3 <strong>Das</strong> <strong>β</strong>-<strong>Spektrometer</strong>Die eingezeichneten Fehlerindikatoren gehen aus <strong>der</strong> Ableseunsicherheit hervor undwerden für jeden Punkt gleich groß geschätzt. Durch die so gefundenen Parameter ist esmöglich, für jede beliebige Energie ɛ <strong>der</strong> <strong>β</strong> + -Teilchen die zugehörige CoulombkorrekturF (Z = 10, ɛ) zu bestimmen.Mit Gl.(3.18) lassen sich nun die Y -Werte berechnen und gegen ɛ aufgetragen. DerKurie-Plot für 22 Na ist in Abb. 3.24 dargestellt. Entgegen <strong>der</strong> Erwartung sind sehrstarke Abweichungen von einem linearen Verlauf zu erkennen. Im Bereich <strong>der</strong> Maximalenergieɛ 0 = 2, 07 sollte Y linear auf Null absinken und die ɛ-Achse schneiden.Stattdessen ist eine breite Verschmierung zu sehen, die für größere Energien langsamabklingt, den Wert Y = 0 aber nie erreicht. Sie ist, wie in den vorigen Abschnittenschon besprochen, auf die endliche instrumentelle Auflösung des <strong>Spektrometer</strong>szurückzuführen. Die daraus resultierenden, zu hohen Zählraten selbst jenseits <strong>der</strong>Maximalenergie wirken sich auch in <strong>der</strong> Kurie-Darstellung aus und verhin<strong>der</strong>n dentheoretischen, linearen Verlauf im Endbereich. Im nie<strong>der</strong>energetischen Bereich siehtman weitaus größere Abweichungen, die auf verschiedene Ursachen zurückzuführen sind.In [36] wird diese Problematik in einem Beitrag von C.S. Wu 7 behandelt. Bei ihrenUntersuchungen machte Wu die Feststellung, dass Abweichungen für kleine ɛ auchvon <strong>der</strong> Dicke und Beschaffenheit <strong>der</strong> radioaktiven Quelle abhängen. Absorptions- undStreueffekte innerhalb des Präparats, sowie im Quellen-Trägermaterial sorgen dafür,dass erhebliche Deformationen im Spektrum auftreten. So muß die Quelle extremdünn und die Halterung sehr leicht sein, um auch im nie<strong>der</strong>energetischen Bereich eineLinearität zu erhalten.Die im Experiment verwendeten <strong>β</strong>-Quellen sind in Schulen zugelassen und daheraus Strahlenschutzgründen eingekapselt. Eine 20 µm-dicke Edelstahlfolie deckt denStrahler ab und verursacht so einen Energieverlust, <strong>der</strong> vor allem bei den nie<strong>der</strong>energetischen<strong>β</strong>-Teilchen eine Rolle spielt. Außerdem kommt hinzu, dass die Quellen ingelöster Form auf ein Trägermaterial aufgetropft wurden. Durch das Auftropfen desPräparats entstehen aufgrund <strong>der</strong> anschließenden Kristallisation, enorme Variationeninnerhalb <strong>der</strong> Dicke. Autoradiographische Untersuchungen haben gezeigt, dass sichdie Dicken aufgetropfter Quellen lokal z.T wie 100 zu 1 unterscheiden und daher keinordentlicher Verlauf im Kurie-Plot zu erwarten sei [36]. Diese Uneinheitlichkeit innerhalbdes Strahlers, sowie Absorption im Material, in <strong>der</strong> Luft und im Zählrohrfensterbewirken, dass eigentlich gar keine nie<strong>der</strong>energetischen Positronen bzw. Elektronen imDetektor ankommen können. <strong>Das</strong> Spektrum erfährt folglich eine leichte Verschiebungzu kleineren Energien. Die sehr hohen Zählraten, die bei kleinen Magnetfeldstärken,d.h. bei kleinen Energien registriert werden, sind zusätzlich auf die Auflösung <strong>der</strong><strong>Spektrometer</strong>anordnung zurückzuführen und bewirken gemäß Gl.(3.18) eine Abbildungauf zu hohe Y -Werte, die von einem linearen Verlauf abweichen.7 Chien-Shiung Wu: 1912 - 1997, chinesisch-amerikanische Physikerin,Wu-Experiment: Nachweis <strong>der</strong> Paritätsverletzung bei schwachen Wechselwirkungen.58
3.4 Der Kurie-Plot: Bestimmung <strong>der</strong> MaximalenergienAbb. 3.24.: Kurie-Plot des <strong>β</strong> + -Spektrums von 22 Na. Die rote Linie kennzeichnet die Maximalenergie<strong>der</strong> Positronen.Dennoch kann die Maximalenergie <strong>der</strong> beim Zerfall von 22 Na emittierten Positronenbestimmt werden. Schwierig ist es nur, das richtige Intervall für einen linearen Fit zu finden.Denn wie eben diskutiert, darf <strong>der</strong> stark verschmierte End-, sowie <strong>der</strong> abweichendeAnfangsbereich nicht miteinbezogen werden. Um zu überprüfen, ab welchen ɛ-Werteneine mögliche Linearität im Kurie-Plot einsetzt, wird die Steigung Y ′ zwischen je zweibenachbarten Punkten überY ′ = ∆Y∆ɛ = Y i+1 − Y imit s Y ′ = 1 √(s Yi+1 )ɛ i+1 − ɛ i ∆ɛ2 + (s Yi ) 2berechnet und in Abb. 3.25 gegen ɛ aufgetragen. Bei linear angeordneten Punkten wirdY ′ konstant sein. Betrachtet man den Verlauf <strong>der</strong> Steigung in Abb. 3.25, so erkenntman, dass sich ab ɛ ≈ 1, 4 ein ansatzweise konstantes Plateau ergibt.Für den Fit werden nur die farbig hinterlegten Punkte gewählt, da man sonst inden verschmierten Endbereich hineinkommt, <strong>der</strong> das Ergebnis ebenso verfälscht. Wogenau man diese rechte Grenze setzen sollte, ist schwer zu beurteilen. Demnach istdas Ergebnis für die Maximalenergie von 22 Na, das man über den Schnittpunkt <strong>der</strong>Fitgeraden mit <strong>der</strong> ɛ-Achse erhält, nur als grober Näherungswert zu interpretieren.In Abb. 3.26 ist <strong>der</strong> Kurie-Plot mit linearem Fit <strong>der</strong> Form y = a + bx dargestellt.59