Holger Michael • VOM BALTIKUM NACH KLEINASIEN
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Die staatsrechtliche Basis für den revolutionären politischen<br />
Wandel im Baltikum bildeten die aus Wahlen<br />
hervorgegangenen Parlamente und Regierungen sowie<br />
deren Entscheidungen. Darunter fällt auch der Beschluss<br />
über die Aufnahme der inzwischen baltischen Sowjetrepubliken<br />
in den Staatsverband der UdSSR.<br />
Alles nachträglich für ungültig erklären zu wollen,<br />
diente nur antisowjetischer Stimmungsmache und ideologischer<br />
Verwirrung. Dadurch konnten die heutigen<br />
baltischen Führungen aber der Bevölkerung mit Erfolg<br />
suggerieren, eine fremde Macht habe ihre angeblich demokratischen<br />
Länder annektiert und dadurch deren<br />
durchaus erfolgreiche Entwicklung beendet. Diese wären<br />
niemals freiwillig der UdSSR beigetreten.<br />
Wohlweislich wurden besonders die innenpolitischen<br />
Verhältnisse verschwiegen. Die baltischen Staaten hatten<br />
nämlich de facto faschistische Regimes. Sie standen durch<br />
den Kriegsausbruch vor schweren wirtschaftlichen Problemen,<br />
die die politische Krise noch verschärften. In dieses<br />
Vakuum stießen die Linken und erstrebten eine gesellschaftliche<br />
Umwandlung, bei der sie sich der Unterstützung<br />
des mächtigen sowjetischen Nachbarn sicher sein<br />
konnten. In solchen Situationen setzten sich immer gut<br />
organisierte und ideologisch zielklare politische Gruppierungen<br />
unabhängig von ihrem bisherigen Einfluss durch.<br />
Das traf in Litauen, Estland und Lettland in erster Linie<br />
auf die bisher illegalen kommunistischen Parteien zu. Diese<br />
waren scharfer Verfolgung ausgesetzt gewesen, doch in<br />
der Gesellschaft immer präsent und verfügten über weitverzweigte<br />
Verbindungen. Sie stellten die einzige politische<br />
Kraft dar, die eine in die Zukunft weisende Alternative<br />
anzubieten hatte. In Litauen nahmen die Linken schon<br />
im Frühling 1939 – lange vor der Stationierung sowjetischer<br />
Truppen – Anlauf auf den Sturz des Regimes.<br />
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