Holger Michael • VOM BALTIKUM NACH KLEINASIEN
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In einer Umfrage vom Juni 1999 gaben Kasachstaner<br />
folgende aktuelle Problemschwerpunkte an: Die Armut<br />
(92 Prozent), die Arbeitslosigkeit (78 Prozent), das rapide<br />
Anwachsen der Kriminalität (62 Prozent) und Korruption<br />
(68 Prozent), der Verfall der Städte und Dörfer (60 Prozent)<br />
sowie das Absinken des kulturellen Niveaus der Bevölkerung<br />
(48 Prozent). Überhaupt war man vom unabhängigen<br />
Kasachstan nicht begeistert, obwohl man das<br />
in den Medien zu suggerieren versuchte. Auf die Frage,<br />
als wessen Bürger sie sich fühlten, bekannten sich im Mai<br />
1996 nur 11 Prozent zur Republik Kasachstan (27,9 Prozent<br />
Kasachen, 26,9 Prozent der Russen und 27,1 Prozent<br />
andere Völkerschaften). Der neuen Republik gegenüber<br />
ausgesprochen ablehnend positionierten sich 34 Prozent<br />
der Kasachen, 60 Prozent der Russen und 58 Prozent der<br />
anderen Nationalitäten.<br />
Über die historische Perspektive Kasachstans befragt,<br />
trauten 1996 nur 26 Prozent aller Befragten dem<br />
unabhängigen Staat eine Zukunft zu. Dieser Meinung<br />
waren auch 45,2 Prozent der befragten Kasachen.<br />
Die ablehnende Haltung gegenüber der Republik<br />
Kasachstan äußerte sich auch in ständiger Ausreise. In<br />
den ersten sieben Jahren der Unabhängigkeit haben etwa<br />
zwei Millionen Menschen das Land verlassen. Im Gegensatz<br />
zu der auch in Deutschland verbreiteten Behauptung,<br />
dass es sich hierbei um Völkerschaften handelte, die von<br />
Stalin gewaltsam hier angesiedelt worden waren, waren<br />
hierbei Vertreter verschiedener Nationalitäten – darunter<br />
natürlich auch Deutsche – zu finden. Wohl stellten Russen<br />
und Deutsche den größten Anteil. Es war aber nicht<br />
die Beseitigung des wie auch immer bezeichneten Sowjetsystems,<br />
sondern die enorme Verschlechterung der Lebenslage,<br />
verbunden mit einer auf unterschiedliche Weise<br />
interpretierten Kasachisierungswelle, die diese Massen