ECHO Top500 Tirol 2016
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top 500 | INTERVIEW<br />
Effiziente Lösungen<br />
Außergerichtliche Lösungen. Rechtsanwalt Hermann Holzmann über die<br />
Möglichkeiten der Diversion, der Mediation und den Nutzen für die Mandanten.<br />
<strong>ECHO</strong>: Sie haben in den vergangenen<br />
Jahren den Ruf erworben, sehr erfolgreich<br />
Streitigkeiten, sowohl zivilrechtliche als auch<br />
strafrechtliche, außergerichtlich zu lösen. Wie<br />
gehen Sie in solchen Fällen vor?<br />
Hermann Holzmann: Meine Klienten<br />
verlangen von meiner Kanzlei effiziente Lösungen.<br />
Solche Lösungen findet man nicht<br />
unbedingt in einem Prozess. Es gibt wirksame<br />
Wege vor der Inanspruchnahme eines<br />
Gerichts. Im Zivilrecht versuchen wir die<br />
Streitparteien an einen Tisch zu bringen.<br />
Das ist meist effizienter, zeitsparender und<br />
auch kostenschonender als ein Prozess. Im<br />
Strafrecht gibt es seit dem Jahr 2000 auch im<br />
Erwachsenenstrafrecht die Möglichkeit der<br />
Diversion. Das bedeutet, dass unter bestimmten<br />
Umständen ein Strafverfahren ohne förmliche<br />
Durchführung beendet werden kann.<br />
Der Vorteil liegt auf der Hand: Es erfolgt kein<br />
Schuldspruch, keine formelle Verurteilung<br />
und auch kein Eintrag im Strafregister. Die<br />
Eintragung über die Diversion wird lediglich<br />
justizintern für zehn Jahre gespeichert. Zudem<br />
erspart sich der Angeklagte einen öffentlichen<br />
Auftritt vor Gericht. Die Diversion ist verbunden<br />
mit Geldleistungen und/oder gemeinnützigen<br />
Leistungen. Natürlich gibt es auch Fälle,<br />
in denen die Zuhilfenahme eines Gerichts<br />
notwendig und ein Prozess zielführender ist.<br />
Rechtsanwalt Hermann Holzmann: „Meine<br />
Klienten erwarten von meinen Mitarbeitern und<br />
mir effiziente Lösungen.“<br />
<strong>ECHO</strong>: Können Sie uns erörtern, wie Sie die<br />
Streitparteien in Zivilrechtssachen „an einen<br />
Tisch“ bringen?<br />
Holzmann: Nahezu alle zivilrechtlichen<br />
Streitigkeiten sind mit Emotionen und auch<br />
mit geldwerten Interessen verbunden. Keiner<br />
will nachgeben, nachgeben klingt wie verlieren.<br />
Bevor ein Rechtsanwalt konsultiert wird<br />
sind die Streitparteien oft schon in sprichwörtliche<br />
„Schützengräben“ verschanzt und alle<br />
Türen scheinen verschlossen. Hier kann und<br />
muss ein Rechtsanwalt als objektiver Streitschlichter<br />
fungieren. Wir ermitteln hier den Sachverhalt,<br />
besprechen mit den Klienten die Spielräume<br />
möglicher Lösungsansätze und gehen<br />
proaktiv auf die Gegenseite zu. Wir zeigen den<br />
Parteien auf, dass Nachgeben nicht gleich Verlieren<br />
bedeutet. Der Streit verblendet die Parteien<br />
oft dermaßen, dass sie ohne fremde Hilfe<br />
gar nicht mehr erkennen, in welchen Punkten<br />
sie leicht nachgeben könnten, ohne einen objektiven<br />
Nachteil zu erleiden. Wir stellen auch<br />
immer wieder fest, dass ein Rechtsanwalt oft<br />
erst viel zu spät konsultiert wird. Ein rechtzeitiges<br />
Erstgespräch kann viele Kosten und auch<br />
Nerven sparen.<br />
<strong>ECHO</strong>: Ist es nicht sinnvoller, gleich einen<br />
Richter als „objektiven Streitschlichter“ fungieren<br />
zu lassen und einen Prozess zu führen?<br />
Holzmann: Ein Prozess sollte die ultima<br />
ratio sein, weil für jede Streitpartei Risiken<br />
bezüglich des Ergebnisses bestehen. Ein seriöser<br />
Rechtsanwalt kann vor einem Prozess<br />
keine absoluten Aussagen zu seinem Ausgang<br />
treffen. Wir können einschätzen, mit welcher<br />
Wahrscheinlichkeit ein gewisser Prozessausgang<br />
zu erwarten ist, und tun dann auch alles<br />
dafür, dass das gewünschte Ergebnis erzielt<br />
werden kann. Zudem ist es auch eine Zeitfrage,<br />
denn komplexe zivilrechtliche Rechtsstreitigkeiten<br />
dauern oft mehrere Jahre. Und<br />
natürlich trägt man im Zivilprozess auch ein<br />
erhebliches Kostenrisiko. Deshalb ist es klug,<br />
prozessvorbeugend zu agieren. Wenn aber<br />
natürlich alle vermittelnden Wege versperrt<br />
sind und die Chancen gut stehen, lohnt sich<br />
der Weg zu Gericht allemal.<br />
<strong>ECHO</strong>: Können Sie uns Beispiele aus Ihrem<br />
beruflichen Alltag nennen?<br />
Holzmann: Zwei abstrakte Beispiele aus<br />
jüngster Zeit: Zwei österreichische Verlagshäuser<br />
haben sich wegen wettbewerbsrechtlicher<br />
Divergenzen über zwei Jahre lang mit<br />
Klagen und einstweiligen Verfügungen eingedeckt.<br />
Die Kosten wuchsen, die Streitwerte<br />
waren schwindelerregend, die Lage war festgefahren.<br />
Eine Streitpartei hat sich in dieser<br />
Situation an unsere Kanzlei gewendet. Die<br />
Gegenseite war zu keinerlei Gesprächen bereit.<br />
Wir haben die Prozessstrategie geändert,<br />
eine einstweilige Verfügung wurde erfolgreich<br />
erlassen, und wir haben mit einer neuen, erfolgversprechenden<br />
Klage gedroht. Darauf erklärte<br />
sich die Gegenseite zu Gesprächen bereit.<br />
Binnen weniger Monate war ein für beide<br />
Seiten zufriedenstellender Vergleich unterfertigt<br />
und in allen anhängigen Prozessen wurde<br />
ewiges Ruhen vereinbart. Man sieht hier, dass<br />
es in festgefahrenen Situationen manchmal<br />
erst auch prozessuale Erfolge benötigt, um<br />
dann in Gespräche einsteigen zu können. Vor<br />
kurzer Zeit wandte sich auch eine bekannte<br />
Unternehmerfamilie in einer versicherungsrechtlichen<br />
Angelegenheit an unsere Kanzlei.<br />
Die Versicherung weigerte sich, einen statt-<br />
Fotos: Friedle<br />
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<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2016</strong>