ECHO Top500 Tirol 2016
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top 500 | INTERVIEW<br />
Klaviatur mit neuen<br />
Tasten<br />
Interview. Rechtsanwalt Herbert Schöpf ist Experte für Europa- und Vergaberecht. Der<br />
Übergang vom Billigst- zum Bestbieterprinzip hat das Potenzial, die Baukultur<br />
entscheidend zu verändern.<br />
<strong>ECHO</strong>: Wie schätzen Sie die Bedeutung<br />
des öffentlichen Auftragswesens ein?<br />
Herbert Schöpf: Das öffentliche Auftragswesen<br />
ist in Europa ein Multi-Milliardenmarkt.<br />
Viele öffentliche Gebäude, die in<br />
den 60er und 70er Jahren errichtet wurden,<br />
sind baufällig, besonders in den Städten gibt<br />
es starken Zuzug. Es gilt, nachhaltige Infrastrukturentwicklung<br />
zu machen, bei der die<br />
Daseinsvorsorge berücksichtigt wird. Das ist<br />
ein über das Bauliche weit hinausreichender<br />
Zugang. Es geht nicht nur darum, einfach<br />
ein Gebäude hinzustellen. Es geht um lebendige<br />
Infrastruktur, die man mit Blick in die<br />
Zukunft baut, die sich entwickeln können<br />
muss. Das ist moderne Kommunal- und<br />
Stadtentwicklung. Dafür braucht man eine<br />
Ausschreibung, die mit Weitblick angelegt ist<br />
und Nachhaltigkeit, Qualitätssicherung und<br />
den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes<br />
im Auge hat. Das Europarecht verbietet bei<br />
Ausschreibungen jegliche Diskriminierung.<br />
Deshalb ist es wichtig, Kritierien zu formulieren,<br />
mit denen man lokale Unternehmen mit<br />
ihren Stärken abholt. Das wird nicht immer<br />
der Preis sein. Man muss Qualitätskriterien<br />
ausschreiben, bei denen es für handwerkliche<br />
Qualität Punkte gibt, und nicht für den billigsten<br />
Preis.<br />
<strong>ECHO</strong>: Bei öffentlichen Bauten wird gerne<br />
geraunt, in welchen Dimensionen sich die<br />
Überschreitung der Baukosten wohl bewegen<br />
mag. Die offiziellen Baukosten werden<br />
gar nicht so recht ernst genommen.<br />
Schöpf: Das darf nicht sein. Was in einem<br />
Angebot versprochen wird, muss auch gehalten<br />
werden. Und das ist machbar! Dafür<br />
braucht es eine qualitative Ausschreibung.<br />
Man muss auch die Baubranche fair behandeln<br />
und nicht Risiken auf sie abwälzen, die<br />
sie nicht tragen kann. Es geht um transparente,<br />
faire Ausschreibungen, wo die Kriterien<br />
von vornherein völlig klar sind. Eine<br />
solche Ausschreibung muss dann halten.<br />
<strong>ECHO</strong>: Das Bundesvergabegesetz wurde<br />
novelliert. Welche praxisrelevanten Änderungen<br />
hat diese Novelle gebracht?<br />
Schöpf: Diese Novelle fußt auf den neuen<br />
Vergaberichtlinien der Europäischen Union,<br />
die 2014 in Kraft getreten sind und in nationales<br />
Recht überführt wurden. An und für<br />
sich wurden die Richtlinien aus 2004 durch<br />
Foto: Kröll<br />
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<strong>ECHO</strong> TOP 500 UNTERNEHMEN <strong>2016</strong>