2014 Aufrufe

Download als PDF (ca. 23 MB) - Förderverein des Canisianum

Download als PDF (ca. 23 MB) - Förderverein des Canisianum

Download als PDF (ca. 23 MB) - Förderverein des Canisianum

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

190<br />

Ehemalige im Interview 2009 A<br />

einem stabilen Land eines sehr vertrauten Kulturkreises. Die vielen denkbaren Einsatzgebiete<br />

<strong>des</strong> Diplomaten (Politik, Wirtschaft, Kultur, Presse, Protokoll etc.) bieten ein<br />

breites und hochinteressantes Tätigkeitsfeld.<br />

Unsere Schule: Zur Zeit <strong>des</strong> bewaffneten Konfliktes zwischen Russland und Georgien<br />

im Jahre 2008 waren Sie <strong>als</strong> stellvertretender Botschafter Deutschlands in<br />

der georgischen Hauptstadt Tiflis tätig. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?<br />

Chr. Pernhorst: Während der fünf Kriegstage vom 7. bis 12. August 2008 selbst<br />

war ich nicht in Georgien, sondern in der letzten Woche meines damaligen Sommerurlaubs<br />

hier in Lüdinghausen. Ich bin dann mit der ersten Lufthansa-Maschine, die nach<br />

dem Ende <strong>des</strong> Krieges wieder nach Tiflis geflogen ist, am 15. August 2008 nach Georgien<br />

zurückgekehrt. Die gedrückte, von Trauer und großer Angst geprägte Stimmung<br />

war überall in Tiflis und im ganzen Land mit Händen zu greifen. Viele fürchteten weiterhin<br />

einen Vormarsch der russischen Truppen, die mit ihren Panzern ja nur etwas mehr<br />

<strong>als</strong> 30 km nördlich von Tiflis stehen geblieben waren. Für die Botschaftsangehörigen<br />

und ihre Familien bedeuteten diese Tage nicht nur, wie für alle Menschen in Georgien,<br />

eine Zeit der Ungewissheit und inneren Anspannung, sondern sie waren gleichzeitig bestimmt<br />

von unheimlich viel Arbeit. Gefordert waren wir bei der Unterstützung der Ausreise<br />

von ausreisewilligen Deutschen mittels Bustransporten ins benachbarte Armenien,<br />

bei der Erstellung eines klaren Lagebil<strong>des</strong> oder bei der Betreuung <strong>des</strong> Besuchs der Bun<strong>des</strong>kanzlerin<br />

in Tiflis am 17. August 2008 und der anderen zahlreichen Besuchsgruppen<br />

aus dem Deutschen Bun<strong>des</strong>tag oder dem Auswärtigen Amt. Alles in allem war es eine<br />

sehr anstrengende, aber auch hochspannende Zeit.<br />

Unsere Schule: Zurzeit sind Sie <strong>als</strong> Referent in der Außen- und Sicherheitspolitischen<br />

Abteilung <strong>des</strong> Bun<strong>des</strong>kanzleramtes tätig. Das hört sich sehr spannend an.<br />

Könnten Sie uns Ihren Aufgabenbereich bitte erläutern?<br />

Chr. Pernhorst: Ich arbeite in der genannten Abteilung in einem Referat, das für<br />

die bilateralen Beziehungen Deutschlands zu den Ländern Mittel-, Südost- und Osteuropas,<br />

<strong>des</strong> Südkaukasus und Zentralasiens zuständig ist. Uns obliegt neben der Beobachtung<br />

der politischen Lage in diesen Ländern beispielsweise die Vorbereitung der eingehenden<br />

Besuche von Staats- und Regierungschefs, die von der Bun<strong>des</strong>kanzlerin empfangen<br />

werden, oder der Reisen der Bun<strong>des</strong>kanzlerin in diese Länder.<br />

Unsere Schule: Welcher Art sind Ihre Erinnerungen an Ihre Zeit am Cani? Und<br />

hat Sie die Schulzeit in Ihrer Berufswahl in irgendeiner Weise beeinflusst?<br />

Chr. Pernhorst: An meine Schulzeit auf dem Cani erinnere ich mich immer wieder<br />

sehr gerne, oft sogar mit ein wenig Wehmut. Auf dem Cani habe ich meine Prägung erfahren<br />

und wurde, und dies bestätige ich auch aus meiner heutigen Sicht, auf vorbildliche<br />

Weise auf die Herausforderungen <strong>des</strong> Studiums und <strong>des</strong> Lebens vorbereitet. In besonderem<br />

Maße war es die Beschäftigung mit der Antike im Latein-Unterricht und auf<br />

den diversen Fahrten nach Italien und Griechenland, die mich an philosophische Fragestellungen<br />

zu Staat und Gemeinwesen, zugleich aber auch an die Geschichte der europäischen<br />

Kultur herangeführt hat.<br />

Unsere Schule: Haben Sie noch Verbindungen zu ehemaligen Klassenkameraden<br />

und zum Cani?<br />

Chr. Pernhorst: Ja, ich habe gelegentlich Kontakt sowohl zu ehemaligen Klassenkameraden<br />

<strong>als</strong> auch zu Lehrern und damit zum Cani selbst. Vor einigen Jahren haben<br />

Christian Pernhorst (l.) mit einer georgischen Kollegin<br />

wir auf der Hochzeit eines Freun<strong>des</strong> und Con-Abiturienten zu siebt sogar einen Cani-Zirkel<br />

gegründet, <strong>des</strong>sen Zweck es ist, dass wir uns einmal im Jahr immer an unterschiedlichen<br />

Orten in Deutschland treffen und so den Kontakt halten. Dafür zahlen wir alle einen<br />

Monatsbeitrag auf ein Zirkel-Konto ein und verwenden den nach Ablauf eines Jahres<br />

angesparten Betrag für gemeinsame Unternehmungen.<br />

Unsere Schule: Lässt Ihnen Ihre Arbeit eigentlich noch Zeit für Familie, Freizeit<br />

und Hobbys?<br />

Chr. Pernhorst: Je nach Tätigkeit im diplomatischen Dienst sind der Beruf auf der<br />

einen und Familie und Freizeit auf der anderen Seite einmal besser und einmal schlechter<br />

miteinander zu vereinbaren. Das hängt natürlich von dem Einsatzland und ganz stark<br />

von der Art der Verwendung ab. In Georgien musste ich sehr viele Termine wahrnehmen,<br />

erst recht in Zeiten der Stellvertretung für die Botschafterin, und war darüber hinaus<br />

zeitlich dadurch stark gebunden, ständig auf der Höhe der krisenhaften Entwicklung<br />

im Land zu sein; das ging natürlich auf Kosten der Familie und der Hobbys. Jetzt<br />

im Inland ist neben dem Beruf etwas mehr Zeit für andere Dinge, aber die zeitliche Inanspruchnahme<br />

ist auch im Bun<strong>des</strong>kanzleramt sehr hoch.<br />

191<br />

A Ehemalige im Interview 2009

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!