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ECHO Top500 Tirol 2016

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top 500 | INTERVIEW<br />

len. Wichtig ist es, eine einheitliche Datenbasis<br />

zu schaffen, um einen fundierten Vergleich<br />

zu ermöglichen. Wir grenzen jeden Monat<br />

neu ab, und nicht nur einmal am Jahresende<br />

oder am Bilanzstichtag. Durch unsere Partnerschaft<br />

haben wir die Daten schnell zur Verfügung<br />

und können diese dem Kunden zeitnah<br />

übermitteln. Bei Erstellung der Datenbank<br />

war uns dabei ganz wichtig, Daten aus allen<br />

unterschiedlichen Systemen übernehmen zu<br />

können.<br />

<strong>ECHO</strong>: Ende der 90er Jahre hat in den Hotels<br />

ein großer Wellnessboom eingesetzt. Die<br />

Wellnessbereiche wurden immer größer, die<br />

Ausstattung immer besser und damit in Summe<br />

auch teurer. Kann diese Entwicklung so<br />

weitergehen, wenn die Profitabilität der Hotels<br />

weiter unter Druck gerät?<br />

Vogelsberger: Grundsätzlich glaube ich,<br />

dass das Produkt Tourismus einem weltweiten<br />

Konkurrenzverhalten unterliegt. Grundsätzlich<br />

haben sich in der Branche das Kundenverhalten<br />

und dessen Ansprüche geändert. Wenn man<br />

sich ansieht, was in der Infrastruktur passiert<br />

und auf welchem Level, dann ist das utopisch.<br />

Ich glaube aber – und da sind wir wieder bei den<br />

Zahlen –, dass der Kunde nicht mehr bereit ist,<br />

für ein Produkt zu bezahlen, das nicht durchdacht<br />

ist und wo der Erlebnisfaktor fehlt. Das<br />

ist die große Herausforderung für Häuser, die<br />

im Investitonsbereich einiges verschlafen oder<br />

den Sprung nicht mehr geschafft haben. Der Investitonsdruck<br />

bleibt jedenfalls hoch, man will<br />

und muss dem Gast etwas bieten. Man hat ein<br />

globales und vergleichbares Produkt.<br />

<strong>ECHO</strong>: Was ist die Hartwährung im Tourismus?<br />

Nächtigungszahlen?<br />

Vogelsberger: Diese Fixierung auf Nächtigungszahlen<br />

sehen wir vor allem seitens der Politik.<br />

Steigende Nächtigungszahlen werden öffentlich<br />

öffentlich breitgetreten. Diese werden<br />

jedoch vielfach durch einen massiven Preisrutsch<br />

erkauft. Das ist das Strukturproblem<br />

schlechthin. Es gibt Häuser, die am Markt ihre<br />

Preise nicht durchsetzen können und damit<br />

ihre Daseinsberechtigung mehr oder weniger<br />

verloren haben.<br />

<strong>ECHO</strong>: Wo sehen Sie sonst noch Schwachstellen<br />

im <strong>Tirol</strong>er Tourismus?<br />

Vogelsberger: Ich sehe die Schwachstellen<br />

„Es gibt Häuser, die am<br />

Markt ihre Preise nicht<br />

durchsetzen können und<br />

ihre Daseinsberechtigung<br />

mehr oder weniger verloren<br />

haben.“<br />

grundsätzlich in irrwitzigen Arbeitszeitregelungen,<br />

steigendem Bürokratieaufwand und<br />

der steuerlichen Gesetzgebung. Keiner von<br />

unseren Kunden jammert darüber, wenn er in<br />

einen Wellnessbereich investieren muss, denn<br />

da steckt ein Konzept, eine Strategie dahinter.<br />

Gejammert wird über die Vielzahl der für den<br />

Gast sinnlosen Investitionen.<br />

Semlitsch: Ich sehe die Lage des Tourismus<br />

in <strong>Tirol</strong> und Österreich grundsätzlich recht<br />

positiv. Das große Problem sehe ich im Bereich<br />

Mitarbeiter. Grundsätzlich ist es derzeit<br />

wesentlich schwieriger, an Mitarbeiter zu kommen<br />

als an Gäste. Das liegt aus meiner Sicht an<br />

drei Faktoren. Die Politik muss den Tourismus<br />

neu gestalten. Der Tourismus ist nicht die Industrie,<br />

wo ich Maschinen einsetzen kann. Es<br />

geht immer um den Faktor Mensch. Der Gast<br />

braucht außerdem nicht nur von „nine to five“<br />

etwas. Deshalb braucht es mehr Flexibilität bei<br />

den Arbeitszeiten. Das wollen auch die Mitarbeiter.<br />

Was die Qualität anbelangt: Natürlich<br />

sind die Beschäftigten im Tourismus nicht<br />

immer nur gut behandelt worden. Das hängt<br />

uns jetzt nach. Da gibt es bei einigen Unternehmen<br />

noch Verbesserungspotenzial. Viele<br />

tun sich aber für ihre Mitarbeiter sehr viel an.<br />

Das Image ist aber nicht so schlecht, wie es öffentlich<br />

immer dargestellt wird. Wir brauchen<br />

wieder mehr junge österreichische Mitarbeiter,<br />

die in der Branche arbeiten wollen. Es ist ein<br />

schöner Beruf, im Tourismus zu arbeiten. Man<br />

lernt Leute kennen und kann sich weiterentwickeln.<br />

Ich kenne wenige Branchen, wo man so<br />

gute Aufstiegschancen hat wie im Tourismus.<br />

Das Hauptproblem ist, dass immer noch sehr<br />

viel schlechtgeredet wird. Was wäre <strong>Tirol</strong> ohne<br />

den Tourismus?<br />

<strong>ECHO</strong>: Menschliche Arbeitskraft ist teuer. Es<br />

gibt mittlerweile Hotelketten, die es sich zum<br />

Geschäftsmodell gemacht haben, mit möglichst<br />

wenigen Mitarbeiter auszukommen. Ist<br />

das auch im Skitourismus denkbar?<br />

Semlitsch: Die gehobene Tourismusbranche,<br />

wo der Gast verwöhnt werden möchte, kann<br />

mit einem derartigen Modell nicht funktionieren.<br />

Möglicherweise ist das eine Option für das<br />

untere Segment.<br />

Vogelsberger: Ich glaube, das ist vor allem<br />

ein urbanes Thema. Die österreichische Hotellerie<br />

ist von der Struktur her kleiner als die<br />

internationale. Vielfach handelt es sich um<br />

Familienbetriebe, wo die Eigentümer präsent<br />

sind und am Gast arbeiten. Das hat eine große<br />

Bindungswirkung.<br />

<strong>ECHO</strong>: Sehen Sie auch eine gewisse Problematik<br />

bei Betriebsnachfolgen?<br />

Vogelsberger: Das ist in der Praxis durchaus<br />

ein Thema. Ich glaube, dass dieses Schlechtreden<br />

und Verbreiten negativer Stimmung<br />

ein großes Problem darstellt. Da müssen sich<br />

Familien, die ihr Hotel an die nächste Generation<br />

übergeben wollen, selbst an der Nase<br />

nehmen. Bei dem riesigen Potential im Tourismusbereich<br />

könnte man auch einmal über<br />

die Chancen sprechen und nicht nur über die<br />

Risken. Tut man das nicht, braucht man den<br />

angehenden Hoteliers nicht böse sein, wenn<br />

sie sich mehr fürchten als freuen. Deshalb<br />

braucht man aussagefähige Zahlen und sichere<br />

Planungsinstrumente, um mit dem Druck des<br />

Unternehmertums gut umgehen zu können.<br />

Ständige Verbesserungen und notwendige Finanzierungen<br />

gehören da einfach dazu. Wenn<br />

aber die Hausaufgaben gut gemacht wurden,<br />

dann stimmt das Bild des erfolgreichen Hoteliers<br />

mit dem seines erfolgreich geführten<br />

Hauses überein. Das ist unser Ziel!<br />

Interview: Marian Kröll<br />

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<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2016</strong>

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