92Strukturelle Einbindung der <strong>betrieblichen</strong> SuchtpräventionRudow, B. (2004). Das ges<strong>und</strong>e Unternehmen. Ges<strong>und</strong>heitsmanagement, Arbeitsschutz, Personalpflege.OldenbourgWattendorff, F. / Wienemann, E. (2004): Betriebliches Ges<strong>und</strong>heitsmanagement. In: Ges<strong>und</strong>heit mitSystem. Unimagazin, Zeitschrift der Universität Hannover, Heft 4/5: 28-31. http://www.wa.uni-hannover.deWienemann, Elisabeth (2002). Betriebliches Ges<strong>und</strong>heitsmanagement. Referat auf dem 1. Kongress fürArbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutz "Ges<strong>und</strong>es Niedersachsen" am 05.09.2002 in Braunschweig,http://www.wa.uni-hannover.de5.1.2 Suchtprävention <strong>und</strong> Suchthilfe im erweiterten ArbeitsschutzAufgr<strong>und</strong> der Erweiterung des Arbeitsschutzes (ArbSchG1996) ist die betriebliche Suchtprävention<strong>und</strong> Suchthilfe als ein integrierter Bestandteil der Vorbeugung <strong>und</strong> der Abwendung arbeitsbedingterGes<strong>und</strong>heitsgefahren anzusehen. Suchtpräventionsprogramme haben damit über dieBetriebs- oder Dienstvereinbarung <strong>und</strong> die Regelung <strong>zur</strong> Unfallverhütung hinaus eine breitere -präventiv ausgerichtete – Rechtsgr<strong>und</strong>lage erhalten. Dieser Standpunkt ist in zwei Rechtsgutachten<strong>zur</strong> Expertise untersucht <strong>und</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich bejaht worden.Im Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) heißt es im § 3 (1) zu den Gr<strong>und</strong>pflichten des Arbeitgebers:"Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigungder Umstände zu treffen, die Sicherheit <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit der Beschäftigten beider Arbeit beeinflussen (...) Dabei hat er eine Verbesserung von Sicherheit <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutzder Beschäftigten anzustreben."Er hat dabei nach § 4 ArbSchG von folgenden allgemeinen Gr<strong>und</strong>sätzen auszugehen, die auszugsweisedargestellt werden:1. Die Arbeit ist so zu gestalten, dass eine Gefährdung für Leben <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitmöglichst vermieden <strong>und</strong> die verbleibende Gefährdung möglichst gering gehalten wird;2. Gefahren sind an ihrer Quelle zu bekämpfen;3. bei Maßnahmen sind der Stand der Technik, Arbeitsmedizin <strong>und</strong> Hygiene sowiesonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse zu berücksichtigen;4. Maßnahmen sind mit dem Ziel zu planen, Technik, Arbeitsorganisation, sonstigeArbeitsbedingungen, soziale Beziehungen <strong>und</strong> Einfluss der Umwelt auf denArbeitsplatz sachgerecht zu verknüpfen;5. individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen;6. spezielle Gefahren für besonders schutzbedürftige Beschäftigtengruppen sind zuberücksichtigen;7. den Beschäftigten sind geeignete Anweisungen zu erteilen; (...).Dass die <strong>betrieblichen</strong> Suchtpräventionskonzepte, insbesondere das Interventionskonzept beiVerstößen gegen die Arbeitssicherheit <strong>und</strong> der Stufenplan geeignet sind, <strong>zur</strong> Abwendung ges<strong>und</strong>heitlicherGefährdungen im Betrieb beizutragen, ist vielfach belegt <strong>und</strong> kann als gesichertearbeitswissenschaftliche Erkenntnis angesehen werden.Im Hinblick auf die verstärkte Einbeziehung der Suchtprävention in den <strong>betrieblichen</strong> Arbeitsschutz,sollten die Beteiligten aus beiden <strong>betrieblichen</strong> Handlungsfeldern eng kooperieren, weiles große Überschneidungsbereiche hinsichtlich der Ziele <strong>und</strong> Maßnahmen gibt, sich aber unterschiedlicheUmsetzungsstrategien auch behindern können. Es geht z.B. um die Ersteinweisungfür neue MitarbeiterInnen, die Regelungen zum Alkohol- <strong>und</strong> Drogenkonsum <strong>und</strong> zum Rauchen,um das Verfahren <strong>zur</strong> Intervention bei akuter Beeinflussung durch berauschende Mittel, um denAbbau Sucht fördernder Arbeitsbedingungen (siehe Abschn. 2.1) <strong>und</strong> die Einbeziehung der entsprechendenFragen in die Instrumente <strong>zur</strong> Gefährdungsermittlung.Bei gemeinsamen, von den Akteuren aus dem Arbeitsschutz <strong>und</strong> der Suchtprävention getragenen<strong>betrieblichen</strong> Aktionen sollten jedoch die jeweiligen Zuständigkeiten <strong>und</strong> Rollen der Beteiligtengeklärt werden. Bei der Aktion "Rauchfreier Betrieb" ist z.B. die Umsetzung des Nichtrau-
Strukturelle Einbindung der <strong>betrieblichen</strong> Suchtprävention 93cherschutzes die Aufgabe des Arbeitgebers <strong>und</strong> der Fachkraft für Arbeitssicherheit. Der Betriebsarztkann die Beschäftigten über die ges<strong>und</strong>heitlichen Folgen des Rauchens aufklären.Und die interne Beratung hat die Aufgabe, den Prozess durch Informationen, Aufklärungsaktionen<strong>und</strong> Beratung, ggf. auch mit dem Angebot eines Nichtrauchertrainings, zu begleiten.Standard Es sollte ein regelmäßiger Austausch zwischen den Personen <strong>und</strong> Gremien der <strong>betrieblichen</strong>Suchtprävention <strong>und</strong> des Arbeitsschutzes stattfinden, um gemeinsame Aktivitäten abzustimmen. Bei der Durchführung von Präventionsveranstaltungen im Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutzoder im Rahmen der Suchtprävention sollte darauf geachtet werden, dass ein/e Vertreter/indes jeweils anderen Fachgebietes beteiligt wird. Bei gemeinsamen <strong>betrieblichen</strong> Aktionen sollten die jeweiligen Zuständigkeiten <strong>und</strong> Rollender Beteiligten geklärt <strong>und</strong> für die Beschäftigten sichtbar werden, damit Beratungs- <strong>und</strong> Kontrollfunktionennicht verwechselt werden.BegründungszusammenhangDie nicht zu unterschätzende Bedeutung des § 4 Nr. 1 ArbSchG liegt darin, dass sich der Arbeitgeber,<strong>und</strong> mit ihm die übrigen Akteure des <strong>betrieblichen</strong> Arbeitsschutzes, zu nennen sindhier vor allem Führungskräfte, Betriebs- <strong>und</strong> Personalräte, Sicherheitsfachkräfte, Betriebsärzte<strong>und</strong> Sicherheitsbeauftragte, zwingend mit den Aspekten der Ges<strong>und</strong>heitsgefährdung durch imBetrieb in Erscheinung tretende Suchtprobleme befassen <strong>und</strong> geeignete Maßnahmen zu ihrerAbwendung ergreifen müssen. Verbote allein sind im Sinne des erweiterten Arbeitsschutzesdazu nicht geeignet, wohl aber können Suchtpräventionsprogramme in einem Gesamtkonzeptdes Arbeits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitsschutzes hierzu einen Beitrag leisten (Abb. 13).Indirekt kann man aus dem erweiterten Arbeitsschutz auch die Notwendigkeit für eine interneBeratung ableiten. Denn wenn Betriebe <strong>und</strong> Einrichtungen nach dem erweiterten Arbeitsschutzverpflichtet sind, sich mit den Suchtproblemen am Arbeitsplatz, den Fragen zu ihren Ursachen<strong>und</strong> ihrer Vorbeugung befassen zu müssen, so liegt es nahe, hierfür auch die geeigneten Präventionskräftevorzusehen. So formuliert die EU-Kommission in ihrer Gemeinschaftsstrategie fürSicherheit <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit am Arbeitsplatz für die Jahre 2002 – 2006 die Forderung nach multidisziplinärenPräventionsdiensten, die in ihrer Struktur sowohl die sozialen <strong>und</strong> psychologischenRisiken als auch die Geschlechterperspektive berücksichtigen.