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ECHO Top500 Tirol 2016

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top 500 | INTERVIEW<br />

Textform mit einer Tabelle einfacher gewesen.<br />

Das Ende der Fahnenstange ist da aber<br />

noch nicht erreicht, komplizierte Gesuche<br />

werden noch vereinfacht. Insgesamt ist die<br />

Entwicklung, wie gesagt, sehr positiv.<br />

<strong>ECHO</strong>: Gibt es in der Digitalisierung noch<br />

weiße Flecken?<br />

Moser: Im Grundstücksbereich gibt es noch<br />

das alte, überholte Verfahren der Urkundenhinterlegung,<br />

etwa beim Superädifikat. Das<br />

verwandte Baurecht kommt dagegen schon<br />

in den Genuss aller Vorzüge der Digitalisierung.<br />

Im Justizbereich generell hat man schon<br />

unter Justizminister Böhmdorfer begonnen,<br />

das Einbringen von Urkunden digital vorzusehen.<br />

Übertrieben formuliert, ist das teilweise<br />

ein Rohrkrepierer. Wir scannen Urkunden<br />

ein, legen diese digital dem Gericht vor. Was<br />

tut das Gericht? Es druckt die Urkunden in<br />

Schwarz-Weiß aus und legt sie in schlechter<br />

Qualität dem Akt bei. Ich mache die Erfahrung,<br />

dass sehr viele Richter in Zivilprozessen<br />

mittlerweile den Auftrag erteilen, Urkunden<br />

in Papierform vorzulegen, weil es für ein Beweisverfahren<br />

nicht wirklich sinnvoll ist, das<br />

digital beizubringen. Der Richter sollte möglichst<br />

authentische Dokumente vorgelegt<br />

bekommen und nicht irgendwelche zusammengeklebte<br />

Schwarz-Weiß-Kopien.<br />

<strong>ECHO</strong>: Von der papierlosen Justiz ist man<br />

folglich noch weit entfernt?<br />

Moser: Die digital vorgelegten Urkunden,<br />

Anträge und Beilagen werden alle mindestens<br />

einmal gedruckt. Ich vermute, der Druckaufwand<br />

der Justiz hat sich sogar vervielfacht.<br />

„Die persönliche, zwischenmenschliche<br />

Interaktion<br />

kann nicht so einfach ersetzt<br />

werden. Ich glaube sogar,<br />

dass man es auch in ferner<br />

Zukunft, wenn es ans Eingemachte<br />

geht, lieber mit<br />

einem Menschen zu tun<br />

haben wird als mit einer<br />

Maschine.“<br />

<strong>ECHO</strong>: Der vollständige Verzicht auf die Papierform<br />

erscheint schon undenkbar, weil man<br />

rein physisch nichts mehr in Händen hätte.<br />

Moser: Ich glaube auch, dass das so nicht<br />

kommen wird. Ich vergleiche das immer mit<br />

dem lenkerlosen Fahrzeug. Natürlich werden<br />

uns technische Entwicklungen immer mehr<br />

Tätigkeiten abnehmen. Wir müssen in einem<br />

modernen Fahrzeug ungleich weniger selbst<br />

machen. Ich würde es fast ausschließen, dass<br />

wir als Lenker in den kommenden Jahrzehnten<br />

zur Gänze ersetzt werden. Ich glaube auch, dass<br />

die Art und Weise, Verträge zu schließen, sie zu<br />

unterschreiben, noch sehr lange in der Papierform<br />

passieren wird. Wenn ich einen Kaufvertrag<br />

habe, dann möchte ich diesen irgendwann<br />

auch in der Hand haben und – wie es das schöne<br />

Wort schon sagt – begreifen. Wie man derzeit<br />

sieht, ist das Papier nicht nur nicht ersetzt<br />

worden, sondern der Druckaufwand hat sich<br />

sogar vergrößert. Man geht ja auch salopper<br />

mit dem Thema um, druckt Verträge mehrmals<br />

aus. Früher hat man da mehr aufgepasst,<br />

auch weil Fehler nicht so leicht korrigierbar<br />

waren.<br />

<strong>ECHO</strong>: Die Digitalisierung wirkt sich aber<br />

auch anderweitig auf den Geschäftsalltag aus.<br />

Moser: Ich sehe eine nachteilige Auswirkung<br />

auf die Geschwindigkeit unseres Daseins.<br />

Am Beginn meiner Anwaltstätigkeit hat man<br />

einen Brief bekommen, diesen beantwortet,<br />

per Post verschickt und den betreffenden Akt<br />

dann 14 Tage nicht mehr gesehen. Heute verschickt<br />

man ein Mail und nach fünf Minuten ist<br />

manchmal schon die Antwort da. Das hat den<br />

Vorteil, dass ein Akt schneller bearbeitet wird,<br />

und den Nachteil, dass man im Hamsterrad<br />

immer schneller laufen muss. Ich erlebe es, dass<br />

ich ein Mail bekomme und eine halbe Stunde<br />

darauf schon die Urgenz, dass der Sender<br />

noch keine Antwort bekommen habe. Häufig<br />

bekommt man als Anwalt von Mandanten verschiedene<br />

Dinge zur Kenntnisnahme in CC geschickt.<br />

Dann entsteht die Frage, wie damit zu<br />

verfahren ist. Man muss den Mandanten darauf<br />

aufmerksam machen, dass das eine Leistung ist,<br />

die prinzipiell honorarpflichtig ist.<br />

<strong>ECHO</strong>: In Zukunft sollen immer mehr Tätigkeiten<br />

von Maschinen übernommen werden.<br />

Wird der Anwalt irgendwann überflüssig?<br />

Moser: Ich kann mir nicht vorstellen, dass<br />

irgendwann einmal irgendwelche Roboter die<br />

Ehescheidung für den Mandanten erledigen<br />

oder entscheiden, ob eine Klage eingebracht<br />

werden soll, auf welche Rechtsgrundlage man<br />

sich stützt, wie die Erfolgsaussichten sind,<br />

wie man im Prozess agiert, einen Sachverhalt<br />

beweist und so weiter und so fort. Für den<br />

Rechtsbereich glaube ich, dass es eine persönliche,<br />

zwischenmenschliche Interaktion<br />

braucht, die nicht so einfach ersetzt werden<br />

kann. Ich glaube sogar, dass man es auch in ferner<br />

Zukunft, wenn es ans Eingemachte geht,<br />

lieber mit einem Menschen zu tun haben wird<br />

als mit einer Maschine. <br />

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Interview: Marian Kröll<br />

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<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2016</strong>

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