wollten für <strong>den</strong> Mitte August geplanten Staatsstreich gerüstet se<strong>in</strong>. DurchYorck oder Schulenburg lernte Schwer<strong>in</strong> auch bald nach dessen Ankunft <strong>in</strong>Berl<strong>in</strong> Stauffenberg kennen.Der Zugang zu der ihm bis dah<strong>in</strong> frem<strong>den</strong> Welt des deutschen <strong>Widerstand</strong>swurde Stauffenberg durch se<strong>in</strong>en Onkel Nikolaus Graf v. Üxküll-Gyllenbandund se<strong>in</strong>en Bruder Berthold, sowie durch die Männer se<strong>in</strong>er Generation, Yorck,Schulenburg, Schwer<strong>in</strong> und Brücklmeier, erschlossen. Zu Brücklmeier warStauffenbergs Kontakt offenbar bald so eng, <strong>das</strong>s er se<strong>in</strong>en 36. Geburtstagim November 1943 <strong>in</strong> dessen Wohnung feierte. Stauffenberg und Schwer<strong>in</strong>duzten sich von Anfang an und gaben sich, um ihren engen und regen Kontaktzu begrün<strong>den</strong>, als alte Jugendfreunde aus, was nicht der Fall war. Schwer<strong>in</strong>wurde bald zu e<strong>in</strong>em der häufigsten Besucher <strong>in</strong> Stauffenbergs Büro <strong>in</strong> derBendlerstraße, Stauffenberg wiederum besuchte Schwer<strong>in</strong> und Brücklmeier, die<strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> ausgebombt seit Ende November zusammen wohnten, wöchentlichmehrmals <strong>in</strong> ihrer Potsdamer Wohnung.Schwer<strong>in</strong>s Stellung <strong>in</strong> diesem Beziehungsgeflecht ab Herbst 1943 wirddadurch deutlich, <strong>das</strong>s ihn Beck, die anerkannte »Zentrale« des <strong>Widerstand</strong>sund <strong>in</strong> der <strong>Widerstand</strong>shierarchie dann designiertes Staatsoberhaupt, zu se<strong>in</strong>errechten Hand machte. Schwer<strong>in</strong> und se<strong>in</strong>e Freunde waren eng <strong>in</strong> die schwierigeund gefährliche Personalplanung des Staatsstreiches e<strong>in</strong>gebun<strong>den</strong>: <strong>das</strong> F<strong>in</strong><strong>den</strong>der Attentäter, der sog. politischen Beauftragten für die 18 Wehrkreise, derVerb<strong>in</strong>dungsoffiziere, der Spitzenbeamten und schließlich des Kab<strong>in</strong>etts. Ende1943 wurde Schwer<strong>in</strong> <strong>in</strong> Gegenwart von Jakob Kaiser, Wilhelm Leuschnerund Josef Wirmer die Liste der politischen Beauftragten für Beck übergeben.Speziell die Zusammenstellung der Kab<strong>in</strong>ettsliste war e<strong>in</strong> konfliktreicherProzess im Stil von Koalitionsverhandlungen, der, im wesentlichen von CarlGoerdeler betrieben, sich über Monate h<strong>in</strong>zog. Die designierte Regierungdes <strong>Widerstand</strong>s band schließlich alle politischen Kräfte Weimars e<strong>in</strong> mitAusnahme der Kommunisten und der Nazis. Schwer<strong>in</strong>, Yorck und Schulenburgwaren als Staatssekretäre des Staatsoberhauptes, des Kanzlers und desInnenm<strong>in</strong>isters vorgesehen.Schwer<strong>in</strong> und <strong>den</strong> Freun<strong>den</strong> aus se<strong>in</strong>em sozialen Umfeld war vor allem dieBegegnung mit <strong>den</strong> Sozialdemokraten und Gewerkschaftsführern e<strong>in</strong>e neueund bewusst wahrgenommene, persönlich bereichernde Erfahrung. In derillegalen Zusammenarbeit im Schatten des Galgens entstan<strong>den</strong> e<strong>in</strong> Vertrauenund e<strong>in</strong>e Solidarität, die sonst kaum möglich gewesen wären. Schwer<strong>in</strong>und Schulenburg wur<strong>den</strong> zum B<strong>in</strong>deglied zwischen <strong>den</strong> Militärs und diesenMännern des l<strong>in</strong>ken Spektrums. 284114
Schwer<strong>in</strong> wurde zum 1. Mai 1944 von der Division Bran<strong>den</strong>burg <strong>in</strong> e<strong>in</strong>eDienststelle des OKH versetzt, die <strong>in</strong> unmittelbarer Nähe des Stabs des Ersatzheeres,dem Büro Stauffenbergs, lag. In Schwer<strong>in</strong>s Büro warteten am 20.Juli auch Berthold Stauffenberg, Schulenburg und Yorck auf e<strong>in</strong>e Nachrichtvon Claus Stauffenberg über <strong>den</strong> Ausgang des Attentats. Als der Anruf <strong>gegen</strong>15 Uhr kam, holte Schwer<strong>in</strong> Beck aus Lichterfelde ab, die übrigen g<strong>in</strong>genh<strong>in</strong>über zum Stab des Ersatzheeres <strong>in</strong> die Bendlerstraße. In <strong>den</strong> letzten Stun<strong>den</strong>des Tages brach der Staatsstreichversuch zusammen. Stauffenberg, Olbricht,Albrecht Mertz v. Quirnheim und Werner v. Haeften wur<strong>den</strong> sofort noch imHof der Bendlerstraße exekutiert, Beck beg<strong>in</strong>g Selbstmord. Schwer<strong>in</strong> und se<strong>in</strong>eFreunde wur<strong>den</strong> <strong>in</strong> der Bendlerstraße verhaftet und zeitweise im Hausgefängnisder Gestapo <strong>in</strong> der Pr<strong>in</strong>z Albrecht Straße, zeitweise im Gefängnisblock desKZ Ravensbrück gefangen gehalten. Nachdem York und Witzleben bereitsim ersten Volksgerichtshof-Prozess von Freisler zum Tode verurteilt undsofort h<strong>in</strong>gerichtet wor<strong>den</strong> waren, Schulenburg und Berthold Stauffenbergim dritten Prozess, wurde Schwer<strong>in</strong> im vierten Prozess am 21. August zumTode verurteilt und am 8. September <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>-Plötzensee h<strong>in</strong>gerichtet. Se<strong>in</strong>eWitwe und Söhne kamen <strong>in</strong> Güstrow und Bad Sachsa <strong>in</strong> »Sippenhaft«. DasVermögen »verfiel dem Reich«.In der Jackentasche des von der SS ermordeten Albrecht Haushofer fan<strong>den</strong>sich Ende April 1945 diese Zeilen:»Als ich <strong>in</strong> dumpfes Träumen heut versank,sah ich die ganz Schar vorüberziehn:Die Yorck und Moltke, Schulenburg, Schwer<strong>in</strong>,die Hassell, Popitz, Helfferich und Planck –nicht e<strong>in</strong>er, der des eignen Vorteils dachte,nicht e<strong>in</strong>er, der gefühlten Pflichten bar,<strong>in</strong> Glanz und Macht, <strong>in</strong> tödlicher Gefahr,nicht um des Volkes Leben sorgend wachte…Es gibt wohl Zeiten, die der Irrs<strong>in</strong>n lenkt,dann s<strong>in</strong>d’s die besten Köpfe, die man henkt.« 284Dito, S. 355.115
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