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ten Arztbesuche erinnern.<br />

So beginnt ihre Kurzgeschichte denn<br />

auch damit, dass sich der Ich-Erzählerin eine<br />

kalte Impfnadel in den Oberarm bohrt. Das<br />

Gefühl, der ganze Körper stehe plötzlich in<br />

Flammen, paart sich mit einer aufsteigenden<br />

Übelkeit und dann umgibt die Patientin<br />

eine undurchdringliche Ohnmacht. In einem<br />

mehrstündigen Traum taucht die Erzählerin<br />

nun in die geheimnisvolle Welt außerhalb<br />

ihres Bewusstseins ein, in der vor allem<br />

das Spiel mit verschiedenen Lichtquellen im<br />

Vordergrund steht. Von diesen magnetisch<br />

angezogen und doch auf Distanz gehalten, ja<br />

sogar vom „Lichterzauber“ (so der Titel <strong>des</strong><br />

Textes) ihrer Umgebung bedroht, dämmert<br />

die Patientin dahin, bis sie in einem Krankenhaus<br />

wieder aufwacht. Eine unbekannte<br />

Sturzwunde am Kopf und die zur Visite angetretenen<br />

Ärzte tragen nicht unbedingt zur<br />

Klarheit der Situation bei, so dass die Autorin<br />

hier gekonnt mit dem Merkmal eines<br />

offenen Schlusses arbeitet.<br />

Diese eindringliche und lebendige<br />

Kurzgeschichte konnte die Jury<br />

überzeugen, so dass sich Christina nun<br />

die seltene Gelegenheit bot, an einem<br />

zweitägigen Schreibtraining der Stiftung<br />

teilzunehmen und den Text im Lesezelt auf<br />

der Frankfurter Buchmesse vorzutragen.<br />

Auch wenn Marcel Reich-Ranicki für diesen<br />

Auftritt nicht zum Kritikerstift gegriffen<br />

hat, die Teilnahme und das kleine Hineinschnuppern<br />

in den großen Literaturbetrieb<br />

waren schon Ansporn genug.<br />

Gerold Meischen<br />

Kunst & Kultur 2009 A<br />

Cani-Schüler beim Schreibwettbewerb erfolgreich<br />

Zahnspange und Babysitter<br />

überzeugten<br />

Obwohl jeder von uns bereits etliche<br />

Male im Behandlungsstuhl eines Arztes<br />

versunken ist oder nervige Kleinkinder bändigen<br />

musste, gehört es doch zu den eher<br />

seltenen Erfahrungen, eine Kurzgeschichte<br />

darüber zu lesen. Diesen Versuch haben Eva<br />

Schwerter und Alexander Kirchhoff – beide<br />

Schüler der Klasse 8b am <strong>Canisianum</strong> – unternommen<br />

und waren dabei auf Anhieb so<br />

erfolgreich, dass sie 2009 den Nachwuchspreis<br />

der hessischen Eckenroth-Stiftung<br />

gewonnen haben.<br />

Es passte gerade gut zu den Inhalten<br />

<strong>des</strong> Unterrichts, <strong>als</strong> ihr Deutschlehrer<br />

den Schreibwettbewerb vorstellte, eigene<br />

oder erfundene Erlebnisse mit dem Spaß<br />

am Formulieren und den Merkmalen der<br />

Kurzgeschichte zu verbinden. Eva und Alexander<br />

mussten auch nicht lange überlegen,<br />

bis sie ihr Thema vor Augen hatten. Der von<br />

Freundinnen berichtete Besuch bei einer Kieferorthopädin<br />

hatte sich so in ihr Gedächtnis<br />

eingegraben, dass Eva alles sofort wieder<br />

präsent war. Zu Papier gebracht, schildert<br />

der Text nun auf eindringliche Weise das<br />

Ringen mit einer einzusetzenden Zahnspange.<br />

Nicht nur, dass diese einer jungen<br />

Patientin mit „viel Gewalt und wenig Mit-<br />

gefühl“ in den Mund geschoben wird, die<br />

leidende Patientin muss auch das Gewicht<br />

der sich auf ihr abstützenden Ärztin und<br />

das Innere ihrer sich nähernden Nasenlöcher<br />

ertragen. Verbunden mit der Tröstung<br />

einer kommenden Pizza-Mahlzeit entwickelt<br />

der Text so viel Anschaulichkeit und<br />

Lebendigkeit, dass der Jury die getroffene<br />

Entscheidung sicher nicht schwerfiel.<br />

Die Fähigkeit, Alltagserfahrungen gekonnt<br />

zu verändern und erzählerisch<br />

aufzubereiten, zeichnet gleichermaßen<br />

auch die Kurzgeschichte von Alexander<br />

Kirchhoff aus, deren Erzähler von seiner<br />

Mutter gebeten wird, auf die beiden jüngeren<br />

Brüder aufzupassen. Missmutig und<br />

widerwillig lässt er sich darauf ein und nun<br />

gelingt es dem Autor, das sich entfaltende<br />

Wohnungschaos so dicht und erlebnisreich<br />

darzustellen, dass man <strong>als</strong> Leser fast Teil <strong>des</strong><br />

Geschehens wird und sich gleich dem Erzähler<br />

einem Herzinfarkt nahe weiß. Der Kampf<br />

mit den Kleinkind-Nervensägen durchläuft<br />

aber eine Entwicklung, so dass die brüderliche<br />

Bedrohung zunehmend einem Gefühl<br />

der Verbundenheit weicht.<br />

Gefreut haben sich die beiden Jungautoren<br />

nicht nur über den Preis, sondern<br />

auch über das damit verbundene zweitägige<br />

Schreibtraining und den kommenden<br />

Besuch auf der Frankfurter Buchmesse, der<br />

vielleicht neue Schreibanlässe und Anregungen<br />

vermittelt.<br />

Gerold Meischen<br />

A Kunst & Kultur 2009

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