Frauen des Kreisauer Kreises fan<strong>den</strong> <strong>in</strong> <strong>den</strong> achtziger Jahren e<strong>in</strong> <strong>in</strong>teressiertesPublikum.2. Idealtypische <strong>Widerstand</strong>skämpferDas Er<strong>in</strong>nern an <strong>den</strong> 20. Juli 1944 und <strong>das</strong> Nach<strong>den</strong>ken über <strong>das</strong> fehlgeschlageneAttentat auf Hitler fan<strong>den</strong> sechzig Jahre danach e<strong>in</strong>e große, bisher nichtgekannte öffentliche Aufmerksamkeit. Ke<strong>in</strong> anderes Ereignis der Geschichtedes Nazi-<strong>Regime</strong>s wurde zu solch e<strong>in</strong>em medialen Ereignis. Die Republikwürdigte, ehrte und feierte vor allem die Offiziere und Generäle des 20. Julials Vorbilder und Hel<strong>den</strong>. Sie hatten im Juli 1944 <strong>den</strong> Aufstand des Gewissensgewagt, <strong>den</strong> Gehorsam verweigert, <strong>den</strong> Eid gebrochen und <strong>den</strong> Krieg been<strong>den</strong>wollen. Für preußische Militärs war dies e<strong>in</strong>e ungewöhnlich oppositionelle,da obrigkeitswidrige Haltung. Umfragen belegen, <strong>das</strong>s Anerkennung undReputation von Claus von Stauffenberg und se<strong>in</strong>en mutigen Mitstreitern <strong>in</strong>Deutschland noch nie so e<strong>in</strong>deutig und ungeteilt waren. 13Von diesem Umsturzversuch g<strong>in</strong>g die größte Gefahr für <strong>das</strong> Nazi-<strong>Regime</strong>im Inneren Deutschlands aus. Viele der an <strong>den</strong> Planungen des UmsturzesBeteiligten lösten sich aber erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em komplizierten und widersprüchlichenProzess vom Naziregime. Die beteiligten Offiziere und Generäle waren zunächstan der Vorbereitung und Mitwirkung e<strong>in</strong>es verbrecherischen Angriffskriegesbeteiligt. E<strong>in</strong>zelne duldeten, andere wussten um die Verbrechen <strong>gegen</strong> Zivilistenund manche kooperierten mit <strong>den</strong> SS-E<strong>in</strong>satzgruppen. 14 Uns begegnenwiderspruchsvolle Biographien von Männern, die sich aus partieller Übere<strong>in</strong>-11Klaus Drobisch, Dokumentarbericht über Leben und Sterben des katholischen GeistlichenDr. Max Josef Metzger, Berl<strong>in</strong> 1970; Klaus Drobisch und Gerhard Fischer (Hrsg.), Ihr Gewissengebot es. Christen im <strong>Widerstand</strong> <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> Hitlerfaschismus; Gerhard Fischer, AntifaschistischesErbe - Mythos oder Auftrag? Lehren aus dem <strong>Widerstand</strong> von Christen <strong>in</strong> Deutschland,Berl<strong>in</strong> 1986.12Karl-He<strong>in</strong>z Jahnke, Antifaschistischer <strong>Widerstand</strong> an der Münchener Universität. Die Stu<strong>den</strong>tengruppeScholl/Schmorell, <strong>in</strong>: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 16, 1968; Wirschweigen nicht! E<strong>in</strong>e Dokumentation über <strong>den</strong> antifaschistischen Kampf Münchener Stu<strong>den</strong>ten1942/43, hrsg. und mit e<strong>in</strong>er biographischen Skizze der Geschwister Scholl e<strong>in</strong>geleitet vonKlaus Drobisch, Berl<strong>in</strong> 1980.13Der Spiegel 29/2004, S. 24. Über 70 Prozent der Befragten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Infratestumfrage vom22. bis 24. Juni drückten ihre Bewunderung und Achtung aus, wenn sie an <strong>das</strong> Attentat vom20. Juli dachten.14Christian Gerlach, Männer des 20. Juli und der Krieg <strong>gegen</strong> die Sowjetunion, <strong>in</strong>: Vernichtungskrieg<strong>gegen</strong> die Sowjetunion 1941 bis 1944, hrsg. von Hannes Heer und Klaus Naumann,Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 1999.10
stimmung und Verstrickung mit dem Naziregime lösten und schließlich auchaus dem Eid auf Hitler befreiten. Wir entdecken Menschen, deren Ansichtensich durch E<strong>in</strong>sichten veränderten. 15 Dabei wurde im Sommer 2004 <strong>in</strong> vielenBeiträgen weniger oder eher beiläufig auf die Brüche <strong>in</strong> <strong>den</strong> Biographien derProtagonisten e<strong>in</strong>gegangen. Es geht allerd<strong>in</strong>gs nicht darum, wie Joachim Festbefürchtet, die Taten der Männer des 20. Juli durch e<strong>in</strong>e differenzierte Sichtauf ihr Leben herabsetzen zu wollen. 16 Erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er behutsamen differenziertenAnnäherung wird der Spannungsbogen von Übere<strong>in</strong>stimmung undzunehmender Distanz, von quälendem Zögern und entschlossenem Handeln,wer<strong>den</strong> Motive ihres Wandels und Handelns für die Nachgeborenen sichtbar.Kontroversen gab es <strong>in</strong> diesem Jahr, im Gegensatz zum 20. Juli 1995, nichtmehr, wenn man von <strong>den</strong> Protesten der Gegner des öffentlichen Gelöbnissesvor dem Bendler-Block absieht.Der deutsche <strong>Widerstand</strong> <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Breite, Vielfalt und Widersprüchlichkeit,mit all se<strong>in</strong>en Brüchen, Hoffnungen, Niederlagen und Neuanfängen 17 schienim Sommer 2004 bei der Fokussierung auf die Offiziere und Generäle des 20.Juli leider nur selten auf. Die Dynamik der Ereignisgeschichte des Attentatsauf Hitler ließ oftmals die beteiligten Sozialdemokraten und Gewerkschafter,Hitlergegner der ersten Stunde, zu Statisten und Randfiguren wer<strong>den</strong>. DieBemühungen Stauffenbergs, über Adolf Reichwe<strong>in</strong> und Georg Leber Kontaktezum kommunistischen <strong>Widerstand</strong> um Anton Saefkow und Franz Jakob <strong>in</strong>Berl<strong>in</strong> 18 aufzubauen, waren nur selten e<strong>in</strong> ema. Auch die verfolgten 30 000Deserteure 19 , von <strong>den</strong>en 20 000 zum Tode verurteilt wur<strong>den</strong>, fan<strong>den</strong> kaume<strong>in</strong>e Erwähnung.15Peter Ste<strong>in</strong>bach, Der 20. Juli 1944. Gesichter des <strong>Widerstand</strong>s, Berl<strong>in</strong> 2004.16Joachim Fest, »Es g<strong>in</strong>g um e<strong>in</strong>en demonstrativen Akt«. Gedanken zum 20. Juli/HistorischerHochmut und ideologische Verranntheit <strong>in</strong> Zeiten moralischer Bequemlichkeit, <strong>in</strong>: FrankfurterAllgeme<strong>in</strong>e Zeitung vom 22. Juli 2004.17Hartmut Mehr<strong>in</strong>ger, <strong>Widerstand</strong> und Emigration. Das <strong>NS</strong>-<strong>Regime</strong> und se<strong>in</strong>e Gegner, München1998. E<strong>in</strong>e umfangreiche Bestandsaufnahme mit e<strong>in</strong>em umfassen<strong>den</strong> Literaturüberblick.Ferner: Lexikon des deutschen <strong>Widerstand</strong>s, hrsg. von Wolfgang Benz und Walter H. Pehle,Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 2001; <strong>Widerstand</strong> <strong>gegen</strong> die nationalsozialistische Diktatur 1933-1945,hrsg. von Peter Ste<strong>in</strong>bach und Johannes Tuchel, Bonn 2004; <strong>Widerstand</strong> <strong>gegen</strong> <strong>den</strong> Nationalsozialismus.E<strong>in</strong> historisches Lehrbuch, hrsg. von Peter Ste<strong>in</strong>bach und Johannes Tuchel, München1997; Michael Ruck, Bibliographie zum Nationalsozialismus, Darmstadt 2000. Mit e<strong>in</strong>emumfangreichen Literaturüberblick zu <strong>Widerstand</strong> und Verfolgung <strong>in</strong> der <strong>NS</strong>-Zeit.18Johannes Tuchel, Kontakte zwischen Sozialdemokraten und Kommunisten im Sommer 1944.Zur historischen Bedeutung des 20. Juli 1944, <strong>in</strong> Dachauer Hefte 11 (1995); Ursel Hochmuth,Illegale KPD und Bewegung »Freies Deutschland« <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und Bran<strong>den</strong>burg, Berl<strong>in</strong> 1998.11
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Eine pauschalisierende Bezeichnung
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normalen Leben zu retten. Würde ei
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Rücksicht auf die Gefährdung ihre
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