Holger Michael • VOM BALTIKUM NACH KLEINASIEN
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eisen ließ. Viele – auch Deutsche – fühlten sich durch<br />
die vermeintliche oder reale Bevorzugung der Kasachen<br />
potenziell bedroht und gingen. Heute, da sich die Wellen<br />
der Kasachisierung und die damit verbundene Aufregung<br />
gelegt hat, ist der Wunsch nach Ausreise immer noch ungebrochen<br />
und das betrifft – wie kasachische Publizisten<br />
schreiben – alle Nationalitäten, auch Kasachen. Um die<br />
Jahrtausendwende wollten nur 68,2 Prozent aller Kasachstaner<br />
im Land bleiben, 14,2 Prozent waren zur Ausreise<br />
entschlossen und 11,7 Prozent unentschlossen. Nicht die<br />
Russen stellten hierbei die Mehrheit unter den Ausreisewilligen,<br />
sondern die Vertreter der anderen nicht kasachischen<br />
Nationalitäten und Völkerschaften (45,9 Prozent),<br />
dann folgten mit 43,5 Prozent die Russen und mit<br />
12,1 Prozent Kasachen. Der Abfluss besonders der Deutschen<br />
und Russen war auch ein Aderlass von hoch qualifizierten<br />
Arbeitskräften, der bis heute nicht ersetzt werden<br />
konnte.<br />
Zudem ist fast zeitgleich mit der Proklamation der<br />
Unabhängigkeit die Geburtsrate rapide zurückgegangen.<br />
Seit jenem Jahr stagniert die Bevölkerungsentwicklung in<br />
Kasachstan.<br />
70 Jahre Sowjetmacht haben aber auch die Menschen<br />
hier politisch geprägt. Der Umsturz in Richtung<br />
Kapitalismus, oder besser gesagt, die Verabschiedung von<br />
der Sowjetmacht vollzog sich hier fast unmerklich.<br />
Der kasachstanische Parteisekretär Nasarbajew<br />
setzte nach dem antisowjetischen Umsturz auf eine Präsidialdemokratie<br />
mit einer ihn unterstützenden Bewegungspartei,<br />
wodurch auch andere – vorwiegend bürgerliche<br />
Parteien – entstanden. Die kasachstanischen Kommunisten<br />
organisierten sich neu, erreichten bei Wahlen in<br />
den 90er-Jahren durchschnittlich 20 Prozent Sie wurden<br />
zweitstärkste – in einem Drittel des Staatsgebietes sogar