Rücksicht auf die Gefährdung ihrer eigenen und ihres K<strong>in</strong>des persönlicherSicherheit.« (Gertrud Luckner, 1949 230 )Nach der Pogromnacht vom 9. November 1938 war Margarethe Lachmundals Beauftragte des »Büros Grüber« für Pommern tätig, <strong>in</strong> engem Kontakt mitdem Internationalen Quäkerbüro <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und der (seit Juli 1939) »Reichsvere<strong>in</strong>igungder Ju<strong>den</strong> <strong>in</strong> Deutschland«. Es g<strong>in</strong>g dabei vor allem um Hilfefür »nichtarische Christen« und konfessionslose Ju<strong>den</strong>, die nun verzweifelte<strong>in</strong>e Auswanderungsmöglichkeit suchten. Gertrud Luckner sagt, MargaretheLachmund habe »<strong>den</strong> <strong>NS</strong>-Verfolgten schon vor der Deportation <strong>in</strong>tensiv undständig geholfen.« 2311934 war Hans Lachmund von War<strong>in</strong> an <strong>das</strong> Amtsgericht Anklam versetztwor<strong>den</strong>, und <strong>in</strong> Anklam lebten die Lachmunds bis Ende 1940. In der Nachtvom 12. auf <strong>den</strong> 13. Februar 1940 wur<strong>den</strong> mehrere hundert Ju<strong>den</strong> aus Stett<strong>in</strong>und Vorpommern aus ihren Wohnungen geholt, <strong>in</strong> Stett<strong>in</strong> zusammengeführtund mit e<strong>in</strong>em Sammeltransport nach Ostpolen, <strong>in</strong> <strong>den</strong> Distrikt Lubl<strong>in</strong>, deportiert.Dort fan<strong>den</strong> sie unter primitivsten Umstän<strong>den</strong> bei polnisch-jüdischenFamilien, die selbst <strong>in</strong> großer Armut lebten, Unterkunft. Es handelte sich umdie erste Ju<strong>den</strong>deportation aus dem Reichsgebiet <strong>in</strong> <strong>den</strong> Osten, anderthalbJahre vor Beg<strong>in</strong>n der systematischen Deportationen <strong>in</strong> die Vernichtungslager.Unter <strong>den</strong> Deportierten waren auch e<strong>in</strong>ige Anklamer, die die Lachmundsgut kannten.Nachdem Margarethe Lachmund am anderen Morgen von der Aktion erfahrenhatte, machte sie sich sofort auf <strong>den</strong> Weg nach Stett<strong>in</strong>, doch der Transportzugwar bereits abgefahren. Als nach e<strong>in</strong>igen Wochen die ersten Nachrichten ausOstpolen e<strong>in</strong>trafen, <strong>in</strong>formierte sie umgehend die jüdische Hilfsorganisation<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und organisierte, mit anderen, e<strong>in</strong>e Hilfsaktion: Briefe, Päckchen,e<strong>in</strong>e Zeitlang auch kle<strong>in</strong>e Geldsendungen g<strong>in</strong>gen an die Deportierten, brachtenihnen praktische wie seelische Hilfe. 232 Im Herbst 1942 brach der Kontakt ab.»E<strong>in</strong>e letzte verzweifelte Karte« von Frau Cläre Silbermann, früher Anklam,meldete Margarethe Lachmund, im Frühsommer 1943, »<strong>das</strong>s sie ke<strong>in</strong>e Postvon mir mehr bekommen habe, von ihrem Mann getrennt wor<strong>den</strong> wäre – es230Nachlass Hans und Margarethe Lachmund im Landeshauptarchiv Schwer<strong>in</strong>.231Siehe: Lebenszeichen aus Piaski. Briefe Deportierter aus dem Distrikt Lubl<strong>in</strong> 1940-1943.Herausgegeben von Else Rosenfeld und Gertrud Luckner. München 1968, S. 14.232Siehe dazu <strong>den</strong> Brief von Anna Grüneberg an Margarethe Lachmund aus Piaski, 18.10.1941:»Ich sage es immer wieder, es lebt e<strong>in</strong> Gott, der uns Sie als schützender Engel gesandt hat. Wiehätten wir sonst wohl leben sollen, ohne Sie, liebe treue Hilfe…« (Nachlass LandeshauptarchivSchwer<strong>in</strong>)86
war <strong>das</strong> letzte Lebenszeichen aus dem Arbeitslager Trawniki, Kr. Lubl<strong>in</strong>.« Der1968 erschienene Band »Lebenszeichen aus Piaski« enthält auch e<strong>in</strong>e größereZahl von Briefen an Margarethe Lachmund. 233Hans Rob<strong>in</strong>sohn war Ende 1938 von Hamburg nach Dänemark emigriertund konnte sich 1943 von dort nach Schwe<strong>den</strong> retten. Er setzte vomskand<strong>in</strong>avischen Exil aus se<strong>in</strong>e <strong>Widerstand</strong>sarbeit fort, unter anderem durchBemühungen, <strong>in</strong> England Verständnis und Unterstützung für die deutscheOpposition zu gew<strong>in</strong>nen. Ernst Strassmann wurde 1942 verhaftet, und damit»endete die zentral organisierte Gruppenarbeit. Er blieb bis 1945 <strong>in</strong> Haft …E<strong>in</strong>zelpersonen und angeschlossene Lokalgruppen arbeiteten bis 1945 weiter.« 234Hans und Margarethe Lachmund suchten nun Kontakt zu anderen <strong>Widerstand</strong>skreisen,so zu der kommunistischen Anton Saefkow-Gruppe. Sie bliebenauch <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit dem Ehepaar Kuckhoff bis zu dessen Verhaftungim September 1942, nach der sie sich sofort bemühten, »me<strong>in</strong>en Eltern undunserm damals vierjährigen Jungen Hilfe zu leisten, obwohl unser Prozeß sostreng aufgefaßt wurde, <strong>das</strong>s bereits <strong>das</strong> Wissen darum als strafbare Handlunggalt.« (Greta Kuckhoff, 17.10.1949 235 )Seit Ende 1940 <strong>in</strong> Greifswald, erlebten die Lachmunds dort die weiterenKriegsjahre und <strong>den</strong> Zusammenbruch des Hitlerreiches. Nach der militärischenKatastrophe von Stal<strong>in</strong>grad 1943 bildete sich <strong>in</strong> Greifswald e<strong>in</strong> »NationalkomiteeFreies Deutschland«, <strong>das</strong> <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit der gleichnamigen, kommunistischgeleiteten Geheimorganisation <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> stand. Die Initiatoren warender Kommunist Hugo Pfeiffer und der Pastor Lic. Gottfried Holtz (Wieck-El<strong>den</strong>a). »Holtz gewann <strong>den</strong> Amtsgerichtsrat Hans Lachmund aus Greifswaldfür die Gruppe. Beide warben dann im Freundes- und Bekanntenkreis für dieIdeen des Nationalkomitees.« (Ernst-Joachim Krüger 236 ) In ihm fan<strong>den</strong> sich233Vgl. Anmerkung 231.234Sass<strong>in</strong>, Lexikon des <strong>Widerstand</strong>es, (wie Anm. 223), S. 308.235E<strong>in</strong>gabe von Greta Kuckhoff vom 17.10.1949, Nachlass Lachmund, LandeshauptarchivSchwer<strong>in</strong>. In ihren Er<strong>in</strong>nerungen schreibt Greta Kuckhoff: »Me<strong>in</strong> Mann hat sich mit ihm (HansLachmund) gründlich unterhalten… Was me<strong>in</strong> Mann besonders an Hans Lachmund schätzte,war se<strong>in</strong>e ruhige sachliche Art, Menschen und Gruppen zu beurteilen. Er wog nicht nur ihrePersönlichkeit und ihren E<strong>in</strong>fluß, er wog auch ihre Ziele und bedachte dabei <strong>in</strong>sbesondere dieBereitschaft, mit der Arbeiterklasse zusammenzugehen.« Kuckhoff, Rosenkranz, (wie Anm.228), S. 250/51.236Ernst-Joachim Krüger: Zum Kampf Greifswalder Antifaschisten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gruppe des Nationalkomitees»Freies Deutschland« 1944/1945. In: Greifswald-Stralsunder Jahrbuch 1966, Bd.6, Rostock 1966, S. 67-78. »Zusammenkünfte der leiten<strong>den</strong> Mitglieder fan<strong>den</strong> bei Pastor Holtz<strong>in</strong> Wieck und während se<strong>in</strong>er Abwesenheit meist bei Lachmund oder bei Familie Pfeiffer statt.«S. 69. Margarethe Lachmung war <strong>in</strong> diese Aktivität e<strong>in</strong>bezogen.87
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