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Widerstand gegen das NS-Regime in den Regionen Mecklenburg ...

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großen Schlosspark fan<strong>den</strong> wir, auch die übriggebliebenen Grundmauern desSchlosses, die riesigen alten Bäume, <strong>den</strong> entengrützenüberzogenen Teich. Wasfrüher e<strong>in</strong>mal Rasenfläche gewesen se<strong>in</strong> musste, war nun von Brennnesselnüberwuchert oder parzelliert und umzäunt. Tatsächlich, die Göhrener hattensich anlässlich der Bo<strong>den</strong>reform 1945 auch <strong>den</strong> Gutspark aufgeteilt und e<strong>in</strong>igevon ihnen bewirtschafteten dort auch noch 1986 ihren Gemüsegarten.Auf diese Weise lernten wir Dietrich Buhrow kennen, e<strong>in</strong>en jungen Mann,der gerade mit e<strong>in</strong>em großen Korb voller grüner Bohnen und e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>enK<strong>in</strong>d auf dem Arm unseren Weg kreuzte. Dietrich verstand sofort, was wirsuchten und er wusste – obwohl er erst seit kurzem im Dorf wohnte – ziemlichgut Bescheid. Er zeigte uns die kle<strong>in</strong>e Schlosskirche und <strong>den</strong> E<strong>in</strong>gangzur Familiengruft, der immer wieder aufgebrochen wurde. Durch Unterholzund riesige Brennnessel-Felder führte er uns zur Begräbnisstätte des Onkelsunseres Freundes Detlef und dessen Eltern. Dann lud uns Dietrich Buhrow<strong>in</strong> se<strong>in</strong>e Wohnung im hässlichen Neubau des Dorfes direkt <strong>gegen</strong>über demSchlosspark e<strong>in</strong>, wo er mit se<strong>in</strong>er hochschwangeren Frau, e<strong>in</strong>er R<strong>in</strong>derzüchter<strong>in</strong>,und se<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>en Sohn lebte. Dietrich arbeitete <strong>in</strong> Göhren als Hilfsarbeiter,er hatte aus politischen Grün<strong>den</strong> im Gefängnis gesessen und durfte nichtMediz<strong>in</strong> studieren. Außerdem war er Vegetarier, was <strong>in</strong> der DDR gar nichte<strong>in</strong>fach durchzuhalten war. Deshalb musste an diesem Abend die Bohnenerntegeputzt und <strong>in</strong> Weckgläser geschnippelt wer<strong>den</strong>, während dessen ichan der Tür der Nachbar<strong>in</strong> kl<strong>in</strong>gelte, die früher als Dienstmädchen auf demSchloss gearbeitet hatte. Frau B. erzählte mir, wie sie von dem Attentat undder Verhaftung des Grafen erfahren hatte. Als ich zurück <strong>in</strong> die BuhrowscheWohnung kam, hatte sich noch e<strong>in</strong> Freund aus Rostock e<strong>in</strong>gestellt. AlleAnwesen<strong>den</strong> saßen e<strong>in</strong>trächtig beim Bohnenschnippeln und räsoniertenüber <strong>Widerstand</strong>, Sozialismus, Zen-Buddhismus, vegetarische Lebensweiseund R<strong>in</strong>derzucht. Dann brach e<strong>in</strong> Gewitter los, es regnete und stürmte, derStrom fiel aus, Kerzen wur<strong>den</strong> angezündet und wir wur<strong>den</strong> e<strong>in</strong>gela<strong>den</strong>, <strong>in</strong>der Wohnung zu übernachten.Im Ergebnis dieses Aufenthalts schrieb ich e<strong>in</strong>en Artikel für die Zeitschrift»Weltbühne«, der e<strong>in</strong>ige Wochen später im September veröffentlicht wurde.Ich glaube, es war am Jahrestag der H<strong>in</strong>richtung von Ulrich WilhelmSchwer<strong>in</strong> von Schwanenfeld. Ich beschrieb dar<strong>in</strong> unseren Besuch <strong>in</strong> Göhren,<strong>den</strong> Schlosspark, die Begräbnisstätte, <strong>den</strong> Besuch bei Frau B. und stellte amSchluss die Frage, warum es <strong>in</strong> diesem Ort eigentlich ke<strong>in</strong>e Ge<strong>den</strong>ktafel gibt,die an <strong>den</strong> mutigen Grafen er<strong>in</strong>nert, der se<strong>in</strong> Leben e<strong>in</strong>gesetzt hatte, um <strong>das</strong>Nazi-<strong>Regime</strong> zu beseitigen.125

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