I. E<strong>in</strong>leitungHans Coppi, Berl<strong>in</strong>Deutscher <strong>Widerstand</strong> <strong>gegen</strong> <strong>das</strong> <strong>NS</strong>-<strong>Regime</strong>– E<strong>in</strong>sichten, Ten<strong>den</strong>zen und Fragestellungen1. Geteilte RückschauBeide deutsche Staaten bezogen sich auf <strong>den</strong> <strong>Widerstand</strong> <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> Nationalsozialismusbzw. <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> deutschen Faschismus und begründeten <strong>in</strong>unterschiedlicher Weise ihre Legitimation aus diesem Teil deutscher Geschichte.Die oftmals wiederholte, aber sehr verkürzte Sicht, <strong>das</strong>s im Westen nur derbürgerliche <strong>Widerstand</strong> rezipiert wurde, während im Osten der kommunistische<strong>Widerstand</strong> alle<strong>in</strong>iger Maßstab für Er<strong>in</strong>nerung und staatliche S<strong>in</strong>nstiftungwar, ist kritisch zu h<strong>in</strong>terfragen.Auch <strong>in</strong> der Bundesrepublik erschwerten zunächst traditionsbil<strong>den</strong>de Bedürfnisse<strong>den</strong> Zugang zu der Frage nach <strong>den</strong> Grün<strong>den</strong> für die Vere<strong>in</strong>zelungdes <strong>Widerstand</strong>es und nach <strong>den</strong> Bed<strong>in</strong>gungen für <strong>den</strong> übermächtigen Konsensbis weit h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> <strong>in</strong> die e<strong>in</strong>st <strong>NS</strong>-resistenten Milieus. 1 Vielfach wur<strong>den</strong> unterVernachlässigung der Quellenkritik Deutungsmuster der Verfolgungsbehör<strong>den</strong>übernommen. 2 Fortschritte <strong>in</strong> der Erfassung der Wirklichkeit des »DrittenReiches« traten mit dem »Bayernprojekt« e<strong>in</strong>. 3 Metho<strong>den</strong> der Sozial- und Alltagsgeschichtsschreibungermöglichten die bis dah<strong>in</strong> primär organisationsfixierte1Gerhard Paul, Zwischen Traditionsbildung und Wissenschaft. Ten<strong>den</strong>zen und Erträge der lokal-und regionalgeschichtlichen <strong>Widerstand</strong>sforschung, <strong>in</strong>: Anpassung, Verweigerung und <strong>Widerstand</strong>.Soziale Milieus, Politische Kultur und der <strong>Widerstand</strong> <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> Nationalsozialismusim regionalen Vergleich, hrsg. von Detlef Schmiechen-Ackermann, Berl<strong>in</strong> 1997. Zu <strong>den</strong> frühenÜberblicksdarstellungen zählt: Der lautlose Aufstand. Bericht über die <strong>Widerstand</strong>sbewegungdes deutschen Volkes 1933-1945, hrsg. von Günther Weisenborn, Hamburg 1954, <strong>in</strong> vielenNachauflagen, aber nicht <strong>in</strong> der DDR erschienen.2Hier sei nur <strong>das</strong> Beispiel der Roten Kapelle genannt. Die Deutungsmuster der Gestapo wirktennoch lange nach. Siehe auch: Rote Kapelle im <strong>Widerstand</strong> <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> Nationalsozialismus, hrsg.von Hans Coppi, Jürgen Danyel und Johannes Tuchel, Berl<strong>in</strong> 1994. Hans Coppi, Mythos RoteKapelle, <strong>in</strong>: Dieser Tod passt zu mir. Harro Schulze-Boysen – Grenzgänger im <strong>Widerstand</strong>, hrsg.von Hans Coppi und Geertje Andresen, Berl<strong>in</strong> 2001.3Mart<strong>in</strong> Broszat, Alltag und <strong>Widerstand</strong> – Bayern im Nationalsozialismus, München 1987; IanKershaw, Bayern <strong>in</strong> der <strong>NS</strong>-Zeit: Grundlegung e<strong>in</strong>es neuen <strong>Widerstand</strong>skonzeptes, <strong>in</strong>: 50 JahreInstitut für Zeitgeschichte: e<strong>in</strong>e Bilanz, hrsg. von Horst Möller, Udo Hengst, München 2000.8
<strong>Widerstand</strong>sforschung zu überw<strong>in</strong><strong>den</strong> und mit dem, obwohl umstrittenen,Resistenzbegriff widerständige Verhaltensweisen im Alltag e<strong>in</strong>zubeziehen. DetlevPeukerts Dissertation über <strong>den</strong> kommunistischen <strong>Widerstand</strong> im Ruhrgebiet 4markierte <strong>den</strong> qualitativen Sprung von der Traditionsbildung zur Wissenschaft.E<strong>in</strong>e mehr an der Sozialgeschichte orientierte <strong>NS</strong>-Forschung trug, untergleichzeitiger Anerkennung ihres opferreichen Kampfes, entschei<strong>den</strong>d zurEntmythologisierung der deutschen Arbeiterschaft als Hort des <strong>Widerstand</strong>sbei. 5 Weitere Untersuchungen zeigen, <strong>das</strong>s <strong>in</strong> der Bundesrepublik grundlegendeArbeiten zum kommunistischen <strong>Widerstand</strong> entstan<strong>den</strong> s<strong>in</strong>d. 6In der DDR sollte der Mythos von der immerwähren<strong>den</strong> Führung undAnleitung durch die KPD-Führung im antifaschistischen <strong>Widerstand</strong> auch dieUnfehlbarkeit der SED-Politik historisch legitimieren. Die traditionsbil<strong>den</strong>deParteigeschichte mit der besonderen Herausstellung und Überhöhung deskommunistischen <strong>Widerstand</strong>s verh<strong>in</strong>derte e<strong>in</strong>e differenzierte Beschäftigungmit unterschiedlichen Ansätzen wie auch mit der Vielfalt <strong>in</strong> <strong>den</strong> Reihen derHitler-Gegner. 7 Die DDR-<strong>Widerstand</strong>sforschung war sowohl von dogmatischenE<strong>in</strong>seitigkeiten wie auch immer wieder von Bemühungen zu ihrerÜberw<strong>in</strong>dung gekennzeichnet. 8 Sie verblieb aber nicht nur im Arbeitermilieu,wie die Arbeiten über Claus Graf von Stauffenberg 9 und Helmuth Moltke 10 ,dem <strong>Widerstand</strong> der Kirchen 11 und auch die Veröffentlichungen zur WeißenRose 12 zeigen. Filme im DDR-Fernsehen zu York von Wartenburg und zu <strong>den</strong>4Detlev Peukert, Die KPD im <strong>Widerstand</strong>. Verfolgung und Untergrundarbeit an Rhe<strong>in</strong> undRuhr 1933 bis 1945, Wuppertal 1980. Mit e<strong>in</strong>em guten Überblick über <strong>den</strong> Forschungsstandzum kommunistischen <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> der Bundesrepublik und der DDR. Diese Arbeit erschiennicht <strong>in</strong> der DDR.5Gegner des Nationalsozialismus. Wissenschaftler und <strong>Widerstand</strong>skämpfer auf der Suche nachhistorischer Wirklichkeit, hrsg. von Christoph Kleßmann und Falk P<strong>in</strong>gel, Frankfurt (Ma<strong>in</strong>),1980.6Hermann Duhnke, Die KPD von 1933 bis 1945, Köln 1972; Beatrix Herlemann, Auf verlorenemPosten. Kommunistischer <strong>Widerstand</strong> im Zweiten Weltkrieg. Die Knöchel-Organisation,Bonn 1986.7Institut für Marxismus-Len<strong>in</strong>ismus beim Zentralkomitee der SED, Geschichte der deutschenArbeiterbewegung, Band 5, von Januar 1933 bis Mai 1945, Berl<strong>in</strong> 1966.8E<strong>in</strong>en guten Überblick vermittelt der Aufsatz von Ines Reich und Kurt F<strong>in</strong>ker, Reaktionäreoder Patrioten? Zur Historiographie und <strong>Widerstand</strong>sforschung <strong>in</strong> der DDR bis 1990, <strong>in</strong>: Der20. Juli 1944. Bewertung und Rezeption des deutschen <strong>Widerstand</strong>es <strong>gegen</strong> <strong>das</strong> <strong>NS</strong>-<strong>Regime</strong>,Köln 1994.9Daniel Melnikow, 20. Juli. Legende und Wirklichkeit, Berl<strong>in</strong> 1964; Kurt F<strong>in</strong>ker, Stauffenbergund der 20. Juli 1944, Berl<strong>in</strong> 1965. 1989 erschien die 7. überarbeitete Nachauflage.10Kurt F<strong>in</strong>ker, Graf Moltke und der Kreisauer Kreis, Berl<strong>in</strong> 1978.9
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normalen Leben zu retten. Würde ei
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Rücksicht auf die Gefährdung ihre
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Die Genannten verstanden sich alsUn
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ist oder nicht. Ich erweitere diese
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