Holger Michael • VOM BALTIKUM NACH KLEINASIEN
Holger Michael • VOM BALTIKUM NACH KLEINASIEN
Holger Michael • VOM BALTIKUM NACH KLEINASIEN
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
verarbeitende Industriestrukturen und war jetzt wie abgeschnitten:<br />
Von der Union kamen über Jahrzehnte Importe<br />
fast aller Art und enorme Subventionen. Alles musste<br />
neu angegangen werden. Hierzu ging jede Republik einen<br />
anderen Weg. In Kasachstan und Kirgistan wurden die<br />
Kommunistischen Parteien aufgelöst, in Turkmenistan<br />
und Usbekistan umbenannt und dann im Charakter verändert.<br />
Einzig die Kommunisten Tadschikistans hielten<br />
zusammen, da die Nachfolger der Basmatschen überraschend<br />
zur Schaffung eines Gottesstaates ansetzten und<br />
dem Land einen Bürgerkrieg bescherten. Der kasachische<br />
Parteisekretär setzte auf eine Präsidialdiktatur mit einer<br />
ihn unterstützenden Bewegungspartei, wodurch auch<br />
andere – vorwiegend bürgerliche –Parteien entstanden.<br />
Die kasachischen Kommunisten organisierten sich neu,<br />
erreichten bei Wahlen durchschnittlich 20 Prozent. Sie<br />
wurden zweitstärkste – in einem Drittel des Staatsgebietes<br />
sogar stärkste – politische Kraft. Usbekistan, Kasachstan<br />
und Kirgistan setzten nun auf „Marktwirtschaft“.<br />
Im rohstoffreichsten Land Mittelasiens – Kasachstan<br />
– konnte nach tiefen Krisen der höchste Lebensstandard<br />
in der Region erreicht werden. Er liegt aber immer noch<br />
unter dem sowjetischen Niveau. Im Gegensatz zu Tadschikistan,<br />
Usbekistan und Kirgistan gibt es in Kasachstan<br />
mit seinen über 100 Nationalitäten keine politischen<br />
oder ethnischen Konflikte, was das Land für Investoren<br />
attraktiv macht. Turkmenistan – früher sozialökonomisch<br />
das Schlusslicht der UdSSR – hat offensichtlich die<br />
günstigste gesellschaftliche Variante gewählt. In diesem<br />
rohstoffreichen Land dominiert das staatliche Eigentum<br />
und daher wird für soziale Belange viel ausgegeben: Gas,<br />
Strom, Wasser gibt es kostenlos, jeder erhält zwei Monate<br />
bezahlten Urlaub usw. Auch Lebensmittel sind hier billiger<br />
als sonst in Mittelasien. Das ist beachtlich, bedenkt<br />
53