Holger Michael • VOM BALTIKUM NACH KLEINASIEN

kasachische Geschichte wird vermittelt und die Hälfte
der Fernsehsendungen ist auf Kasachisch. Im nächsten
Schuljahr wird die Zahl der Kasachisch-Pflichtstunden
in den Schulen erhöht. Ein sinnloses Unterfangen, denn
noch nie hat man mehr oder lieber gelernt, nur weil die
Stundenzahl erhöht wurde. Einige sowjetische Filme
werden auf Kasachisch eingesprochen, was als lächerlich
empfunden wird, da jeder Russisch versteht. Insgesamt
wurde viel Geld dafür ausgegeben, Kasachisch zu vermitteln.
Offensichtlich mit wenig Erfolg.
US-Amerikanern, die hierher kommen, wurde zumeist
empfohlen, Kasachisch als erste Sprache zu lernen.
Eine Fehlinvestition, denn fast jeder in Kasachstan kann
Russisch und die meisten sprechen es auch – und es sieht
nicht danach aus, als ob sich das ändern würde. Im BRD-
Handbuch für Manager (2006) wird Russisch als Hauptsprache
angegeben, mit Kasachisch hingegen könne man
– allerdings nur bei Kasachen – zusätzlich Eindruck machen.
Offensichtlich ist die Konzeption von Kasachisch
als Staatssprache in der Praxis gescheitert. Das war vorherzusehen
und die Verfechter der Kasachisierung hätten gut
daran getan, sich vorher in der Welt umzusehen. Kaum
eine der Eingeborenensprachen konnte sich gegen Englisch,
Französisch, Portugiesisch oder Spanisch durchsetzen.
Russisch ist heute nicht nur eine Weltsprache, die inzwischen
auch wieder in China eine Verbreitungsrenaissance
erlebt, sondern auch Regionalsprache, mit der man
nicht nur in Mittelasien immer gut vorankommt. Selbst
Staatspräsident Nasarbajew spricht im Ausland Russisch.
Daher gibt es auch Anzeichen dafür, hinsichtlich des Russischen
den Status quo anzuerkennen und die sprachliche
Kasachisierung nicht mehr so zu forcieren.
Die ungebrochene Dominanz der russischen Sprache
ist nicht nur kasachischen Nationalisten, sondern auch